Brehm’s Thierleben: Die Säugethiere 1. Alfred Edmund Brehm
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СКАЧАТЬ sucht die Jungen im Maule an einen sicheren Ort zu schaffen. Nach etwa fünf Wochen haben diese ungefähr die halbe Größe der Alten erreicht, liegen jedoch immer noch im Neste und warten, bis eines von den Eltern ihnen Atzung zuträgt, welche sie dann mit unglaublicher Gier in Empfang nehmen und verspeisen. Wird ihre Mutter ihnen weggenommen, so wagen sie sich wohl auch, gepeinigt vom wüthendsten Hunger, in die Laufröhre, wahrscheinlich um nach der Pflegerin zu suchen; werden sie nicht gestört, so gehen sie endlich aus dem Neste heraus und selbst auf die Oberfläche, wo sie sich necken und miteinander balgen. Ihre ersten Versuche im Wühlen sind noch sehr unvollkommen: sie streichen ohne alle Ordnung flach unter der Oberfläche des Bodens hin, oft so dicht, daß sie kaum mit Erde bedeckt sind, und versuchen es nur selten, Haufen aufzuwerfen. Aber die Wühlerei lernt sich mit den Jahren, und im nächsten Frühjahre sind sie schon vollkommen geschult in ihrer Kunst. Ungeachtet man junge Maulwürfe vom April an bis zum August und noch länger findet, darf man doch nicht annehmen, daß das Weibchen zweimal im Jahre wirft, hat vielmehr Ursache zu vermuthen, daß die Paarungs? und demzufolge auch die Wurfzeit in verschiedene Monate fällt.

      Der Maulwurf hält keinen Winterschlaf wie manche andere Kerbthierjäger, sondern ist Sommer und Winter in ewiger Bewegung. Er folgt den Regenwürmern und Kerbthieren und zieht sich mit ihnen in die Tiefe der Erde oder zur Oberfläche des Bodens empor, gerade so, wie sie steigen oder fallen. Nicht selten sieht man Maulwürfe im frischen Schnee oder in tief gefrorenem Boden ihre Haufen aufwerfen, und unter dem weichen Schnee unmittelbar über dem vereisten Boden machen sie oft große Wanderungen. Glaubwürdige Fänger haben berichtet, daß sie sich sogar Wintervorräthe anlegen sollen: eine große Menge Würmer nämlich, welche theilweise, jedoch nicht lebensgefährlich verstümmelt würden, und ebenso, daß in strengen Wintern diese Vorrathskammern reicher gespickt wären als in milden u. a. Diese Thatsache bedarf der Bestätigung, wie es überhaupt über den Maulwurf noch viel zu beobachten gibt.

      Es läßt sich nicht leugnen, daß der Maulwurf durch Wegfangen der Regenwürmer, Maulwurfsgrillen, Engerlinge und anderer verderblicher Kerbthiere großen Nutzen stiftet, und er wird deshalb an allen Orten, wo man seine aufgeworfenen Haufen leicht wegschaffen kann, immer eines der wohlthätigsten Säugethiere bleiben. Allein ebenso gewiß ist, daß er in Gärten nicht geduldet werden darf, weil er hier durch das Durchwühlen der Erde, aus welcher theure Pflanzen ihre Nahrung ziehen, oder durch das Herauswerfen der letzteren den geordneten Pflanzenstaat wesentlich gefährden kann. Auf Wiesen, in Laubwäldern, in Feldfruchtstücken ist er ein Gast, welcher unbedingt geschützt werden sollte, an anderen Orten verursacht er unsäglichen Aerger und Schaden. Man kennt viele Mittel, um ihn zu vertreiben, thut aber jedenfalls am besten, wenn man letzteres einem alten, erfahrenen Maulwurfsfänger überträgt, da dieser bekanntlich auf jedem Dorfe zu finden ist, und die Kunst, ihn auszurotten, weit besser versteht, als Beschreibungen sie lehren können.

      Der Maulwurf hat ebenfalls zu fabelhaften Geschichten Anlaß gegeben. Die Alten hielten ihn für stumm und blind und schrieben seinem Fette, seinem Blute, seinen Eingeweiden, ja selbst dem Felle wunderbare Heilkräfte zu. Heutigen Tages noch besteht an vielen Orten der Aberglaube, daß man von dem Wechselfieber geheilt werde, wenn man einen Maulwurf auf der flachen Hand sterben lasse, und manche alte Weiber sind fest überzeugt, daß sie Krankheiten durch bloßes Auflegen der Hand heilen könnten, wenn sie diese vorher durch einen auf ihr sterbenden Maulwurf geheiligt hätten.

      Ich finde es sehr erklärlich, daß ein Thier, welches in seinem Leben so wenig bekannt ist, dem gewöhnlichen Menschen als wunderbar oder selbst heilig erscheinen muß: denn eben da, wo das Verständnis aufhört, fängt das Wunder an.

