Название: Claus Störtebecker
Автор: Georg Engel
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Mein Vater – –«, schrie er.
Da wurde er von dem Mönch zurückgerissen. Zugleich fühlte er, wie ihm die Lippen fest verschlossen wurden.
»Er hat eine Sternscholle für die Tafel gebracht«, erklärte der Bruder ruhig und zeigte nach dem Mauervorsprung, auf dem der Riesenfisch in der Abendsonne glitzerte.
Neugierig wandte sich der Graf. Mochte es nun sein, daß ihn der Anblick des mächtigen Fanges versöhnte, oder war er sonst froh, der lästigen Begegnung überhoben zu sein, gemütlich schob er seinen Arm unter den des Reichshofmeisters und zog ihn mit sich.
»Man speist gut bei den Brüdern«, schmatzte er mit breitem Lachen. »Wer weiß, welche Überraschung unser wartet. Kommt, Herr Drost, ihr Herren kommt. Man soll den Koch nicht warten lassen.«
So zogen die Gäste, geführt von den Mönchen, durch die enge Pforte über den Grasstufen. Die Knechte leiteten die Pferde um die Mauer herum in die Ställe, und bald lag die Lichtung in Einsamkeit.
Nur ein einzelner Reiter war zurückgeblieben. Auffällig zögerte er mit dem Absitzen, lenkte seinen Rappen vielmehr spielerisch hin und her, bis der Junggraf Malte von Cona seinen Entschluß gefaßt haben mußte. Mit einem Sprung setzte sein Pferd hinter den bereits heimkehrenden Kindern her, und während die Jungmännerfaust keck und ohne Umstände in die Haarflechten des aufschreienden Mädchens griff, rief er wie zur Beruhigung mit einem zugleich harmlosen und gebieterischen Lachen, denn das Ganze sollte nach der Sitte der Zeit einen Scherz darstellen:
»Dirn, versteh Spaß, wo kommst du her?«
Die Kleine starrte ihn mit blauen Augen flehentlich an und begann vor dem vornehmen Herrn zu zittern.
»Laß ab, Herr«, stammelte auch Bruder Franziskus in aufsteigender Empörung, »es ist noch ein Kind.«
Doch der Jüngling warf dem Mönch nur einen verächtlichen Blick zu, es kümmerte den Geschorenen nichts, mit wem der Grundherr seine Belustigung auf offener Straße treiben wollte. Doch verwunderlich dünkte es den Reiter, auf welche Weise der Fischerknecht den gnädigen Scherz aufnahm. Atemlos lehnte der weiße Kittel an einer mächtigen Buche, von wo der Knabe zuvörderst ohne genaue Erkenntnis des Vorganges die bunte Pracht des Adligen in unruhiger Gier verschlang. Die überlangen Schnäbel der rosa Strümpfe, die enggepreßte rote Schecke des Wamses und darüber den kurzen gelben Kragen, der mit blitzenden Gold — und Silberstücken besetzt war. Und doch – die Faust des Burschen riß und zerrte dabei auf eine sonderliche Art an einem stämmigen Ast herum. Wollte der Lümmel etwa die schuldige Ehrfurcht vergessen? Ungläubig und geringschätzend zuckte der Junker die Achsel, dann ließ er seinen Blick von neuem hartnäckig über die feine Gestalt der Dirne laufen, die sein Anruf so völlig der Sprache beraubt hatte.
»Komm zu dir, Rotröckchen«, meinte er ungeduldig, obwohl er beifällig genug auf die nackten Füße des Kindes herabschaute. »Wo kommst du her? Bist du die Schwester des Sassen da?«
Noch immer hielt er das Ganze für einen ihm ziemenden Scherz und wunderte sich nur, warum das Mädchen so sehr in Zittern und Beben versank.
»Nein«, flüsterte sie und senkte das Haupt, »ich bin Anna Knuth.«
»Und meiner Mutter Schwestertochter«, sprach Claus hart dazwischen. Er hatte den Ast herabgerissen und trat nun, auf alles vorbereitet, näher. Dabei schauerten seine Glieder dennoch wie im Frost, denn die vererbte Achtung bäumte sich gegen die Gier, ein Abenteuer zu erleben. Rastlos schwankte die Zufallswaffe in seiner gekrampften Faust. Er wußte selbst nicht, wogegen er kämpfen sollte.
