Die Entführung der MS Hansa Stavanger. Frederik Euskirchen
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Читать онлайн книгу Die Entführung der MS Hansa Stavanger - Frederik Euskirchen страница 8

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      Zum Ende meiner Wache antworte ich, mit ziemlicher Überzeugung, dass wir hier schon heil durchkommen. Zu früh gefreut …

      Kurz nach vier ist meine Wache an den ersten Offizier übergeben und ich gehe auf Kammer. Gegen fünf Uhr schlafe ich ein. Keine vier Stunden später werde ich durch einen Alarm geweckt - ein langer Ton und die Durchsage vom dritten Offizier

      "Vessel under Pirates Attack".

      'Scheiße, das kann doch nicht sein ...', denke ich mir. Während ich mich rasch anziehe, kommt mir für den Bruchteil einer Sekunde der Gedanke, dass es sich um eine Übung handeln könnte.

      Aber nein, die hätte ich ja dann selber vorbereitet und angesetzt - und das habe ich nicht. Eine kurze Zeit später bin ich oben auf der Brücke.

      Zum Zeitpunkt des Angriffs, welcher sich ungefähr gegen 09:00 Uhr einleitete, ist die Brücke mit dem 3. Offizier besetzt. Der Wachmann wurde leider durch die Schiffsführung mit einer anderen Aufgabe betraut.

      Die Vorgänge auf der Brücke bevor ich hochkomme sind mir nicht genau bekannt.

      Aus der Erzählung scheint es sich jedoch so zugetragen zu haben, dass der 3. Offizier das Skiff an Backbord voraus in angeblich bereits 6 nm wahrnahm. Zunächst visuell, dann zur Bestimmung von Peilung und Distanz mit Hilfe des Radars.

      Da das Skiff auf die HS Kurs nahm, änderte er den Kurs ca. 15° nach Steuerbord, das Skiff folgte und nahm Geschwindigkeit auf.

      Kurz darauf wurde sofort Alarm ausgelöst.

      Angeblich wurde noch eine volle Wende nach Steuerbord durchgeführt, was natürlich die Reduzierung der Schiffsgeschwindigkeit zu Folge hatte.

      Man erkennt also, wie wichtig eine frühzeitige Erkennung ist, damit man noch in Ruhe das Schiff wenden kann, ohne Geschwindigkeit zu verlieren.

      Als ich auf die Brücke komme, schaue ich zunächst auf das Radar, wo ich das Skiff nicht entdecken kann und vor allem auch keine Hinweise auf ein Mutterschiff.

      Die Angreifer kann ich wenig später achteraus, leicht an Steuerbord versetzt sehen, ungefähr 1,5 sm entfernt.

      Auf der Brücke befindet sich bereits der 1. Offizier, welchen ich bitte, das AIS einzuschalten, während ich das SSAS aktiviere. Der Kapitän ist ebenfalls schon auf der Brücke und hat die Maschine schon auf voll voraus gelegt. Die Feuerlöschpumpen laufen ebenfalls schon.

      Der 3. Offizier wird runtergeschickt, um die Mannschaft zu mustern, welche sich bereits in der Zitadelle befindet. Allgemein verläuft unsere Reaktion auf den Notfall wie geplant.

      Meine Aufgabe ist hauptsächlich die Kommunikation mit den zuständigen Behörden.

      Ich schicke einen Notruf über Funk und ein vorbereitetes Telex an UKMTO und rufe diese auch mittels Satellitentelefon an. Mit UKMTO telefoniere ich die meiste Zeit über. Neben reichlich Fragen wie Anzahl der Skiffs und Piraten, Beschaffenheit des Skiffs, sichtliche Bewaffnung und Ausrüstung, welche aus empirischen Gründen gestellt werden, gibt man uns stets hilfreiche Anweisungen. Regelmäßig wird nach der Lage des Skiffs, Geschwindigkeit des Schiffes und der Möglichkeit, evtl. in See und Schwell zu drehen, gefragt. Entsprechend unseren Antworten werden dann Anweisungen und Ratschläge gegeben.

      Je nach Situation, immerhin sind wir zwischenzeitlich unter Beschuss, kann ich dies an den Kapitän weitergeben oder selbst durchführen.

      Hauptsächlich beinhalten die Anweisungen die Standardmanöver wie Zickzack-Kurs und versuchtes Abdrängen des Skiffs. Besonders hilfreich ist UKMTO, da es einen auch über den richtigen Zeitpunkt der Einleitung des Manövers berät. Eine ruhige und detaillierte Beschreibung der Situation an Bord ist daher sehr wichtig.

