Die Nilbraut. Georg Ebers
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Название: Die Nilbraut

Автор: Georg Ebers

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ ein Weib!

      Orions Blicke hingen schaudernd und doch entzückt an ihr. Ja, die Mutter hatte sie richtig erkannt. So lachte kein gutes, weichherziges Mädchen; aber groß, herrlich, wundervoll war sie auch im Zorne. Sie erinnerte ihn an das Bild der Rachegöttin von der Hand des Apelles, das er in Konstantinopel gesehen. Seine Mutter schaute die Witwe mit einem Blicke des Einverständnisses achselzuckend an, aber auch sein Vater fühlte sich durch ihren Anblick beunruhigt. Dieser wußte, was sie bewegte, doch er empfand, daß er sie nicht gewähren lassen dürfe und brachte die Erregte zur Besinnung, indem er sie halb vorwurfsvoll, halb im Ton des Bedauerns erst leise und dann lauter und strenger bei Namen rief.

      Da fuhr sie zusammen wie eine Nachtwandlerin, die plötzlich aus dem Halbschlummer erwacht, strich sich mit der Hand über die Augen und sagte, indem sie sich vor dem Statthalter verneigte:

      »Verzeih mir, Oheim! ‘s ist mir leid, daß es so gekommen; aber es war stärker als ich. Du weißt, was hinter mir liegt, und wenn man mich daran erinnert, wenn ich gar das Lob der Schrecklichen höre, die mir Vater und Bruder...«

      Hier hemmte lautes Schluchzen den Gang ihrer Rede, und die kleine Maria schmiegte sich mitweinend an sie; Orion aber mußte an sich halten, um nicht auf sie zuzueilen und sie in die Arme zu schließen. O, wie stand der Großen die weibliche Schwäche so wohl, wie zog sie ihn zu ihr hin!

      Aber Paula blieb ihr nicht lange unterworfen; denn schon während der Statthalter sie mit freundlichen Worten beruhigte, ward sie Herr ihrer mächtigen Bewegung und bat leise und unter ruhig fließenden Thränen: »Laßt mich auf mein Zimmer, ich bitte!«

      »Gute Nacht denn, Kind,« entgegnete der Mukaukas herzlich, und nun wandte sie sich mit einem stummen Gruß an die anderen der Thür zu, doch der Muslim hielt sie zurück und sagte: »Ich weiß, wer Du bist, edle Tochter des Thomas, und ich habe erfahren, daß Dein Bruder der Bräutigam war, der nach Abyla gekommen, um dort Hochzeit mit der Tochter des Präfekten von Tripolis zu feiern. Ach, daß ich, indem ich in meinem Geschäft die Messe bezog, es selbst erleben, selbst mit ansehen mußte, wie eine verruchte Schar der Meinen die friedliche Stadt überfiel. Armes, armes Kind! Dein Vater war der größte und wackerste unter all unseren Feinden. Ob auf Erden oder im Himmel, er ehrt gewiß unser Schwert, wie wir das seine. Aber Dein Bruder, der als Bräutigam in den Tod gesandt wurde, er hat uns sterbend verflucht, und Du bist die Erbin seines Grolles, und wenn der sich gegen mich, den Muslim, aufbäumt, so kann ich nichts thun als mich neigen und die Schuld derer mit büßen, deren Blutes ich bin und zu denen ich mich bekenne. Ich weiß nichts anzuführen, nein, nichts, edle Jungfrau, was die That von Abyla entschuldigt, und doch, nur dort ward es über mein graues Haar verhängt — glaub’ mir, Mädchen, es hat weh gethan — mich der Meinen zu schämen. Der Krieg, die Erinnerung an manchen verbluteten Freund, an leicht erplünderten Reichtum hatte die Leidenschaft entfesselt, und wo sie die Schwingen regt, sei es im Kampfe um das Mein und Dein, sei es um andere Güter, geschieht seit Kain und Abel über- und überall das Gleiche.«

      Da schüttelte Paula, die dem Alten bis dahin regungslos gegenübergestanden, das Haupt und sagte herb: »Das alles gibt mir Vater und Bruder nicht wieder. Du selbst siehst aus wie ein milder Mann, doch wenn Du so gerecht bist wie gütig, so überzeuge Dich künftig erst, mit wem Du sprichst, bevor Du von der Barmherzigkeit der Deinen redest.«

      Damit wiederholte sie den Nachtgruß und verließ das Gemach, und Orion ging ihr nach: was auch daraus entstand, er mußte ihr folgen. Doch nach wenigen Minuten kehrte er tief atmend und mit fest zusammengebissenen Zähnen zurück. Er hatte ihre Hand ergriffen, hatte ihr alles zu hören geben wollen, was ein liebendes Herz zu sagen vermag, doch wie scharf, wie eisig war er abgewiesen worden, und mit einer wie unerträglich verächtlichen Miene hatte sie ihm den Rücken gekehrt! Und nun er sich wieder unter den Seinen befand, hörte er kaum, wie sein Vater dem Alten sein Bedauern aussprach, daß ihm etwas so Peinliches unter seinem Dache begegnet, und wie der Araber erklärte, er finde es begreiflich, daß die Waise des Thomas außer sich geraten. Die That von Abyla sei durch nichts zu entschuldigen.

