Der Tee der drei alten Damen. Friedrich Glauser
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Название: Der Tee der drei alten Damen

Автор: Friedrich Glauser

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ sein Bekannter, Dr. Thévenoz, sei. Aber da hüllte sich Rosenstock in Schweigen. »Er mußte einen Besuch machen, einen eiligen Besuch.« – »Einen Krankenbesuch?« wollte der neugierige O'Key wissen. »Man kann es auch einen Krankenbesuch nennen«, meinte Rosenstock reserviert. »Übrigens habe ich zu tun, und Sie müssen mich entschuldigen.« Er schien eines jener Kinderspielzeuge – Trottinette nennt man sie – zu besteigen und verschwand auf diesem unsichtbaren Vehikel aus dem Zimmer.

      Nun saßen also die beiden in einer Pinte; sie lag in einem jener kleinen Gäßchen, die in der Umgebung des Justizpalastes ein von jeder Modernität verschontes, stillbeschauliches Leben führen. Der Wirt war ein Franzose, ehemaliger Chef de cuisine, kochte ausgezeichnet, kaufte seinen Wein selbst. Die Beize war ziemlich unbekannt.

      »Prost!« sagte Kommissar Pillevuit und stieß mit seinem neuen Freund an. O'Key nickte. Der Wein war gut. Dann aßen die beiden schweigend, und ich muß es mir leider versagen, das Menü wiederzugeben. Denn es waren Speisen, die nur Gastronomen bekannt sind, und da diese Rasse am Aussterben ist, hat es keinen Sinn, auf sie Rücksicht zu nehmen.

      Gegen die niederen Fensterscheiben prasselte der Regen, ein Gewitter ging nieder, es war dunkel im kleinen Raum, der Wirt schaltete das Licht ein, brachte dann dicken türkischen Kaffee in Kupferpfännchen. Dann war es sehr still im Raum, bis Pillevuit schließlich sagte: »Nun?«

      »Zeugenaussagen«, meinte O'Key. »Die Gemüsehändlerin Malvida Turettini, Witwe, kinderlos, hat ihren Laden am Morgen um fünf Uhr geöffnet. Da sie schräg gegenüber der Apotheke wohnt und Eltester sie von jeher interessiert hat, weil er merkwürdige Besuche erhielt, wirft sie jeden Morgen beim Öffnen ihres Ladens einen Blick auf die Apotheke. Die Rolläden waren heruntergelassen, doch meinte sie zwischen den Ritzen Licht schimmern zu sehen, was sie erstaunte, da es bekanntlich jetzt, im Sommer, schon um vier Uhr morgens ganz hell ist. Um halb sechs tritt sie zufällig vor ihre Türe, um ihre Gemüseauslage in Ordnung zu bringen und hört aus der Apotheke Lärm. Die Gasse war zu dieser Zeit fast menschenleer, nur in der Rue de Carouge war ein Trupp Arbeiter zu sehen. Frau Turettini kann sonst nichts angeben. Ihr Geliebter, Gaston Faillettaz, Mechaniker in einer Autofabrik, hat am Abend vorher, als er gegen zehn Uhr aus der Kneipe kam, hinter den schon herabgelassenen Läden der Apotheke singen gehört. Er bezeichnete das Geräusch als Singen, und als ich ihn fragte, was er denn unter Singen verstünde, Volkslieder oder Grammophonmusik, schüttelte er den Kopf: ›Wie wenn man an katholischen Kirchen vorbeigeht, so hat's geklungen‹, behauptete er. Der Zeitungsverkäufer André Gattineau muß schon…«

      »Halt«, rief Pillevuit, »ich habe eine Frage. Wie kam es, daß Sie etwas von dem Mordversuch wußten? Sie hatten doch Ihre Untersuchung schon beendigt, als wir die Entdeckung des kranken Eltester machten?«

      O'Key spielte mit einem silbernen Kettchen, das um sein Handgelenk lag. »Ich bin eben früher aufgestanden«, sagte er lächelnd. »Und ich kann Ihnen da nichts weiter erzählen, weil Sie sonst auf falsche Gedanken kämen. Lassen Sie mich lieber fortfahren. Der Zeitungsverkäufer Gattineau, der schon um fünf Uhr bei der ›Tribune‹ sein muß, um die Morgenblätter zu erwischen, die er in den Dörfern verkauft, hat um halb fünf Uhr einen älteren Herrn gesehen, mit weißem gelocktem Bart, der mit einer sehr dicken Frauensperson die Straße hinunterging. An der Ecke der Rue de Carouge waren diese beiden verschwunden. Gattineau glaubt, die beiden hätten ein Taxi genommen. Paßt diese Beschreibung auf irgend jemanden, den Sie kennen, Kommissar?«

      »O'Key! Hervorragend!« Der Kommissar hüpfte wie ein Rugbyball bei einem Match. »Der Professor! Ich habe immer gewußt, der Professor ist in die Sache verwickelt. Wer hat Crawley ins Spital geschickt? Ich frage Sie, wer hat Crawley…«

      »Sie lieben rhetorische Fragen, Kommissar«, stellte O'Key mit strenger Stimme fest. »Wir wissen, daß der Professor in der Sache, die uns beschäftigt, eine Rolle spielt. Aber welche Rolle? Wer war die Frau, die ihn heute morgen begleitete? Wissen Sie das?«

