Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Bernd Heinrich
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811456655
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e) Qualitätssicherung und Risikomanagement
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Mittels der – inzwischen den Leistungserbringern im Gesundheitswesen sozialgesetzlich (§ 135a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 bzw. § 137 Abs. 1d SGB V) aufgegebenen – Qualitätssicherung[704] wird der Erkenntnis, dass ärztliches Handeln unvollkommen sein kann, ebenso wie der Befürchtung Rechnung getragen, dass die Bemühungen um Kostendämpfung zu unkontrollierten Qualitätseinbußen führen könnten. Letztlich soll mit Hilfe qualitätssichernder Maßnahmen – die auch als Instrument zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit begriffen werden – ärztliches Handeln besser kontrolliert[705] und die Patientensicherheit erhöht werden.[706] Soweit hierbei für den Regelfall „Handlungsanweisungen“ zur Durchführung einer medizinischen Behandlung aufgestellt werden, so können diese Clinical Pathways[707] als Beispiel für eine gewisse compliancebedingte Prozeduralisierung des Strafrechts[708] angesehen werden.
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Die Anwendung dieser Instrumente zur Qualitätssicherung – sie können dem Bereich der Criminal Compliance[709] zugeordnet werden[710] – dürfte zur Folge haben, dass durch ihre Etablierung und Fortschreibung die Zahl möglicherweise eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit auslösender Vorkommnisse gesenkt wird.[711] Das Fehlen dieser Instrumente (oder ihre Unvollkommenheit) begründet aber – ungeachtet der für nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser sozialrechtlich bestehenden Pflicht zum Risikomanagement[712] – nicht per se einen Sorgfaltsmangel i.S.d. strafrechtlichen Fahrlässigkeit.[713] Entscheidend für eine Strafbarkeit nach §§ 222, 229 StGB ist die schadensursächliche Verletzung von Organisationspflichten.[714] Es ist allerdings zu erwarten, dass die Instrumente des Qualitätsmanagements zu allgemein höheren Organisationsstandards beitragen und sie dann bei patientenschädigendem Unterschreiten mittelbar doch zu einer Ausweitung der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit führen werden.[715]
II. Einschränkung ärztlicher Fahrlässigkeitsstrafbarkeit
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Angesichts der Schadensträchtigkeit ärztlichen Handelns gibt es vielfache Überlegungen zur Einschränkung der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit, um sowohl dem Schuldgrundsatz als auch dem Verhaltnismäßigkeitsprinzip (Strafe als ultima ratio) Genüge zu tun: Strafe sollte auf schwerwiegende, rechtsgutsschädliche Verstöße gegen soziale Normen beschränkt sein.[716] Auch bei einer Schädigung des Patienten ist ein deutlicher „Puffer“ zwischen einem (allenfalls zivilrechtliche Rechtsfolgen auslösenden) Unglück und einem zu sanktionierenden Unrecht zu ziehen.
1. Vorschläge de lege ferenda
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Insoweit findet sich eine Reihe von – hier keiner vertiefenden Betrachtung zu unterziehenden – Vorschlägen mit unterschiedlichem Ansatz: Übereinstimmend soll eine Strafbarkeit zumindest bei nur leicht fahrlässigem Verhalten entfallen,[717] wobei diese Restriktion entweder auf bestimmte Tätigkeitsfelder (insbesondere das ärztliche Handeln[718]) beschränkt wird[719] oder generell[720] gelten soll.
2. Vorschläge zur gegenwärtigen Rechtslage
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Während die Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht[721] eine Restriktion der Behandlungsfehlerhaftung ablehnt,[722] finden sich in der Literatur auch de lege lata zahlreiche Vorschläge,[723] um die unter dem Gesichtspunkt hinreichender Bestimmtheit (Art. 103 Abs. 2 GG) ohnehin keineswegs unproblematische Fahrlässigkeitsstrafbarkeit[724] im Wege zulässiger verfassungskonformer Auslegung[725] zu legitimieren. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie Strafbarkeit nur dann vorsehen, wenn der prospektive Fahrlässigkeitstäter ex ante klar hätte erkennen können, wo die Grenze des für ihn erlaubten Risikos liegt und die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit beginnt:[726] Während Schlüchter[727] sich dafür ausgesprochen hat, nur bei offensichtlicher und rücksichtsloser Überschreitung des erlaubten Risikos zu bestrafen, soll nach Mikus[728] die offene Verhaltensnorm des Fahrlässigkeitsdelikts durch rechtliche Regelungen oder hinreichend präzise gesellschaftliche Verhaltenserwartungen konturiert werden;[729] bei Lebensbereichen hingegen, bei denen dies nicht der Fall sei, bestünde für den Handelnden ein Beurteilungsspielraum: Von ihm könne dann nicht ein einzig richtiges, sondern eben nur ein verantwortungsbewusst vertretbares Verhalten verlangt werden.[730] Zu einer Restriktion der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit gelangt auch Duttge[731] mittels des von ihm präferierten fahrlässigkeitsspezifischen „Veranlassungsmoments“: Für ihn ist Gegenstand des Vorwurfs ein Zuwiderhandeln gegen das Verbot, trotz individuell erkennbaren triftigen Anlasses von dem Verhaltensverlauf in Richtung Rechtsgutsbeeinträchtigung nicht oder nicht rechtzeitig Abstand genommen zu haben.[732] Auf der Grundlage dieser hier nur angedeuteten Überlegungen wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in bestimmten Lebensbereichen (etwa im Straßenverkehr, aber eben auch bei ärztlicher Tätigkeit) angesichts ihrer „Schadensgeneigtheit“[733] auch für den gewissenhaftesten Bürger auf die längere Sicht betrachtet Fehlhandlungen geradezu unvermeidlich sind. Diese Fehlleistungen sind – isoliert betrachtet – zwar je für sich vermeidbar, können aber auch dem grundsätzlich sehr sorgfältig Agierenden unterlaufen und sind aufs Ganze der Lebensführung betrachtet unvermeidlich: Lebenslange maschinenhafte Präzision kann und darf[734] die Rechtsordnung nicht verlangen.[735] Würde diesem Gesichtspunkt nicht materiell-strafrechtlich[736] Rechnung getragen, dann liefe dies auf eine das Strafrecht letztlich diskreditierende[737] verschämte Zufallshaftung[738] hinaus. Wie bei der Produkthaftung[739] kommt auch bei der strafrechtlichen Arzthaftung für Behandlungsfehler СКАЧАТЬ