Münchhausen. Karl Immermann
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Название: Münchhausen

Автор: Karl Immermann

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ noch immer leicht hindurchließ, an ihre Plätze.

      Einige der stärksten und heftigsten Schläge gaben dem eingefügten Stücke das letzte Geschick. Der Schulze stieß mit dem Fuße die vor das Rad gelegten Steine hinweg, faßte den Wagen bei der Stange, um das geflickte Rad zu prüfen, und zog ihn ungeachtet seiner Schwere ohne Anstrengung quer über den Hof, so daß die Hühner, Gänse und Enten, welche sich ruhig gesonnt hatten, mit großem Geschrei vor dem rasselnden Wagen entflohen, und ein paar Schweine aus ihrem eingewühlten Lager grunzend auffuhren.

      Zwei Männer, von denen der eine ein Pferdehändler, der andre ein Rendant oder Rezeptor war, hatten, unter der großen Linde am Tische vor dem Wohnhause sitzend und ihren Trunk verzehrend, der Arbeit des alten, rüstigen Mannes zugesehen. »Das muß wahr sein«, rief jetzt der eine, der Pferdehändler, »Ihr hättet einen tüchtigen Schmidt abgegeben, Hofschulze!«

      Der Hofschulze wusch in einem Stalleimer voll Wasser, welcher neben dem kleinen Ambosse stand, sich Hände und Gesicht, goß dann das Feuer aus, und sagte: »Ein Narr, der dem Schmidt gibt, was er selbst verdienen kann.« Er nahm den Amboß, als sei er eine Feder, auf, und trug ihn nebst Hammer und Zange unter einen kleinen Schoppen zwischen Wohnhaus und Scheure, in welchem Hobelbank, Säge, Stemmeisen, und was sonst zu Zimmer- und Schreinergewerk gehört, bei Holz und Brettern mancher Art stand, lag oder hing.

      Indem der Alte sich unter dem Schoppen noch zu schaffen machte, sagte der Pferdehändler zu dem Rezeptor: »Wollen Sie glauben, daß der auch alle Pfosten, Türen und Schwellen, die Kisten und Kasten im Hause mit eigner Hand flickt, oder, wenn das Glück gut ist, auch neu zuschneidet? Ich meine, wenn er wollte, könnte er auch einen Kunstschreiner vorstellen und würde einen richtigen Schrank zuwege bringen.«

      »Da seid Ihr im Irrtum«, sprach der Hofschulze, der das letzte gehört hatte und, das Schurzfell jetzt abgetan, im weißleinenen Kittel aus dem Schoppen trat. Er setzte sich zu den beiden Männern an den Tisch, eine Magd brachte ihm auch ein Glas, er tat seinen Gästen Bescheid und fuhr dann fort: »Zu einem Pfosten, zu einer Türe und Schwelle gehören nur ein Paar gesunde Augen und eine firme Faust, aber ein Schreiner braucht mehr. Ich habe mich einmal vom Hochmut verleiten lassen, und wollte, wie Ihr es nennt, einen richtigen Schrank zuwege bringen, weil mir Hobel und Meißel und Reißschiene auch bei dem Zimmerwerk durch die Hände gegangen waren. Ich maß und zeichnete und schnitt die Hölzer zu, auf Fuß und Zoll hatte ich alles abgepaßt; ja, als es nun an das Zusammenfügen und Leimen gehen sollte, war alles verkehrt. Die Wände standen windschief und klafften, die Klappe vorne war zu groß, und die Kasten für die Öffnungen zu klein. Ihr könnt das Gemächt noch sehen, ich habe es auf dem Sill stehen lassen, mich vor Versuchung künftig zu wahren, denn es tut dem Menschen immer gut, wenn er eine Erinnerung an seine Schwachheit vor Augen hat.«

      In diesem Augenblicke ließ sich ein lustiges Wiehern aus dem Pferdestalle gegenüber vernehmen. Der Pferdehändler räusperte sich, spuckte aus, schlug sich Feuer an, blies dem Rezeptor eine starke Dampfwolke in das Gesicht, sah sehnsüchtig nach dem Stalle und dann gedankenvoll vor sich nieder. Hierauf spuckte er nochmals aus, nahm den lackierten Hut vom Kopfe, strich mit dem Arme über die Stirn und sagte: »Noch immer eine schwüle Witterung.« — Dann schnallte er seine lederne Geldkatze vom Leibe, warf sie mit Getöse auf den Tisch, daß der Inhalt klang und klirrte, lösete die Riemen und zählte zwanzig blanke Goldstücke hin, bei deren Anblicke die Augen des Rezeptors zu funkeln anfingen, und nach denen der alte Hofschulze gar nicht hinsah. »Hier ist das Geld!« rief der Pferdehändler, die Faust geballt auf den Tisch stemmend, »krieg‘ ich die braune Stute dafür? Sie ist, weiß Gott, nicht einen Heller mehr wert.«

      »Dann behaltet Euer Geld, damit Ihr nicht zu Schaden kommt«, versetzte der Hofschulze kaltblütig. »Sechsundzwanzig, wie ich gesagt habe, und keinen Stüber darunter. Ihr kennt mich nun die Jahre her, Herr Marx, und solltet daher wissen, daß das Dringen und Feilschen bei mir nicht verschlägt, weil ich nie von meiner Sprache abgehe. Ich begehre, was mir eine Sache wert ist und tue niemalen vorschlagen, und so könnte ein Posaunenengel vom Himmel dahergefahren kommen, er kriegte die Braune nicht unter sechsundzwanzig.«

