Название: Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski
Автор: Jacob Grimnm
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: gelbe Buchreihe
isbn: 9783754187043
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2. Der strukturalistische Ansatz von Vladimir Propp
2.1 Darstellung
Der russische Märchenforscher Vladimir Propp beschreitet in seinem Werk „Morphologie des Märchens“, welches 1969 in russischer Sprache erschienen ist (hier aber in deutscher Sprache aus dem Jahr 1972 vorliegt) und seine 1928 entstandene Studie zur Märchenforschung enthält, einen neuen, eigenen Weg zur Erforschung von Märchen. Er wählt einen Ansatz, der sich von anderen Forschungsmethoden insofern abgrenzt als er sich mit strukturellen Gesetzmäßigkeiten innerhalb von Märchen beschäftigt. Propp bemängelt an vorangegangenen Ansätzen hauptsächlich die äußere Betrachtungsweise:
„Obwohl jeder Forschung eine bestimmte Klassifizierung zugrunde liegt, muss diese selbst doch das Ergebnis gewisser Vorarbeiten sein. Bisher können wir aber gerade das Gegenteil beobachten. Die Mehrzahl der Forscher beginnt mit der Klassifizierung. Sie übertragen ihr System von außen auf die betreffenden Märchen, anstatt den umgekehrten Weg zu gehen. Wie wir noch feststellen werden, verstoßen sie dabei außerdem häufig gegen die elementarsten Unterscheidungsregeln.“
Eine Klassifizierung nimmt Propp erst nach der Analyse von Strukturmerkmalen vor, erst dann kann man mit Sicherheit feststellen, um welche Form des Märchens es sich handelt.
Wichtigste Aufgabe so scheint es, ist eine Art revolutionärer Neuerungen innerhalb des Forschungsbereiches. Propp formuliert es wie folgt: „Die Erforschung der Struktur sämtlicher Märchenarten ist die wichtigste Voraussetzung für eine historische Erforschung des Märchens und die Analyse formaler Gesetzmäßigkeiten eine Voraussetzung für die Erforschung historischer Gesetzmäßigkeiten.“ Als Grundlage für seine Untersuchungen nutzt der Autor eine Sammlung russischer Zaubermärchen, die von Alexander Afanasev zusammengestellt worden ist. Zur Eingrenzung des Arbeitsumfanges reichen laut Propp 100 Märchen aus.
Einen Anhaltspunkt zur Entwicklung einer eigenen Methode findet Propp schließlich in der Arbeit der sogenannten finnischen Schule, dabei greift er auf die Theorie von Antti Aarnes zurück, der eine Einteilung in Tiermärchen, eigentliche Märchen und Schwänke vorgenommen hat. Allerdings scheint ihm diese Art der Unterteilung noch zu ungenau, deshalb formuliert er an dieser Stelle seinen Forschungsansatz: „Im Verlauf unserer Arbeit werden wir nachzuweisen versuchen, dass eine Analyse nach einzelnen Bestandteilen die richtige Methode der Erforschung ist.“
Der Hauptbestandteil der Arbeit Propps liegt in der Untersuchung von „31 Funktionen der handelnden Personen“, ihnen widmet er ein ganzes Kapitel (Kapitel 3) und definiert sie dort klar: die im folgenden genannten Funktionen basieren auf vier „Feststellungen“, die Propp zuvor nennt: 1. haben Märchen „konstante“ (dies sind die Funktionen) und variable (dies sind die Personen) „Elemente“; 2. sind die Funktionen begrenzt; 3. folgen die Funktionen dem Gesetz der Reihe und 4. bilden alle „Zaubermärchen“ strukturell betrachtet nur einen Typ. Natürlich hat Propp auch andere Kriterien zur genauen Klassifizierung entwickelt und in seinem Werk beschrieben, diese sind jedoch als ergänzende Hilfsmittel zu betrachten und sollen in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden, da es hier speziell um einen Strukturvergleich geht.
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Kinder- und Hausmärchen
https://www.projekt-gutenberg.org/grimm/khmaerch/khmaerch.html
Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich
Der Froschkönig oder der eiserne Heinrich
In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Töchter waren alle schön, aber die jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, so oft sie ihr ins Gesicht schien. Nahe bei dem Schloss des Königs lag ein großer dunkler Wald, und in dem Wald unter einer alten Linde war ein Brunnen; wenn nun der Tag sehr heiß war, so ging das Königskind hinaus in den Wald und setzte sich an den Rand des kühlen Brunnens, und wenn sie Langeweile hatte, so nahm sie eine goldene Kugel, warf sie in die Höhe und fing sie wieder; und das war ihr liebstes Spielwerk.
Nun trug es sich einmal zu, dass die goldene Kugel der Königstochter nicht in ihr Händchen fiel, das sie in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hineinrollte. Die Königstochter folgte ihr mit den Augen nach, aber die Kugel verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, dass man keinen Grund sah. Da fing sie an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie sie so klagte, rief ihr jemand zu: „Was hast du vor, Königstochter, du schreist ja, dass sich ein Stein erbarmen möchte.“ Sie sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Frosch, der seinen dicken hässlichen Kopf aus dem Wasser streckte. „Ach, du bist's, alter Wasserpatscher,“ sagte sie, „ich weine über meine goldene Kugel, die mir in den Brunnen hinabgefallen ist.“ „Sei still und weine nicht,“ antwortete der Frosch, „ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst du mir, wenn ich dein Spielwerk wieder heraushole?“ „Was du haben willst, lieber Frosch,“ sagte sie, „meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage.“ Der Frosch antwortete: „Deine Kleider, deine Perlen und Edelsteine, und deine goldene Krone, die mag ich nicht; aber wenn du mich lieb haben willst und ich soll dein Geselle und Spielkamerad sein, an deinem Tischlein neben dir sitzen, von deinem goldenen Tellerlein essen, aus deinem Becherlein trinken, in deinem Bettlein schlafen: wenn du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und dir die goldene Kugel wieder herausholen.“ „Ach ja,“ sagte sie, „ich verspreche dir alles, was du willst, wenn du mir nur die Kugel wieder bringst.“ Sie dachte aber: „Was der einfältige Frosch schwätzt, der sitzt im Wasser bei seinesgleichen und quakt, und kann keines Menschen Geselle sein.“
Der Frosch, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und über ein Weilchen kam er wieder heraufgerudert; hatte die Kugel im Maul und warf sie ins Gras. Die Königstochter war voll Freude, als sie ihr schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort. „Warte, warte,“ rief der Frosch, „nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie du.“ Aber was half ihm, dass er ihr sein quak quak so laut nachschrie als er konnte; sie hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Frosch vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen musste.
Am anderen Tag, als sie mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von ihrem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an der Tür und rief: „Königstochter, jüngste, mach mir auf.“ Sie lief und wollte sehen wer draußen wäre, als sie aber aufmachte, so saß der Frosch davor. Da warf sie die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und war ihr ganz angst. Der König sah wohl, dass ihr das Herz gewaltig klopfte und sprach: „Mein Kind, was fürchtest du dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will dich holen?“ „Ach nein,“ antwortete sie, „es ist kein Riese, sondern ein garstiger Frosch.“ „Was will der Frosch von dir?“ „Ach lieber Vater, als ich gestern im Wald bei dem СКАЧАТЬ