Der Idiot. Fjodor Dostojewski
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Название: Der Idiot

Автор: Fjodor Dostojewski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783754188651

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СКАЧАТЬ war, nicht ertragen; er verlor den Verstand und starb einen Monat nachher am hitzigen Fieber. Das abgebrannte Gut, dessen Bauern nach allen vier Winden auseinandergelaufen waren, kam unter den Hammer; was die beiden kleinen Kinder Baraschkows anlangte, ein sechsjähriges und ein siebenjähriges Mädchen, so übernahm es Afanasi Iwanowitsch Tozki großmütigerweise, sie auf seine Kosten erziehen zu lassen. Sie wurden mit den Kindern seines Verwalters zusammen erzogen, eines verabschiedeten Beamten mit zahlreicher Familie, eines Deutschen. Bald darauf blieb nur das eine der beiden Mädchen, Nastasja, übrig, indem die Jüngere am Keuchhusten starb; Tozki, der im Ausland lebte, hatte die beiden bald ganz und gar vergessen. Fünf Jahre darauf gedachte Afanasi Iwanowitsch einmal auf der Durchreise sich sein Gut anzusehen und bemerkte plötzlich in seinem Gutshaus in der Familie seines deutschen Verwalters ein reizendes Kind, ein zwölfjähriges munteres, liebenswürdiges, verständiges Mädchen, das außerordentlich schön zu werden versprach; in dieser Hinsicht war Afanasi Iwanowitsch ein Kenner, der sich nicht leicht irrte. Diesmal blieb er nur einige Tage auf dem Gut, fand aber doch Zeit, allerlei Anordnungen zu treffen. In der Erziehung des jungen Mädchens fand eine wesentliche Veränderung statt: es wurde eine respektable, ältere Gouvernante angenommen, eine gebildete Schweizerin, die im höheren Mädchenunterricht Erfahrung besaß und außer in der französischen Sprache auch noch in mehreren Wissenschaften unterrichten konnte. Sie zog in das Gutshaus ein, und die geistige Ausbildung der kleinen Nastasja erhielt nun einen größeren Umfang. Nach vier Jahren war diese Ausbildung beendet, und die Gouvernante reiste wieder ab. Dafür aber kam, um Nastasja abzuholen, eine Dame an, welche ebenfalls eine Gutsnachbarin Tozkis war, aber in einem andern, entfernten Gouvernement; diese nahm, in Afanasi Iwanowitschs Auftrag und von ihm bevollmächtigt, die kleine Nastasja mit sich. Auf diesem Tozkischen Gut fand sich gleichfalls ein zwar nur kleines, aber soeben erst erbautes Holzhaus; es war außerordentlich geschmackvoll eingerichtet, und das Dörfchen führte wie absichtlich den Namen Otradnoje. Die Gutsbesitzerin brachte Nastasja direkt in dieses stille Häuschen, und da sie selbst, eine kinderlose Witwe, nur eine Werst davon entfernt wohnte, so siedelte auch sie zu Nastasja über. Auch eine alte Haushälterin und eine junge, wohlerfahrene Zofe stellten sich bei Nastasja ein. In dem Haus fanden sich Musikinstrumente, eine auserlesene Mädchenbibliothek, Gemälde, Kupferstiche, Bleistifte, Pinsel, Farben, ein wunderschönes Windspiel, und nach zwei Wochen traf auch Afanasi Iwanowitsch selbst ein ... Von der Zeit an hatte er dieses ihm gehörende Steppendörfchen ganz besonders in sein Herz geschlossen; er besuchte es jeden Sommer und wohnte dort zwei, selbst drei Monate lang. So verging eine ziemlich lange Zeit, wohl vier Jahre, ruhigen und glücklichen, schönen und genußreichen Lebens.

      Eines Tages (es war Anfang des Winters, ungefähr vier Monate, nachdem Afanasi Iwanowitsch im Sommer wieder in Otradnoje zu Besuch gewesen war, wo er sich jedoch diesmal nur vierzehn Tage aufgehalten hatte) ereignete es sich, daß auf irgendeine Weise zu Nastasja Filippownas Ohren ein Gerücht drang, daß Afanasi Iwanowitsch in Petersburg im Begriff sei, eine schöne, reiche, vornehme Dame zu heiraten, kurz eine solide, glänzende Partie zu machen. Es stellte sich dann heraus, daß dieses Gerücht nicht in allen Einzelheiten mit der Wirklichkeit übereinstimmte: die Heirat war erst in Aussicht genommen und alles noch sehr unbestimmt; aber in Nastasja Filippownas Wesen ging seitdem doch eine gewaltige Wandlung vor. Sie bewies auf einmal eine große Entschlossenheit und legte eine ganz unerwartete Energie an den Tag. Ohne sich lange zu besinnen, verließ sie ihr kleines Gutshaus, reiste völlig allein nach Petersburg und begab sich dort geradewegs zu Tozki. Dieser war äußerst erstaunt und fing an, mit ihr zu reden; aber fast vom ersten Wort an stellte es sich heraus, daß er die ganze Art, in der er sonst mit ihr geredet hatte, ändern mußte: die Ausdrucksweise, den Stimmklang, die bisher so erfolgreich benutzten Themata netter, angenehmer Gespräche, die Form der logischen Schlußfolgerungen, kurz alles, alles, alles! Vor ihm saß ein ganz anderes weibliches Wesen, das keinerlei Ähnlichkeit mit demjenigen hatte, das er bisher gekannt und erst im Juli in Otradnoje verlassen hatte.