      »Aber Gott‘s Sackerlot«, schrie der Pferdehändler erbost, »aus Fordern und Bieten besteht doch der Handel, und meinen eignen Bruder überfrage ich, und wenn kein Vorschlagen mehr in der Welt ist, so hört alles Geschäft auf!«

      »Im Gegenteil«, erwiderte der Hofschulze, »das Geschäft kostet dann weit weniger Zeit und ist schon um deshalb profitlicher, aber auch außerdem haben beide Teile von einem Handel ohne Vorschlagen vielen Nutzen. Ich habe es immer erlebt, daß, wenn vorgeschlagen wird, sich die Natur erhitzt, und zuletzt niemand mehr recht weiß, was er redet oder tut. Da läßt denn der Verkäufer, um nur dem Gehader ein Ende zu machen, die Ware oft unter dem Preise, den er im stillen bei sich festsetzte, und der Käufer seinerseits in der Begierde und Brunst des Bietens vertut sich ebenso oftmals. Ist aber gar keine Rede von Ablassen, dann bleiben beide schön ruhig, und wahren sich vor Schaden.«

      »Da Ihr so vernünftig redet, so werdet Ihr meinen Antrag jetzt besser erwogen haben«, hob der Rezeptor an. »Wie gesagt, die Regierung will alle Korngefälle der Höfe in hiesiger Gegend in Geld umwandeln. Sie hat allein den Schaden davon, denn Korn bleibt Korn, aber Geld ist heute so viel und morgen so viel wert, indessen ist es nun einmal ihr Wille, um der Last des Aufspeicherns quitt zu werden. Ihr tut mir also den Gefallen, und unterschreibt diese neue, auf Geld lautende Urkunde, die ich da zu diesem Behufe schon mitgebracht habe.«

      »Durchaus nicht«, antwortete der Hofschulze eifrig. »Es ist ein alter Glaube hierzulande, daß wer seinem Hofe eine Last auflegt, dafür zur Strafe nach seinem Tode auf dem Hofe umgehen muß. Ich weiß nicht, wie es damit beschaffen ist, aber das weiß ich: Vom Oberhofe sind seit vielen hundert Jahren nur Körner an die Gotteszelle gegeben worden, und damit wolle sich also das Rentamt begnügen, wie das Stift sich damit begnügt hat. Wächst Geld auf meinem Acker? Nein. Korn wächst darauf. Woher wollen Sie also das Geld nehmen?«

      »Ihr sollt ja nicht übervorteilt werden!« rief der Rezeptor.

      »Es muß alles beim alten bleiben«, sagte der Hofschulze feierlich. »Das war noch eine gute Zeit, als die Tafeln mit den Verzeichnissen der Lasten und Abgaben der Bauerschaft in der Kirche hingen. Dazumalen stand alles fest, und kein Gezänk hat sich nimmer darüber begeben, wie neuerdings nur gar zu oft. Hernacher hieß es, die Tafeln mit den Hühnern und Eiern und Maltern und Sümmern schadeten der Andacht, und sie wurden hinweggetan. Im Gegenteil, sie hatten immer zu Predigt und Gesang gehört, wie Amen und Segen; ich für mein Teil, wenn ich sie ansah, besonders beim dritten Teile oder der Nutzanwendung, hatte die erbaulichsten Gedanken bekommen, zum Exempel: Überhebe dich nicht, denn da steht geschrieben, wieviel Zinsroggen und Schloßhafer du geben mußt, oder auch so: Wenn du draußen Lasten zu tragen hast, hier im Gotteshause bist du frei, und was dergleichen mehr war. Nun aber, als man auf die leeren Stellen sah, gingen die Gedanken immer wandern und suchen nach den Tafeln, und es dauerte geraume Zeit, ehe und bevor die Menschheit wieder recht nach dem Pastor hinhörte.«

      Er ging in sein Haus. — »Das ist ein alter Racker!« rief der Pferdehändler, als er seinen Handelsfreund nicht mehr sah, indem er den lackierten Hut verdrießlich wieder auf den Kopf stülpte. »Wenn der nicht will, so bringt ihn der Teufel nicht herum. Das Schlimmste ist, daß der Kerl die besten Pferde in der Gegend zieht, und sie im Grunde sozusagen billig genug losschlägt.«

      »Ein starres, widerhaariges Volk hierzulande«, sagte der Rezeptor. »Ich bin erst vor kurzem aus Sachsen herversetzt, und merke den Abstand. Dort wohnen die Leute beisammen und deshalb müssen sie schon höflich und nachgiebig und betulich miteinander sein. Aber hier sitzt ein jeder auf seinem Kampe, hat sein Holz, sein Feld, seinen Wiesewachs um sich, als gäbe es sonst nichts in der Welt. Darum halten sie auch auf ihre alten Schnurren und Faxen so steif, die anderwärts überall abgekommen sind. Was für Mühe habe ich schon mit den andern Bauern wegen der dummen Schreibereien gehabt, aber dieser hier ist doch der schlimmste.«

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