Im Reiche des silbernen Löwen II. Karl May
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Название: Im Reiche des silbernen Löwen II

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ wenn er eine hervorragende Persönlichkeit war, auf die Erfüllung seines Wunsches verzichten. Ich hatte Gelegenheit, mir das Wohlwollen dieses Kapudschi durch meinen vorzüglichen Deschebeli-Tabak zu gewinnen, und er hat es mir bis an sein Ende treu bewahrt. Ich habe es nie mißbraucht, nie eine Bitte ausgesprochen, und grad deshalb stets Legitimationen mit der eigenhändigen Tughra des Großherrn besessen. Es ist mir natürlich nicht eingefallen, ihn zu fragen, auf welche Weise er zu der direkten Unterschrift gelange, doch als er beim erstenmal diese Frage in meinen Augen las, sagte er lächelnd: »Kismet etmeghe ogrenmejen effendilik dahi etmez« = wer nicht den Diener machen kann, der kann auch den Herrn nicht machen. Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, daß eine Legitimation mit der eigenhändigen Tughra beim Vorzeigen einen ganz anderen Eindruck macht als eine gewöhnliche, im Jazy odassy[42] ausgestellte; ich habe das sehr oft beobachten können. Ein Beispiel davon ist die Ehrfurcht, welche die bloße Erwähnung jetzt dem Kol Agasi abnötigte.

      Der Wirt war so klug, ruhig zu sein, als er gebunden wurde; der Beduine aber räsonnierte über diese unverdiente und unwürdige Behandlung eines »freien Mannes«. Der Offizier hätte ihn gewiß auch zum Schweigen gebracht; dem kam aber Halef zuvor. Diesem war es bei seinem Temperament unmöglich, solche Reden anzuhören; er zog seine Peitsche aus dem Gürtel, trat zu dem Schimpfenden hin und sagte:

      »Was nennst du dich? Einen freien Mann? Siehst du nicht, daß du gefesselt bist? Ist ein Gefesselter frei? Wo hast du deinen Verstand? Oder wahrscheinlich ist, du hast niemals welchen gehabt, denn wenn nur eine kleine Spur davon in deinem Kopfe wäre, so würdest du dich jetzt hüten, die Thür deines ungewaschenen, flatterigen Mundes zu öffnen. Mein Effendi hat dir schon gesagt, was und wie er von dir denkt; ich werde etwas hinzufügen, was die Größe deiner Erhabenheit sofort in die wahre Null deines Nichtses verwandeln wird. Ihr habt euch uns gegenüber für Solaib ausgegeben, und nun stellt es sich heraus, daß ihr zu den Ghasais gehört. Warum diese Täuschung, diese Lüge? Ein freier, ehrlicher Ben Arab wird niemals seinen Stamm verleugnen. Ich würde lieber sterben, als verneinen, daß ich zu den Haddedihn gehöre. Und nun will der Mund, der uns belog, sich gar in ein großes, weit offenes Maul verwandeln, welches thut, als ob es uns verschlingen möchte! Klappe es zu, und halte es ja verschlossen, sonst zeichne ich dir meine Verachtung mit dieser Kurbadsch so quer über das Gesicht, daß dich jedermann, so lange du lebst, gleich als den Schuft erkennt, der du in meinen Augen bist! Wag nur ein Wort, so haue ich zu!«

      Er hob die Peitsche zum Hiebe, es war ihm Ernst; der Beduine aber schwieg. Die Drohung des Hadschi hatte ihn doch eingeschüchtert.

      Nachdem sich die erst für uns so bedrohlich scheinenden Verhältnisse auf einstweilen ganz befriedigende Weise geklärt hatten, galt es nun die Frage unserer Rückkehr nach der Stadt. Ich legte sie dem Kol Agasi vor, und er antwortete:

      »Wenn es dir recht ist, Emir, brechen wir sogleich auf. Wir brauchen nicht zu warten, bis es Tag geworden ist, denn wir kennen ja den Weg.«

      »Lieber würde es mir sein, wir warteten.«

      »Warum?«

      »Der Schmuggler wegen.«

      »Die gehen mich nichts an. Du hast von mir schon gehört, daß es eine Beleidigung für einen alten, ehrenvoll gedienten Soldaten ist, den Zollspürhund zu machen.«

      »Ich habe es gehört und mute dir auch nicht zu, diesen Leuten des umgangenen Zolles wegen nachzulaufen. Es würde ein Dienst sein, den du mir erweisest.«

