Название: Am Rio de la Plata
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
isbn:
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»Und dieses Kleidungsstück?«
»Ist ein indianisches Jagdhemde aus dem Felle eines Büffelkalbes. Es ist so dünn und leicht wie ein Leinwandhemde, reißt nicht und kann gewaschen werden. Und das Oberkleid ist ein indianischer Jagdrock aus Wapitifell, dessen Zubereitung über ein Jahr erfordert hat. So dünn das Leder ist, es dringt kein Pfeil hindurch, der nicht ganz aus der Nähe abgeschossen ist.«
»Das wäre prächtig! Wissen Sie, Sennor, daß es im Gran Chaco und den angrenzenden Nordgegenden Indianer giebt, welche sich vergifteter Pfeile bedienen? Nur ein leiser Ritz durch einen solchen Pfeil tötet den Getroffenen binnen kurzer Zeit!«
»Das weiß ich, und gerade darum habe ich diesen Anzug mitgebracht.«
»Ich beginne einzusehen, daß ich unrecht hatte. Aber die Hauptsache fehlt, Sennor, die Sporen.«
»Die habe ich eingepackt. Ich lege sie nur an, wenn ich sie brauche.«
»Aber Sie werden ja reiten und brauchen sie also! Kein hiesiges Pferd läuft, ohne daß es die Sporen bekommt.«
»Das hat seinen Grund. Sie gebrauchen dieses Reizmittel zu oft, so daß die Pferde es gar nicht mehr beachten und Sie es in stets größerer Stärke anwenden müssen. Ich bin tagelang geritten, ohne das Pferd mit dem Stachel berührt zu haben. Das ist eben das Kennzeichen eines guten Reiters. Er braucht die Haut des Pferdes nur ganz leise mit dem Sporn zu berühren, so geht es bereits in die Luft.«
Was für Augen machte mir da der Mann! Einen Vortrag wie diesen hatte er nicht erwartet; aber er schwieg. Er betrachtete meine Gewehre, meine Revolver, den Inhalt meines Gürtels. Er fand viel, was ihm unnötig erschien, und er vermißte noch weit mehr, was er für das größte Bedürfnis hielt. Doch unterließ er es, sich darüber in eine Diskussion einzulassen. Meine Abweisung seiner Kordialität wirkte noch nach, und das konnte gar nichts schaden.
Vom Fenster aus bemerkte ich das ledige Pferd, welches für mich bestimmt war. Es war nicht mehr wert als die andern auch. Es blutete ebenso an den beiden Weichen und hatte einen tückisch ängstlichen Blick wie alle diese Tiere, welche keine Liebe und Pflege finden.
»Das ist für mich?« fragte ich.
»Ja, Sennor. Ich habe Ihnen das ruhigste und zuverlässigste ausgewählt.«
»Dafür bin ich Ihnen nicht dankbar, ebensowenig auch dafür, daß Sie es angeputzt haben wie die andern. Ich liebe das nicht. Sie können das alles abnehmen und die Decke auch. Ich reite hart und sitze also auf dem bloßen Sattel.«
»Behüt‘ mich Gott, sind Sie ein Mann! Sie werden es bereuen, die Decken verschmäht zu haben! Soll ich hinabgehen, um sie wegzunehmen?«
»Ja, bitte!«
Er ging.
Ich hatte noch einen zweiten, sehr triftigen Grund, diese Decken zurückzuweisen, aber ich sagte ihm denselben nicht. Dieser Grund bestand in dem Ungeziefer, mit welchem diese Leute bis zur Ueberfülle behaftet zu sein pflegen, und ich fühlte keine Lust, gleich am ersten Tage mit einer solchen Einquartierung bedacht zu werden.
Durch das Fenster blickend, sah ich, daß er die Decken abschnallte. Dabei schien er seinen Gefährten etwas zu erklären. Ich vermutete, daß er ihnen verbot, über meinen ungewöhnlichen Anzug zu lachen. Er schob das Tier hin und her, und dabei bemerkte ich, daß das Pferd das eine Hinterbein schnell und zuckend hob, im Sprunggelenk stark bog und rasch wieder auf den Boden setzte. Ah, hielt man mich für einen so schlechten Reiter, daß man mir ein solches Tier anbieten konnte? Ich öffnete das Fenster und rief hinab:
»Aber, Sennor, das Pferd leidet ja ganz stark am Zuckfuß!«
»Nur ein wenig,« antwortete er herauf.
