Название: Behauptung statt Wahrheit
Автор: Erwin Leonhardi
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Moses-Trilogie
isbn: 9783750216532
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Die objektive Beurteilung, ob die christlichen Religionen Ideologien sind, erlaubt die Methode der Ideologiekritik, die in der Zeit der Aufklärung zur Analyse eines Sachverhalts wissenschaftlich definiert wurde, und seither verwendet wird. Neben anderen Philosophen sieht der österreichisch-englische Philosoph Sir Karl Raimund Popper (*1902 in Wien, † 1994 in London) in der Ideologiekritik insbesondere die Analyse der folgenden fünf Punkte:
1 Dogmatisches Behaupten absoluter Wahrheiten,
2 Tendenz zur Immunisierung gegen Kritik,
3 Vorhandensein von Verschwörungstheorien,
4 utopische Harmonie-Ideale,
5 die Behauptung von Werturteilen als Tatsachen.
Wendet man diese Postulate auf die christliche Lehre an, lässt sich feststellen:
1 Für alle dogmatisch behaupteten religiösen Wahrheiten gibt es nicht den geringsten Beweis. Die Behauptungen bestehen beispielsweise in der Existenz Gottes, dem Vorhandensein einer Seele, der Jungfrauengeburt, der Auferstehung, der Himmelfahrt, dem Weiterleben nach dem Tod, der Apostolischen Tradition, dem Fegefeuer, der Hölle, dem Teufel, der Dreieinigkeit und anderen. Alle sind unbeweisbar.
2 Wer gegen behauptete religiöse Wahrheiten argumentiert, begeht eine Sünde und wird bestraft. Heute wird er isoliert, zumindest mundtot gemacht, früher wurde er hingerichtet. Wie Kritik behandelt wurde, zeigt beispielsweise der Umgang mit Marcion, Martin Luther, Galileo Galilei, in unserer Zeit Hans Küng, Uta Ranke-Heinemann und vielen weiteren Personen. Das Ziel war immer, sich gegen Kritik von wichtigen Persönlichkeiten zu immunisieren.
3 Als geistige Verschwörer gelten Teufel, Hexen und Dämonen, als dingliche gelten Kirchenkritiker und manche politische Systeme. Es gibt noch heutzutage speziell ausgebildete Exorzisten. Allein deren Existenz zeigt, dass es immer noch Menschen gibt, die Dämonen, Teufel und Hexen für real halten. Marcion galt als ketzerischer Verschwörer, ebenso die Reformatoren, auch Heinrich VIII. wurde als solcher angesehen.
4 Das Reich Gottes, wofür es keine einzige Beschreibung gibt, und das Versprechen des Weiterlebens nach dem Tod für die sündenfreien Gläubigen sind unbeweisbare utopische Harmonieversprechen. Die christliche Lehre sagt, wer nach bestimmten religiösen Regeln lebt, die sie kraft Amt selbst festlegt, wird nach dem Tod im Himmelreich in Harmonie "weiterleben". Diese Aussage zu treffen ist einfach, denn der Verkünder kann und muss das Versprechen nicht einlösen. Das weiß er auch, und deshalb fällt ihm die Verkündung leicht.
5 Die allererste Tatsachenbehauptung ist das erste Gebot: "Ich bin der Herr, dein Gott". Diese Behauptung ist unbeweisbar. Danach folgt das Werturteil, man würde bestraft, wenn man diese Behauptung nicht anerkennt. Die Kirche beansprucht die moralische Führerschaft aufgrund der Zehn Gebote. Sie vermittelt den Eindruck, die Menschenrechte gingen auf diese Gebote zurück. Das ist falsch. Die heutigen Wertesysteme gehen nachweislich nicht auf die Kirchenlehre, sondern auf den Humanismus zurück. Die Dogmatik der christlichen Kirche definiert als selbst ernannte höchste moralische Instanz, was gut und böse ist, bis hin in privateste Bereiche, sogar bis zu Gedanken. Sie definiert, was sündhaft und damit strafbar ist. Im Gegensatz zur Lehre ihrer eigenen Heiligen Schrift, gibt sie vor, Sünden durch ihre eigenen Erfüllungsgehilfen vergeben zu können. Bei genauem Hinsehen wird die kirchliche Bestrebung sichtbar. Sie heißt heute noch: Glaube statt Vernunft, Verdummung statt Wissenschaft und Absolutismus statt Humanismus.