      Herrentiere (Halbaffen)

      Komba

      Zu den uns am besten bekannten Halbaffen überhaupt gehören die Ohrenmakis oder Galagos, über deren Leben und Treiben schon ältere Reisende uns Kunde gegeben haben. Während bei den Zwergmakis der Sinn des Gesichtes obenan steht, überwiegt bei ihnen das Gehör, entsprechend den sehr großen häutigen Ohren, welche an die einzelner Fledermäuse erinnern. Der Leib der Galagos darf eher schmächtig als gedrungen genannt werden, sieht aber infolge der reichen Behaarung stärker aus als er ist; der verhältnismäßig große Kopf zeichnet sich außer den ungewöhnlich entwickelten, nackten Ohren, durch die einander genäherten großen Augen aus; Vorder- und Hinterglieder sind mittellang, Hände und Füße noch wohlgebildet, Zeigefinger und zweite Zehe, bei einzelnen auch Mittelfinger und mittlere Zehe mit krallenartigen, alle übrigen mit platten Nägeln versehen.

      Der auf Sansibar lebende Ohrenmaki, welcher sich von dem des nahe gelegenen Festlandes zu unterscheiden scheint, der Komba der Suaheli (Otolicnus [Otolemur] agisymbanus) [Heute: Galago crassicaudatus], übertrifft den Galago an Größe: seine Leibeslänge beträgt 20 bis 30, die Schwanzlänge 22 bis 25 Centim. Die vorherrschende Färbung des Felles ist gelblich- oder bräunlichgrau, da die Haare an der Wurzel aschgrau, an der Spitze braun aussehen. Auf der Schnauzen- und der Nasengegend sowie auf den Fingern und Zehen dunkelt die Farbe, auf Kinn und Wangen lichtet sie sich zu Grauweiß; auf Brust, Bauch und Innenseite der Glieder geht sie in ein helleres Grau über. Der an der Wurzel braunrothe Schwanz ist in der hinteren Hälfte schwarzbraun. Die großen, beinahe kahlen Ohren sehen aschgrau aus. Auf Sansibar hat man, laut Kersten, ein sehr einfaches Mittel, sich des Komba zu bemächtigen; man fängt ihn, ohne eigentlich Jagd auf ihn zu machen: seine Leckerhaftigkeit wird ihm zum Verderben. Ungeachtet der Gier nach dem warmen Blute höherer Wirbelthiere nämlich, ist der Komba süßen Genüssen nicht abhold, ja im Gegentheile denselben in einer Weise zugethan, für welche es nur noch in der Lebensweise der Affen und einzelner Nagethiere anderweitige Belege gibt. »Wenn der Palmenwein abgeschöpft wird, stellt gar nicht selten unser Ohrenmaki als ungebetener Gast zu dem ihm in hohem Grade behagenden Schmause sich ein, schlürft von dem süßen Labetrunke und erprobt auch an sich die Wahrheit, daß zu viel des Geistes den Geist umnebelt.

      Mit nicht geringer Verwunderung und entschiedenem Misbehagen sieht sich das Kind des Waldes beim Erwachen im Käfige oder doch gefesselt, mindestens eingeschlossen im beengenden Raume. Für die Freundlichkeit, mit welcher der Pfleger ihm entgegenkommt, zeigt es nicht das geringste Verständnis, vielmehr nur Widerwillen, Unlust und Bosheit. Sein schwaches Gehirn vermag sich in die veränderten Umstände nicht so bald zu fügen; es vergilt die ihm gewährte Liebe mit Haß, thut, als ob es willentlich geschähe, regelmäßig das Gegentheil von dem, was sein Gebieter beabsichtigte, verschmäht Speise und Trank und regt sich nur, wenn es gilt, die Zähne zu zeigen. Allgemach befreundet sich der Störrische mit seinem Wohltäter. Als entschiedener Freund berauschender Getränke meidet er das Wasser, auch wenn man ihn in der Absicht, seinen Trotz zu brechen, längere Zeit dürsten ließe. Das ihm endlich vorgesetzt Schälchen Sorbet ist aber doch gar zu verlockend, als daß er es unberührt stehen lassen sollte. Bis auf die Neige schlürft er es, sein Behagen durch Laute bekundend, welche an das Schnurren der Katze erinnern, und dankbar gleichsam leckt er auch noch den mit der süßen Flüssigkeit befeuchteten Finger ab. Nachdem einmal das Eis gebrochen, hält es nicht schwer, ihn weiter zu zähmen.

      Im Verlaufe der Zeit vergilt er die ihm gewidmete Sorgfalt durch gute Dienste. In dem Raume, welcher einen Komba beherbergt, endet alle Gemüthlichkeit des Lebens einer Maus, in dem Zimmer oder auf dem Schiffe, welches er bewohnt, stellt er den so lästigen großen Schaben mit unermüdlichem Eifer nach.

      Ein wirklich gezähmter Komba ist weit liebenswürdiger und anmuthiger als ein Affe, Störung seines Tagesschlafes berührt natürlich auch den frömmsten höchst unangenehm; abends hingegen, nachdem er sich vollständig ermuntert, beweist er seinem Gebieter eine große Anhänglichkeit und warme Zuneigung, obschon er hierin hinter seinen Ordnungsverwandten, den Makis, noch zurücksteht. Aber er gestattet, daß man ihn angreift, gibt sich mit Vergnügen den ihm erwiesenen Schmeicheleien hin und denkt gar nicht mehr daran, von seinem scharfen Gebiß Gebrauch zu machen. Mit Seinesgleichen verträgt er sich von Anfang an vortrefflich, auch an andere Hausthiere gewöhnt er sich. Wenn er erst gelernt hat, verschiedenerlei Nahrung zu sich zu nehmen, hält es nicht schwer, ihn nach Europa zu bringen.«

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