»Du bist nicht gefragt«, schleuderte ihm der Junggraf unwillig entgegen, wobei er herrisch die Rechte vorwarf, als wolle er die nahende, die unbegreifliche Auflehnung an ihren Platz bannen. »Gleich packst du dich von dannen, Tölpel.«
Der im weißen Kittel rührte sich nicht. Nur der Buchenast hörte auf zu zittern, ja, das Holz gewann von Minute zu Minute eine immer straffere Spannung. Eine Weile verharrten die drei Gestalten bewegungslos wie in der Tiefe eines Traumes. Selbst das Pferd stand gepreßt unter dem einfangenden Druck. Da vermochte sich der Zisterzienser in seiner Herzensangst am frühesten aus der Lähmung emporzuraffen. Kaltblütig schritt er, als wäre nichts Erhebliches geschehen, bis dicht an die Flanke des Rosses heran, um dort dem Tier kosend über den Hals zu klopfen. Mit großen Augen verfolgten die Jungen, die Aufgeregten, sein Tun.
»Ja, es sind Annerbäulkenkinder«, sprach er im weichen Dialekt der Gegend, und keine Hast, keine Unruhe verrieten in dem ebenen Antlitz, wie sehr er mit der Überlegenheit des Alters bemüht war, die aufgepeitschten Sinne der anderen zu besänftigen. »Anna Knuths Vater ist ertrunken. Man sagt, die Schuimer hätten ihn ins Meer geworfen. Da hat sich ihre Mutter nun ein Hüttlein dicht neben den Beckeras errichtet, und Mutter und Tochter nähren sich recht und redlich vom Mattenflechten. Ein mühselig Gewerbe, Herr, das die Finger zerschneidet.«
Weisend hob er den Arm der Kleinen empor, und der Graf bemerkte nun verdutzt, wie die Hand der Blonden von schwärzlichen Kerben durchfurcht war. Das lenkte seine unüberlegte Begehrlichkeit wohltätig ab. Sofort suchte er nach Art der großen Herren das Leid der Armen durch ein Almosen zu lindern.
»Warum sagtest du das nicht gleich, dummes Gör«, tadelte er wohlwollend, während er ungestüm an einer Silbermünze seines gelben Kragens herumdrehte. »Matten? Gut, da magst du die weichsten von deinem Geflecht auf unseren Hof bringen. Mein Hund soll darauf liegen. Und hier, Rotröckchen, hier hast du deinen Lohn im voraus.«
Lachend, mit einer freigebigen Gebärde schleuderte er den abgerissenen Knopf dem Mädchen vor die Füße. Und ehe die drei Zurückgebliebenen sich noch besinnen konnten, hatte der gewandte Reiter seinen Gaul zur Seite geworfen und sprengte nun um die Mauer herum dem Stalle zu.
»Eilt nach Hause«, drängte der Bruder die beiden Kinder, die bestürzt auf das sich entfernende Klingeln der silbernen und goldenen Münzen lauschten. »Geht – geht rasch, der Mann will euch nicht wohl.«
III
Sie saßen in der Hütte der Beckeras zum kargen Nachtmahl vereint. Die Alten hatten ihren Hunger bereits gestillt und hockten ausruhend am Herd, von wo ein verglimmender Kienspan leuchtete. Zu ihnen hatte sich Anna Knuths Mutter gesellt, ein hageres, früh ergrautes Weib mit unzähligen Sommersprossen im abgemagerten Antlitz. Arbeitsverbittert sah sie aus, und vor der hereinströmenden Kühle des Meeres fröstelte die Abgezehrte häufig zusammen.
»Kalt – immer kalt«, schüttelte sie sich. Dann hob sie den gespendeten Silberknopf von ihrem Schoß, um ihn beinahe ungläubig gegen den ungewissen Lichtschein zu kehren. »Warum er das wohl geschenkt?« suchte sie in fruchtlosen Zweifeln zu ergründen; als aber die Hausfrau, die prall und rund, voll gesparter, selbstbewußter Kraft ihr gegenüberlehnte, eine heftige Bewegung gegen die Esse ausführte, wie wenn sie das Wertstück am liebsten in die Flammen schleudern möchte, denn Hilda kannte die Aufmerksamkeiten der Herren, da schüttelte die Mattenflechterin müde das Haupt. »Nicht doch – nicht doch«, wehrte sie sich gegen diesen Gedanken ihrer gewalttätigen Schwester. »Wie käme ich wohl je wieder zu solch einem Schatz? Morgen segle ich nach Stralsund und kaufe für uns Decken. Die Hauptsache ist, daß wir es warm haben.«
»Ja, ja, hübsch warm«, murmelte der alte Claus Beckera und zog seine allmählich spindeldürr gewordenen Beine bis tief unter seinen Sitz, da der Husten, der nicht zum Ausbruch kommen wollte, seinen ausgemergelten Leib wieder verkrümmte. Mit äußerster Kraft rang er danach, das laute Bellen zu verhindern. Nicht eigentlich, um seine Umgebung nicht zu erschrecken, СКАЧАТЬ