Die Ahnen. Gustav Freytag
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Ahnen - Gustav Freytag страница 56

Название: Die Ahnen

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ tief und sprach überredend: »Wo die Raben jagen, findet auch die Krähe ihr Teil. Wenn es den Herren gelingt, Gefangene zu entledigen, so vertraue ich, sie werden auch dem Väterchen eine Spende reichen, denn mühselig ist mein Amt, in zwei Sprachen zu reden und gute Dienste vermag ich euch noch zu tun.« Gottfried sah unsicher auf seinen Begleiter. »So ist ihr Brauch«, sagte dieser. Er löste von seiner Jacke die silberne Spange, den einzigen Schmuck, den er trug. »Nimm dies, Vater, als Zeichen guten Willens. Und wenn Bubbo, der Bärenhändler, das nächste Mal euch aufsucht, dann sende ich dir ein Stück rotes Tuch aus dem Westland.« Der Alte hielt demütig die Hand hin. »Will Herr Ingram mir dies beteuern?« Und als Ingram zwei Finger auf den Knauf seines Schwertes legte: »Ich schwöre dir‘s«, lachte der Alte zufrieden: »Euer Wort, Herr, gilt an der Grenze wie Ware.« Sie schritten über den Hof; am Torhause rief der Alte einige lungernde Krieger an, welche sogleich herzusprangen und den Fremden auf dem Fuße folgten; aber der Alte, um seinen Diensteifer zu beweisen, trieb sie befehlend mehrere Schritte zurück.

      Vom Hügel stiegen sie hinab auf den Dorfplatz, dort stand am Teiche ein langes Haus wie eine Scheuer, der Beratungssaal der Gemeinde. Der Alte öffnete das niedrige Tor, und Ingram sprang voraus in den dämmrigen Raum. »Walburg!« rief er. Aus einer Ecke klangen zwei klägliche Stimmen: »Hier!« Überall rührte sich‘s auf dem Heu, womit der Boden belegt war. Zwei blonde Knaben umschlangen die Füße Ingrams und schluchzten laut. »Wo ist die Schwester?« fragte Ingram mit hohler Stimme. »Sie ist zum Ratiz hinweggeführt auf den Berg.« Die Zähne des Mannes knarrten wie eine Raspel, seine Faust ballte sich, und gleich darauf warf er sich neben den Kindern auf die Knie, umschlang sie und heiße Tränen rollten auf die kraushaarigen Köpfe der Weinenden. In der Mitte des Raumes aber tönten die feierlichen Worte: »Kommt zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, spricht der Herr.« Durch die geöffnete Tür fielen die Lichtstrahlen auf das milde Antlitz des Jünglings, welches in Mitgefühl und Begeisterung wie das eines Engels strahlte.

      Die Frauen und Kinder, welche unter dem Kreuzeszeichen lebten, drängten sich um ihn, manche fielen jammernd vor seine Füße auf das Angesicht, andere hoben die kleinen Kinder in die Höhe, daß er sie segne. Auch die Heidenfrauen hörten seine Worte mit gesenktem Haupt und falteten die Hände. Er aber sprach die heiligen Worte der Verkündigung und betete mit lauter Stimme, es ward still im Raum und man hörte daneben nur Seufzen der Frauen und leises Weinen der Kinder. Dann trat er grüßend zu den einzelnen, segnete jede Mutter mit dem Christensegen und sprach ihr leise die Bitten vor, welche ihr zumeist am Herzen lagen. Bis der Alte kam und mit abgezogener Mütze dringend bat: »Gefällt dir‘s, Herr, so folge mir, damit Herr Ratiz uns nicht zürne.« Gottfried trat zu Ingram und rührte ihm leise die Schulter. »Wo ist das Weib, welches du suchst?«

      »In den Hütten des Räubers«, war die klanglose Antwort.

      »So laß uns gehen, daß auch ihr der Gruß meines Gottes werde.«

      Mit Anstrengung erhob sich Ingram und schüttelte die weinenden Knaben ab. Gottfried führte diese zu einem Christenweib, das allein kniete, und sagte ihr: »Was du ihnen tust, tust du dem Herrn, sorge für ihr Wohl.« Als er sich aber zum Ausgang wandte, drängte sich der verzweifelte Haufe um ihn, sie streckten die Arme nach ihm aus, faßten krampfhaft sein Kleid und wollten ihn festhalten. Und es half wenig, daß der Alte die Armen anherrschte und durch die Peitsche zurücktrieb.