      Erstens wußte und verstand dieses neue Weib, wie sich herausstellte, außerordentlich vieles, so vieles, daß man höchst erstaunt sein mußte, wie sie es möglich gemacht habe, sich ein solches Wissen zu erwerben und sich zu so klaren Anschauungen durchzuarbeiten. (Hatte ihr wirklich ihre Mädchenbibliothek dazu verholfen?) Und damit nicht genug: sie verstand auch sehr viel von juristischen Dingen und besaß sichere Kenntnisse, wenn auch nicht von der menschlichen Gesellschaft, so doch von dem Gang, den gewisse Dinge in der menschlichen Gesellschaft neh men. Zweitens aber hatte sich ihr Charakter gegen früher vollständig geändert: Es war da keine Rede mehr von jenem schüchternen, unsicheren Mädchentypus, der manchmal durch seine originelle Munterkeit und Naivität bezaubert und dann wieder sich trüb und melancholisch, erstaunt und mißtrauisch, unruhig und zum Weinen geneigt ist. Nein, diejenige, die ihm da ins Gesicht lachte und ihn mit beißendem Spott verwundete, war ein fremdes, überraschendes Wesen. Nastasja erklärte ihm geradezu, sie habe ihm gegenüber in ihrem Herzen nie etwas anderes empfunden als die tiefste Verachtung; dieses bis zum Ekel gesteigerte Gefühl sei bei ihr gleich nach dem ersten Erstaunen eingetreten. Dieses neue Weib erklärte ihm, es sei ihr eigentlich vollständig gleichgültig, ob er sich jetzt verheirate und mit wem; aber doch sei sie hergekommen, um ihm diese Heirat zu verbieten, und zwar einfach aus Bosheit, einzig und allein, weil es ihr so beliebe; somit müsse es nun einmal so sein. »Und war's auch nur, damit ich über dich lachen kann, soviel ich will«, sagte sie, »denn jetzt habe auch ich schließlich Lust bekommen zu lachen.«

      So drückte sie sich wenigstens aus; vielleicht hatte sie damit nicht einmal alles, was sie dachte, ausgesprochen. Aber während die neue Nastasja Filippowna höhnisch lachte und ihm all dies auseinandersetzte, überdachte Afanasi Iwanowitsch diese Angelegenheit für sich und brachte nach Möglichkeit seine etwas durcheinander geworfenen Gedanken wieder in Ordnung. Diese Erwägungen dauerten ziemlich lange; er brauchte zu seinen Überlegungen und zum Fassen eines endgültigen Beschlusses fast zwei Wochen; aber als diese Zeit um war, hatte er sich auch entschieden. Afanasi Iwanowitsch war damals schon ungefähr fünfzig Jahre alt und ein höchst solider, gesetzter Mann. Seine Stellung in der Welt und in der Gesellschaft war schon seit langer Zeit auf die festesten Fundamente gegründet. Sich selbst sowie seine Ruhe und Bequemlichkeit liebte und schätzte er über alles in der Welt, wie sich das auch für einen im höchsten Grade anständigen Menschen schickt. Diesen Zustand, der sich durch sein ganzes bisheriges Leben konsolidiert und eine so schöne Form angenommen hatte, war er nicht gewillt, auch nur im geringsten stören oder ins Schwanken bringen zu lassen. Andererseits ließen ihn seine Erfahrung und sein Scharfblick für die Dinge dieser Welt sehr bald und mit völliger Klarheit erkennen, daß er es jetzt mit einem ganz ungewöhnlichen Wesen zu tun habe, daß dies eine Persönlichkeit sei, die nicht nur drohe, sondern auch unfehlbar handle und namentlich vor keinem Hindernis haltmache, um so weniger, da ihr nichts in der Welt teuer sei, so daß man sie auch durch Geschenke nicht bestechen könne. Hier lag augenscheinlich etwas anderes vor: man spürte eine Art von seelischem Ekel, eine Art von romanhafter Entrüstung über Gott weiß wen und was, eine Art von unersättlichem, alles Maß überschreitendem Gefühl der Verachtung, kurz etwas, was in anständiger Gesellschaft als im höchsten Grad lächerlich und unerlaubt gilt und womit zu tun zu haben für jeden anständigen Menschen geradezu eine Strafe Gottes ist. Selbstverständlich hätte Tozki bei seinem Reichtum und bei seinen Verbindungen ohne weiteres irgendeine kleine, ganz harmlose Freveltat begehen können, um sich diese Unannehmlichkeit vom Hals zu schaffen. Andererseits war auch Nastasja Filippowna sicherlich kaum imstande, ihm etwas Schlimmes, etwa auf gerichtlichem Weg, zuzufügen; sie konnte nicht einmal einen besonderen Skandal hervorrufen, weil man sie immer mit größter Leichtigkeit in Schranken halten konnte. Aber all das war nur für den Fall richtig, daß Nastasja Filippowna sich dafür entschied, so zu handeln, wie es alle anderen Frauen in ähnlichen Fällen tun, und nicht in ihrer Exzentrizität alles Maß überschritt. Aber hier kam dem klugen Tozki seine Menschenkenntnis zustatten: Er merkte, daß Nastasja Filippowna selbst sehr wohl einsah, wie wenig sie ihm durch die Gerichte schaden konnte, und daß sie ganz andere Gedanken in ihrem Kopf umherwälzte; das verrieten ihm ihre funkelnden Augen. Da ihr nichts wertvoll war und am wenigsten ihre eigene Person (es bedurfte eines sehr klaren, eindringenden Verstandes, um in diesem Augenblick zu erkennen, daß sie schon längst aufgehört hatte, ihrer eigenen Person irgendwelchen Wert beizulegen, und um als Skeptiker und zynisch denkender Weltmann doch an die Ernsthaftigkeit dieses Gefühles СКАЧАТЬ