Die Führung endete in einem Zimmer mit drei ungemachten Betten.
„Ihr schlaft hier?“, stieß Eduard mit Mühe hervor. In der Tat, das Reden bereitete ihm auf einmal Mühe. Das süße Verlangen war mittlerweile auf einen Gipfelpunkt gestiegen und umhüllte bereits das Befehlszentrum seiner Sprechorgane (während andere Organe dafür umso einsatzbereiter waren).
Juliette konnte nur noch nicken. Sie presste sich heftig an ihn. Dass sie auf diese Weise sein süßes Verlangen spüren konnte, war unvermeidlich.
„Und welches ist dein ...“
Wortlos zeigte Juliette auf eines der drei Betten und drängte sich noch heftiger an ihn. Und ohne eigentlich zu wissen, was er tat, begann er die Knöpfe ihrer Bluse auf ihrem Rücken zu öffnen. Und in der Folge geschah alles, was der Gott der Liebenden für diese vorgesehen hat, und sogar noch mehr. Denn wie sich herausstellte, war Juliette noch Jungfrau gewesen. Und post festum, also nach dem Liebesfest, war sie eben keine Jungfrau mehr, aber dafür, so sagte sie, „deine Frau für immer und ewig“.
Eduard selbst empfand nicht ganz denselben Enthusiasmus. Mit einer gewissen Sehnsucht dachte er an Mitzi zurück. Sie war keine Jungfrau mehr gewesen und besaß entsprechend mehr Erfahrung (ohne dass sie ihm je verraten hätte, wer der Bösewicht war, der ihr die Jungfräulichkeit geraubt hatte; Florian war es jedenfalls nicht; das stand fest). Jedenfalls hatten sich die Liebesfeste mit ihr als bei weitem vergnüglicher erwiesen als jetzt das mit Juliette. Aber das würde sich ja vielleicht noch ändern. Nur, „für immer und ewig“? Dem fühlte sich Eduard kaum gewachsen, dafür war er, wenn er zu sich ganz ehrlich sein wollte, noch nicht bereit. Außerdem, sollte er zuvor nicht auch die anderen zwei ausprobieren, Madeleine und Denise?
Aber diese Gedanken verriet er Juliette natürlich nicht. Umso eifriger liebkoste er zu ihrem wachsenden Entzücken weiterhin ihren zarten Körper. Neuerlich „umhüllte ihm süßes Verlangen die Sinne“, und neuerlich vereinigte er sich mit ihr. Aber auch dieses zweite Liebesfest war kein besonderer Erfolg; denn jetzt tat es Juliette noch mehr weh als beim ersten Mal, was freilich ihrer Begeisterung für „meinen Édouard“ keinen Abbruch tat.
Als die beiden, wieder züchtig gekleidet und um „züchtiges Benehmen“ bemüht, nachher in den Garten hinausgingen, um in diesem noch ein wenig ihre traute Zweisamkeit zu genießen, erklärte Eduard, kurz zurück ins Haus zu müssen; er wolle noch einmal das Bad aufsuchen. Es war aber nicht das Bad, welches er aufsuchte, sondern jener Raum, den er im Stillen am meisten bewundert hatte, der mit dem Schreibtisch und den Bücherregalen. Das Bild der dicken Brieftasche ging ihm nicht aus dem Kopf, und die Frage nach ihrem Inhalt hatte ihn die ganze Zeit beschäftigt. Nun, die Antwort, die er fand, lautete: Fünftausend- und Zehntausend-Franc-Noten, eine ganze Menge davon. Was lag also näher, als diese Menge ein kleines bisschen zu verkleinern und dieses kleine Bisschen rasch in die eigene Badetasche zu stecken?
Danach plagten ihn jedoch sofort das schlechte Gewissen und vor allem die Angst, als Dieb entlarvt zu werden, und ihm war klar, dass er Cagnes möglichst rasch verlassen musste. Nun war für ihn der Genuss der trauten Zweisamkeit getrübt. Mit gerunzelter Stirn blickte er auf die Uhr und stellte fest, es sei leider an der Zeit, nach Hause zu fahren; was, wenn plötzlich die anderen daherkommen?
Dem hatte Juliette nichts entgegenzusetzen. Mehr als einmal hatte sie betont, vorläufig müsse man vorsichtig sein. Die anderen dürften auf keinen Fall etwas merken. Das wäre ein unaussprechlicher Skandal.
Also verabschiedete sich Eduard unter vielen Küssen und mit dem heiligen Versprechen, morgen um dieselbe Zeit wieder zur Stelle zu sein, wohl wissend, dass er dieses Versprechen nicht halten konnte. Er bestieg sein Fahrrad und fuhr unter heftigem Winken zurück zu Tante und Onkel. Dort angekommen, erklärte er, er werde sie schon morgen von seiner Gegenwart befreien, und stellte fest, dass diese Ankündigung auf kein großes Bedauern stieß. Und er ahnte auch, warum. Die finanzielle Belastung durch einen Esser mehr war eine starke Herausforderung für den Familiensinn, das heißt, für die Liebe zu den armen Verwandten in Österreich. Natürlich suchte Tante Lisi ihre Erleichterung zu kaschieren, indem sie pro forma fragte, wieso er denn schon wieder nach Hause fahren wolle.
„Nein, nein, nicht nach Hause. Sondern nach Spanien. Zu meiner zweiten Familie.“
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