      »Wieso?«

      »Wir müssen ihre Spuren sehen, was doch jetzt bei Nacht nicht möglich ist.«

      »Warum ihre Spuren?«

      »Um unsere Unschuld feststellen zu können.«

      »Allah! Du sprichst in Rätseln! Was haben die Stapfen dieser Menschen mit eurer Unschuld zu thun?«

      »Es handelt sich darum, klarzulegen, daß wir nicht zu ihnen gehören. Wir suchen unsere Spur und dann die ihrige. Indem du, der du ja den dazu nötigen Scharfsinn besitzest, beide miteinander vergleichst, wirst du dich überzeugen, daß sie und wir einander nichts angehen, und kannst in der Mehkeme unser Zeuge sein, wofür ich dir die größte Dankbarkeit widmen werde.«

      Aufrichtig gestanden, war es mir weniger um sein Zeugnis zu thun, als vielmehr um zu erfahren, ob die Spuren nach der von mir vermuteten Stelle führen würden. Der Alte wiegte nachdenklich den Kopf und erkundigte sich:

      »Wirst du in deinem Berichte an den Seraskier diesen meinen Scharfsinn mit erwähnen?«

      »Gewiß!«

      »So bleiben wir und warten, bis es hell geworden ist. Aber könnt ihr eure Pferde solange ohne Aufsicht lassen?«

      »Ja. Sie sind Radschi Pack[43] und würden lieber verschmachten, als ihren Platz verlassen. Wir müssen auch der Spuren wegen hier bleiben, denn wenn ihr in der Dunkelheit auf ihnen herumreitet, die nicht berührt werden dürfen, sind sie dann morgen nicht mehr zu unterscheiden.«

      »Das mit diesen Fährten ist mir ganz neu. Ich habe stets gedacht, Spur sei Spur.«

      »Da befandest du dich im Irrtume. Das Lesen der Fährten ist höchst interessant, aber auch nicht leicht. Es bildet geradezu eine Wissenschaft, welche studiert werden muß.«

      »Beschäftigt man sich in deinem Vaterlande Dschermania mit dieser Wissenschaft?«

      »Nein, Ich habe es anderswo gelernt.«

      »Es wird dich freuen, zu erfahren, daß ich Dschermania sehr genau kenne.«

      »Ah! Du kennst es wirklich?«

      »Sehr genau, wie ich schon sagte. Es wird auch Dschermanistan genannt. Habe ich recht?«

      »Ja.«

      »Es liegt zwischen dem Garb Tarabulus[44] und Ustrali[45]. In der Mitte liegt der große See Filimenk[46],und um die Grenzen laufen die Flüsse Iswitschera[47], Londra[48], Budschdan[49] und Tschin[50]. Im Norden steht der Berg Dschewwa[51] und im Süden der Berg Danimarka[52]. Nicht wahr, Emir, du siehst ein, daß ich dein Vaterland sehr genau kenne?«

      »Ja, sehr genau,« antwortete ich möglichst ernst.

      Höchst stolz auf diesen geographischen Triumph, warf er einen stolzen Blick im Kreise herum und fuhr fort:

      »Das sind die Errungenschaften davon, daß ich mich in meiner dienstfreien Zeit sehr gern mit der Dscheografia[53] beschäftige. Die Bewohner von Dschermanistan sind sehr bewegliche Nomaden; sie wohnen in grünen oder blauen Zelten, ziehen bald dahin, bald dorthin und züchten Kamele, welche, wie die unserigen, einen, oftmals aber auch zwei Höcker haben. Ihre Datteln sind zwar nicht so wohlschmeckend wie diejenigen, welche wir verspeisen, dafür aber gedeihen bei ihnen die Ziegen besser als bei uns. Ihre Häuptlinge zahlen dem Sultan von Stambul[54] einen jährlichen Tribut, welcher in Teppichen und Haremspantoffeln besteht, wofür sie die Erlaubnis haben, zur Erlangung der nötigen Lebensklugheit СКАЧАТЬ



<p>42</p>

Bureau.

<p>43</p>

Echtestes Blut.

<p>44</p>

Tripolis.

<p>45</p>

Australien.

<p>46</p>

Holland.

<p>47</p>

Schweiz.

<p>48</p>

London.

<p>49</p>

Moldau.

<p>50</p>

China.

<p>51</p>

Genua.

<p>52</p>

Dänemark.

<p>53</p>

Geographie.

<p>54</p>

Konstantinopel.