      »Aber in welchem Kampfe,« fuhr der Alte fort, »kommt nicht Aehnliches vor? Auch der Christ bleibt nicht immer Herr seiner selbst; Du selbst hast ja, ich weiß es, zwei blühende Söhne verloren, und wer waren die Mörder? Christen sind es gewesen, Deine eigenen Glaubensgenossen...«

      »Meines eigensten Glaubens bitterste Feinde,« versetzte der Statthalter langsam, und jede Silbe wies die Meinung des Muslim, als sei das Bekenntnis derer, die seine Kinder gemordet, auch das seine, kühl und vornehm zurück, und dabei öffneten sich seine Augen weit und gewannen das Ansehen der harten, stumpf glänzenden Steine, welche seine Vorfahren den Bildsäulen als Sehsterne in das Antlitz setzten. Dann schlossen sie sich plötzlich wieder, und er fuhr gleichgiltig fort: »Wie hoch schätzest Du den Teppich? Ich habe Lust, ihn zu kaufen. Gib den äußersten Preis an; das Feilschen ist mir zuwider.«

      »Ich hatte im Sinne, fünfhunderttausend Drachmen zu fordern,« versetzte der Händler. »Mit vierhunderttausend mag er bezahlt sein.«

      Die Statthaltersfrau schlug bei dieser Zahl die Hände zusammen, machte ihrem Gatten warnende Zeichen und schüttelte auch dann noch mißbilligend den Kopf, als Orion, der sich gewaltsam zusammenfaßte und zeigen wollte, daß er auch Anteil an diesem großartigen Handel nehme, sagte: »Dreihunderttausend ist er wohl wert.«

      »Vierhunderttausend,« wiederholte der Händler gelassen. »Dein Vater hat den äußersten Preis zu wissen begehrt, und ich fordere nicht mehr, als gerecht ist. Die Rubinen und Granaten, welche die Traube dort bilden, die Perlen hier in den Myrten, die Türkise in den Vergißmeinnichtblüten, die Diamanten da oben, welche als Tautropfen an den Grashalmen hängen, die Smaragden, welche dem grünen Blattwerk Glanz verleihen, und ganz besonders dieser Riese unter seinesgleichen, besitzen, losgelöst, für sich allein einen höheren Wert.«

      »Warum hast Du sie dann nicht aus dem Gewebe geschnitten?« fragte Frau Neforis.

      »Weil es mir widerstand,« versetzte der Muslim, »dies edle Werk zu zerstören. Ich verkaufe es so, wie es ist, oder gar nicht.«

      Bei diesen Worten winkte der Statthalter seinem Sohne, ohne auf die Mißbilligung zu achten, welche seine Gattin nicht aufhörte, zu erkennen zu geben, ließ sich ein Täfelchen reichen, das bei dem Schachbrett lag, schrieb einige Worte darauf und sagte, indem er es dem Händler reichte: »Wir sind handelseinig. Morgen früh leistet der Rentmeister Nilus auf diese Schrift hin die Zahlung.«

      Da erfaßte Orion eine neue Bewegung, und mit dem Rufe: »Herrlich, herrlich!« stürzte er auf den Vater zu und küßte ihm stürmisch die Hand. Dann wandte er sich an die Mutter, deren Augen vor Verdruß in Thränen schwammen, hob ihr das Kinn, küßte sie auf die Stirn und rief glückselig und stolz: »So handeln wir und der Kaiser!«

      Hierauf trat er dem Muslim näher und sagte: »Wo der Vater der großmütigste aller Menschen ist, gewinnt der Sohn leicht ein kleinliches Ansehen. Nichts für ungut, würdiger Herr! Was Deinen Teppich angeht, so mag er kostbarer sein als alle Schätze des Krösus, aber etwas gibst Du uns noch mit in den Kauf, bevor Du Deine Kameele mit unserem Golde belastest: wie hat dies Kunstwerk ausgesehen, bevor es zerteilt ward?«

      Der Muslim, welcher das wertvolle Täfelchen gelassen in den Gürtel geschoben, kam dieser Anforderung ungesäumt nach.

      »Ihr kennt seine ursprüngliche ungeheure Länge und Breite,« begann er. »Der Saal, dessen Wand er bedeckte, faßte viele tausend Gäste, und dazu konnten an jeder Seite des Throns hunderte von Leibwächtern Aufstellung finden. So viele Weber, Sticker und Juweliere als Tage im Jahr sind, sollen an dem Teppich ein ganzes Menschenalter gearbeitet haben. — Das gewobene Gemälde stellt das Paradies dar, wie die Perser sich’s denken, ganz voll von grünenden, blühenden und fruchttragenden Bäumen. Hier seht ihr noch ein Stück der frischen СКАЧАТЬ