      Nur eine Sache kann man UKMTO ankreiden. Keine neunzig Seemeilen von der HS befindet sich ein deutsches Marineschiff der Atalanta-Mission, das bereits in der Nacht bei uns ist.

      Auf meine Nachfrage bezüglich Marinekräfte sagt mir UKMTO, das nächste Fahrzeug sei mehr als 600 sm entfernt. Das Wissen um unsere Fregatte hätte unser Verhalten nach der Kaperung um einiges verändert.

      Zurück auf die Brücke:

      Die Kommunikation durchgehend zu besetzen und neben dem Rudergänger auch einen weiteren Offizier dem Kapitän zur Seite zu stellen halte ich für das Sinnvollste.

      In der Zeit während des Angriffs bis hin zur Kaperung hat sich dieses System als durchaus effektiv gezeigt. Jeder kann sich auf seine Aufgabe konzentrieren, sei es Rudergehen, Beobachten des Skiffs, Manövrieren oder die Kommunikation.

      Insgesamt wurde das Skiff zweimal erfolgreich abgedrängt, beim dritten Mal gelingt dies nicht. Hier eine detaillierte Beschreibung.

      Die erste Attacke kommt von Steuerbord aus. Unsere Geschwindigkeit zu diesem Zeitpunkt ist um die 18 bis 19 kn. Während das Skiff immer näher kommt und wir genaue Anweisungen von UKMTO bekommen, die ich weitergebe, hopst der Kapitän wie aufgedreht um mich herum und versucht aus dem Fenster Fotos zu machen. Die Anweisungen rufe ich an ihm vorbei, Jack, der Rudergänger bekommt sie auch so mit. Wir fangen an, je näher sie kommen, Zickzack-Manöver durchzuführen. Als der Kapitän das mitbekommt, unterstützt er unser Vorhaben lautstark: “Ja sehr gut, machst Du weiter so!” während er weiter Fotos macht. Es reicht langsam, ein oder zwei Fotos sind doch genug, wenn wir uns nicht konzentrieren, sind die Fotos sowieso nutzlos – so ist es auch, die Kamera haben jetzt die Piraten.

      Bald wird unser Hobbyfotograf unschön zur Raison gebracht.

      Während ich aus dem Fenster nach dem Skiff schaue, das sich fast schon querab befindet, sehe ich noch, dass einer der Piraten uns mit einer Handbewegung zum Stoppen auffordert. Kurz, nachdem ich mich abwende, höre ich den 1. Offizier meine Befürchtungen bestätigen – sie feuern mit einer RPG. Einen knappen Moment später kann man den Einschlag hören, es war an der Steuerbordseite zwei Decks unter der Brücke, der Feueralarm ertönt umgehend.

      Dem Raketenbeschuss folgen noch Schnellfeuersalven. Während ich noch das Telefon in der Hand habe und mich, soweit das Kabel es zulässt, möglichst weit in Richtung Brückenmitte auf den Boden lege, hat sich auch der Rest der Brückenmannschaft auf den Boden geworfen. Immerhin wird mit den AKs auch in Richtung Brücke gefeuert. Schon während der Warnung des 1. Offiziers suchen wir Deckung, wobei das Ruder nicht besetzt ist. Das Schiff nun einfach weiterfahren zu lassen, würde es den Piraten zu einfach machen, mit ihrem bevorstehenden Boardingversuch.

      Daher melde ich mich kurz von UKMTO ab und verlasse die Kommunikationsecke, um das Ruder zunächst auf Knien nach Steuerbord zu legen und das nötige Manöver selber durchzuführen.

      Dabei ist es allerdings nötig, das Skiff zu sehen. Ich stehe auf. Da ich von meinem Standpunkt das Skiff nicht mehr sehen konnte, wusste ich, dass sie weit genug vorne sind, um das empfohlene Hart-Steuerbord-Manöver durchzuführen. Sinn ist es, das Skiff abzudrängen. Hätten sie also weiter hinten am Heck angegriffen, hätte ich das Ruder in die andere Richtung legen müssen.

      Die Position des Skiffs ungefähr im Auge zu behalten ist daher sehr wichtig.

      Dieser Angriff wird letztendlich abgebrochen, wir lassen das Schiff ausdrehen und fahren weiter, in der Hoffnung, dass sie aufgeben. Auch der Offizier von UKMTO gratuliert schon: ”Yeah, well done! Great! Taff man!”

      Doch СКАЧАТЬ