»Das ist mehr als ein wenig!«
»Sie werden es nicht bemerken, wenn Sie im Sattel sitzen!«
»Ich werde gar nicht auf diesem Pferde sitzen.«
Ich machte das Fenster zu, um den Wirt aufzusuchen. Er gehörte zu den wenigen, welche einen Stall besaßen. In demselben hatte ich mehrere Pferde stehen sehen, von denen eins mir besonders gefallen hatte. Er stand mit seiner ganzen Dienerschaft bereit, mir einen höflichen Abschied zu bereiten. Ich trug ihm mein Anliegen vor, und er war bereit, mir das Pferd abzulassen, und ließ es in den Hof bringen. Ritt ich schlechte Pferde, so war ich gezwungen, oft zu wechseln. Ich brauchte ein Tier, welches sich an mich gewöhnte und auf welches ich mich verlassen konnte. Wechseln wollte ich so wenig wie möglich, am liebsten gar nicht.
Ja, das war ein ganz anderes Tier als der Zuckfuß! Ein vierjähriger Brauner, voll Feuer, stark und doch elegant gebaut, mit hübsch aufgesetztem Halse und prächtiger Hinterhand. Die Yerbateros standen dabei und betrachteten ihn mit bewundernden Blicken.
»Da darf man sich noch nicht aufsetzen,« erklärte Monteso. »Der muß erst einen Tag lang nebenher gehen, um müde zu werden.«
»Ja,« stimmte der Wirt bei. »Er wurde nicht gebraucht und hat über eine Woche im Stalle gestanden. Uebrigens reite ich ihn nur selbst. Er duldet keinen andern im Sattel. Sie werden Ihre Not haben, wenn Sie ihn kaufen, Sennor!«
»Was kostet er?« fragte ich kurz, anstatt der Antwort.
»Sie sollen ihn für fünfhundert Papierthaler haben.«
Das waren nach deutschem Gelde achtzig Mark. Ich handelte nichts ab und zahlte ihm die Summe sofort aus. Ich hätte ihm auch noch mehr gegeben. Im Stalle hatte ich einen englischen Sattel mit zugehörigem Zeuge hängen sehen. Ich kaufte auch das noch und hatte dafür hundert Papierthaler, also sechzehn Mark, zu zahlen.
Nun war Pferd und Sattel mein, und ich konnte machen, was mir beliebte. Sämtliche Insassen und Bewohner des Hotels hatten sich auf dem Hofe eingefunden. Der Braune hatte keinen Augenblick still gestanden. Er sprang in graziösen Bewegungen im Hofe umher, und der Peon, welcher ihn aus dem Stalle gelassen hatte, gab sich vergeblich Mühe, ihn am Halfterbande zu fassen. Als noch zwei andere Knechte sich diesen Bemühungen anschlossen, wurde das Pferd geradezu wild und verteidigte sich mit den Hufen gegen die es bedrängenden Männer. Es wurden Lassos herbeigeholt; aber das Tier schien die Weise, wie man sich dieser Riemen bedient, genau zu kennen. Er that so oft die Schlinge geflogen kam, um sich um seinen Hals zusammenzuziehen, einen Seitensprung, durch welchen es ihm gelang, der Gefangenschaft auszuweichen.
Monteso lachte die Knechte aus. Er behauptete, sie seien im Gebrauche des Lasso nicht geschickt genug. Aber als er es dann selbst versuchte, hatte er ganz denselben Mißerfolg, wie sie, und seinen Kameraden erging es ebenso.
»Sennor, Sie müssen sich der Bola bedienen,« sagte er zu mir. »Das Pferd hat den Teufel im Leibe. Werden ihm nicht die Kugeln um die Hinterbeine geworfen, so daß es stürzen muß, so bekommen Sie es nicht in Ihre Gewalt.«
»Meinen Sie? Ich denke, daß der Lasso genügend ist, es zu fangen. Denn ich glaube, daß es bisher am nötigen Geschick gefehlt hat.«
Er machte ein ganz unbeschreibliches Gesicht und musterte mich mit einem Blicke, ungefähr wie ein Rechenkünstler einen Schulknaben ansehen würde, welcher behauptet, im Kopfe aus einer hundertstelligen Zahl die Kubikwurzel ziehen zu können.
»Das klingt sehr hübsch aus Ihrem Munde!« lachte er. »Getrauen etwa Sie sich, es besser zu machen als wir alle? So versuchen Sie es! Sie werden ausgelacht werden, wie ich.
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