      »Ich? Nein.«

      »Sie sollten es aber wissen. Wozu haben Sie sonst einen Ihrer Leute vor dem Hause des Professors postiert? He? Und einen untauglichen noch dazu? Sie haben mich gefragt, wieso ich von dem Mordversuch hier Kenntnis erhalten hätte? Weil ich dem Professor gestern abend gefolgt bin. Ein Auto hat ihn um neun Uhr abgeholt. Es ist bei seinem Hause vorgefahren, hat kaum zehn Sekunden gehalten, gehornt, der Professor ist aus der Haustür und mit einem Satz in den Wagen gesprungen, – fort war er. Ihr Polizist hatte gerade ein wichtiges Gespräch mit der Kellnerin in der Kneipe, die dem Hause des Professors gegenüberliegt. Ich bin ihm nachgefahren, dem guten Professor, er hat sehr geheimnisvoll getan, als er in der Apotheke verschwand. Ich habe gewartet bis Mitternacht. Um elf Uhr ist die dicke Dame, die heute morgen mit ihm fortgegangen ist, angekommen, hat geklopft, ist eingelassen worden. Ich bin dann schlafen gegangen. Aber heute morgen war ich schon zeitig wieder da. Hat übrigens der Polizist Malan von mir gesprochen?«

      »Malan? Gesprochen? Von Ihnen?« Pillevuit schüttelt ratlos den Kopf. »Nein, er hat gesagt, ein kleiner Junge habe ihm aufgeregt mitgeteilt, die Apotheke sei noch immer geschlossen, und man höre Stöhnen durch die Türe. Und da sei er eben hingegangen. Die Türen seien offen gewesen, das heißt, die Türe, die vom Hausgang in die Wohnung führt, und die Tür von der Wohnung in den Laden. Und dann hat er mich gleich angerufen, als er den Körper gesehen hat.«

      »Sehen Sie, Kommissar, Sie müssen nicht böse werden, aber Ihre Leute arbeiten unexakt. Malan ist fortgelaufen, und Sie können sich vorstellen, welch eine Aufregung es in einer kleinen Gasse hervorruft, wenn ein uniformierter Polizist aus einem Hausgang herausstürzt. Die Gemüsefrau wollte gleich schauen gehen, was los war, sie rief ihre Nachbarinnen herbei, es waren spielende Kinder auf der Straße. Diese ganze Meute wollte den Laden stürmen. Da hab ich mich vor den Eingang gestellt, habe nur ›Polizei‹ gesagt und das Abzeichen meines Tennisklubs gezeigt, das ich hier unter dem Rockaufschlag trage. So habe ich Ihnen doch die Jungfernschaft dieses Falles gerettet, und dafür müssen Sie mir dankbar sein.«

      »O'Key…«, Pillevuits Augen glänzten feucht, war es die Rührung, war es der Alkohol, oder vielleicht beides? – »O'Key, Sie sind ein Freund. Was soll ich nun tun?«

      Der Reporter stellte freudig fest, daß die ausgeworfenen Enterhaken nicht mehr zu entfernen waren. Doch als er antworten wollte, unterbrach ihn Pillevuit wieder:

      »Nein, Sie sollen mich nicht für ganz borniert halten. Ich will versuchen zusammenzufassen: Wir haben also zwei mysteriöse Vergiftungsfälle, einen fremden Sekretär und einen Genfer Apotheker. Beide werden, so scheint es, durch das gleiche Gift zu ermorden versucht. Es muß also ein Bindeglied zwischen den beiden zu finden sein. Da haben wir Professor Dominicé, er kennt Crawley, er kennt, wie Sie behaupten, auch den Apotheker. Beide Male war er in der Nähe, als das Verbrechen begangen wurde. Wir finden beidemale ein Bündel Drähte, wie sie zu jeder Pravazspritze geliefert werden. Wir stellen ferner fest, daß der junge Sekretär am Abend seines… seines Unfalls eine Einladung des Professors erhalten hatte. Wir finden ferner bei dem Apotheker Dinge, die auf das Hineinspielen einer okkulten Sekte deuten. Wir wissen ferner, daß der Professor sich mit spiritistischen Phänomenen beschäftigt hat, daß seine Haushälterin früher Medium war – Donnerwetter«, unterbrach sich Pillevuit, »die dicke Frau, die mit dem Professor aus dem Haus des Apothekers gekommen ist, ist das…?«

      »Natürlich ist sie das, nur weiter, Kommissar.«

      »Ja, jetzt weiß ich nicht weiter. Denn einerseits behauptet die indische Exzellenz, ihr seien wertvolle Dokumente entwendet worden, und diese Dokumente habe Crawley gehabt. Also ein Mord mit einem klaren, politischen Hintergrund. Aber beim Apotheker scheint etwas anderes mitzuspielen. Eben dieses Hexenrezept, und die Münze und die gelbe Stirnbinde. Sagen Sie, O'Key, was ist's eigentlich mit diesen Hexensalben?«

      »Die Hexensalben? Ein Rauschmittel, mein Lieber. Die armen Frauen hatten Visionen, sie meinten zu fliegen. СКАЧАТЬ