Die französischen Materialisten, u. a. Paul Heinrich Dietrich von Holbach und Claude Adrien Helvétius, kritisierten insbesondere die katholische Kirche und bezeichneten deren Behauptungen, die ihrer Meinung nach im reinen Interesse der Machterhaltung liegen, als Priesterbetrug.
Deutlicher kann man es nicht sagen.
Die Aufklärung verlangt die Durchsetzung von Vernunft, Wissenschaft, Demokratie und Menschenrechten. Dem stehen die Kirchen diametral gegenüber. Luther meinte: "Die größte Hure des Teufels ist die Vernunft". Wie mit Wissenschaftlern früher umgegangen wurde, zeigt die Geschichte am Beispiel von Galileo Galilei. Statt Demokratie herrscht strengster Absolutismus, sogar heutzutage noch mit einer eigenen Gerichtsbarkeit als Staat im Staate.
Menschenrechte im heutigen Sinne gibt es im Alten Testament, dem Fundament der Bibel, nicht, auch bei Luther nicht. Es gibt nur Pflichten und Strafen bei Pflichtverletzungen. Auch das ist typisch für Ideologien.
Wenn die höchste Belohnung das Ausbleiben einer Strafe ist, muss eine solche Ideologie als nicht erstrebenswert angesehen werden.
Kommunikation
Es ist eine Binsenweisheit, dass unsere Welt freier von Hass, Unterdrückung, Ausbeutung und Übervorteilung wäre, wenn die gesamte Menschheit einfach nur besser und ehrlicher kommunizieren würde. Aber die Menschheit hat zum versteckten Transport von Informationen die verklausulierte Sprache der Diplomatie erfunden. Damit hat die Kommunikation ihre Tücken erhalten.
Es gehören immer mindestens zwei dazu, nämlich ein Sender und ein Empfänger. Sender sind die Autoren und Redner, Empfänger die Leser und Zuhörer.
In jede Aussage legt ein Sender Inhalte, die seiner gewachsenen individuellen Denkwelt entspringen. Eine alternative Welt hat er nicht. Er will etwas darlegen, was andere in seinem Sinne verstehen sollen.
Der Informationsempfänger ordnet das Empfangene logischerweise mit der Begrifflichkeit in seiner gewachsenen individuellen Denkwelt ein. Anders geht es nicht. Beim Empfänger muss zusätzlich vorausgesetzt werden, dass er keine ideologisch implantierten Gewissensbisse dahingehend hat, ob er überhaupt die Information empfangen darf. Wer sich dabei unwohl fühlt, hat bereits ein ernstes Problem.
Sind die inhaltlichen Besetzungen von Begriffen bei Sender und Empfänger verschieden, können sie nicht sicher kommunizieren. Das bezieht sich nur auf abstrakte und interpretierbare Informationen, für Fakten gilt das nicht.
Aus der Intention des Sendenden und dem ideologischen Kontext des Empfangenden folgt eine einfache Diagnose: Sender und Empfänger können sich bei unterschiedlichen Auffassungen nicht verstehen, denn für beide sind die Bedeutungen von gleichen Begriffen unterschiedlich besetzt. Gleiche Syntax, unterschiedliche Semantik. Sind die Denkwelten nicht kompatibel, gibt es keine Verständigung.
Eine Chance zur besseren Verständigung läge darin, wertungsfreie Diskussionen zur Annäherung der jeweiligen Begriffsverständnisse zu führen. Aber das ist mühsam und bedeutet Kampf. Es ändert wohl kaum jemand ohne triftigen Grund seine Begriffswelt.
Nichts ist so stabil wie die innere Wahrheit, auch dann, wenn sie objektiv falsch und nicht nachprüfbar ist. Nicht nachprüfbare innere Wahrheit heißt Glaube. Glaube ist berechtigt, wenn er als solcher gekennzeichnet wird. Jeder darf glauben, was er will. Aber wenn Glaube beginnt, Wissen zu verneinen, verkommt er zu einer destruktiven Ideologie.
Diskussionen unter Andersdenkenden sind bestenfalls interessant, aber - wie oben begründet - meistens ergebnislos und daher nutzlos. Am Ende eines solchen Argumentationsaustauschs gehen die Kontrahenten auseinander, und jeder hat sich die Stellen gemerkt, an denen die eigene Einstellung eine bessere argumentative Untermauerung gebrauchen kann. Mehr nicht.
Unter Gleichdenkenden verstärkt sich die Identifikation mit ihren Wertesystemen bis hin zu Rausch. So entsteht zunächst Fanatismus und später Radikalismus. Das zeigen ausartende СКАЧАТЬ