      Mit schnellem Schritt eilten die Männer den Hügel hinauf. »Ich muß das Christenmädchen im Hofe des Ratiz sprechen«, begann Gottfried, und da der Alte das Haupt schüttelte: »Hindere mich nicht, Vater, mir ist‘s befohlen.«

      »Ich wage den Zorn meines Herrn«, wandte der weißbärtige Sorbe ein. »Ich will deinen Lohn verdoppeln«, rief Ingram rauh. »Meinst du, wir werden dir das Weib aus der Hütte stehlen?« Der Alte lächelte und nickte und führte sie den Rand des Hügels entlang, wo im Schutze des Walles eine Anzahl niedriger Strohhäuser stand. »Zwanzig Frauen hat Herr Ratiz und bei einer haust das fremde Weib, wohl möglich, daß er ihr in kurzem eine neue Hütte baut, wenn sie ihm nicht verleidet wird.« Ingram stieß die Tür auf, aber sein Fuß zauderte einzutreten. »Geh voran«, raunte er dem Mönch zu. Aber aus dem Gemach rief eine tiefe Frauenstimme: »Ingram«, ein junges Weib schritt bei dem Priester vorbei und faßte den Zögernden bei der Hand. »Mir ahnte, daß ich dich noch sehen würde, denn treu war dein Herz unserem Hofe.« Und als sie seinen starren Blick sah und den Schmerz in seinem Gesicht, rief sie: »Du Tor, würde ich sonst mit dir reden?« Da wollte er sie in die Arme schließen, sie aber entwand sich ihm. »Hättest du neben dem Vater gestanden, die Weide hätte uns nicht geschnürt. Auch jetzt sehe ich dich anders vor mir als ich dachte. Wo sind die Speere der Landgenossen, welche sich die Weiber und Kinder ihrer Freundschaft zurückfordern? Nicht mich meine ich, denn ich fürchte, meine Tage sind gezählt, aber die Brüder meine ich, den Haufen der Weinenden, die auf dem Stroh harren, bis der Sklavenhändler sie in die Fremde treibt.«

      »Mit diesem komme ich, um wegen der Lösung zu handeln«, antwortete Ingram auf den Mönch deutend.

      Erstaunt sah das Weib in das fremde Jünglingsgesicht, und als Gottfried die Hand erhob, das heilige Zeichen zu machen, da beugte sie sich langsam nieder, bis sie auf dem Boden kniete, und sprach das Bekenntnis des Christenglaubens. »Segne mich, heiliger Mann, und bitte für mich. Ja, bitte für mich!« rief sie mit plötzlichem Ausbruch bitteren Schmerzes, »daß ich Erbarmen finde, wenn ich tue, was dem Herrn mißfällt. Gebetet habe ich und mich bereitet, wie meine Mutter mich‘s gelehrt.«

      Gottfried segnete sie. »Ich allein bin der Richter, spricht der Herr, und alle Rache ist mein«, mahnte er leise. Sie erhob sich stumm und wandte sich wieder zu Ingram: »Selten verläßt mich die Hüterin, schon zankt sie draußen mit dem Weißbart. Lebe wohl, Ingram, beide hoffen wir auf die Lösung durch dich oder mich. Ein ehrlicher Freund warst du, denke künftig mein und wisse, daß ich dir zuweilen verhehlt habe, wenn ich dich lieber kommen als gehen sah. Willst du mir noch einen Freundesdienst tun? Mühselig ist es, Herdholz zu spalten, wenn das Messer fehlt, die Weiber hier haben mir alles genommen. Sie sagen, der Freund soll dem Freunde nichts schenken, was schneidet. Du aber schenke mir, wenn du willst.«

      Ingram riß sein Messer vom Gürtel, sie barg es in ihrem Kleide und küßte ihn auf die Stirn, wie man ein geliebtes Kind beim Abschiede küßt. Er sprang hinaus, wo der Mönch seiner wartete, stieß an die Frau des Ratiz, die er nicht sah, und hörte die Schmähungen nicht, die sie hinter ihm herrief. Es war ihm jetzt alle Rede der Menschen wie Gezwitscher der Vögel.

      Während sie der Halle in der Mitte des Hofes zuschritten, berührte ihm Gottfried den Arm: »Du bist außer dir und hörst nicht meine Worte, und doch tut es not, daß wir uns zum Kauf rüsten. Denke daran, wie wir die Lösung bieten.«

      »Bei meinem Haupt,« rief Ingram, »jede Lösung ist mir verhaßt außer einer, daß ich mit dem Räuber kämpfe, Eisen gegen Eisen.«

      »Doch zu freundlichem Loskauf bewahre ich dir noch den Becher.«

      »Besser wird der Zauber des Christengottes in deiner Hand wirken als in meiner,« versetzte Ingram finster, »denn mir scheint, er öffnet dir die Herzen, daß sie alle dich mehr ehren als einen Krieger.«

      Sie traten in die Halle, ungeduldig rief ihnen Ratiz entgegen: »Euch war mühsam, die Gefangenen zu zählen, lästig ist der Iltis im Hühnerhofe, jetzt gilt es zu kaufen, wenn ihr in Wahrheit als Händler kommt und nicht als Späher.«

      »Als Bote komme ich,« versetzte Gottfried, »du weißt das, denn du selbst hast durch Meginhard, den Priester, mich von meinem Herrn, dem Bischof, erbeten. Und Herr Winfried sprach, da ich schied: Mir ziemt nicht, wie ein Händler mit dem Helden Ratiz um den Kaufpreis zu markten. Aber ein Königsgeschenk will ich ihm bieten gegen die Gefangenen seines letzten Zuges, und meinen guten Willen, wenn er ihn begehrt, gegen den seinen, Gabe um Gegengabe in freundlichem Tausch. Und Held Ingram soll der Bote des Geschenkes sein.« Gottfried zog die Kapsel aus dem weiten Gewande und löste die Hülle.

      Ingram СКАЧАТЬ