Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller. Alfred Bekker
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Название: Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller

Автор: Alfred Bekker

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Extra Spannung

isbn: 9783742794581

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СКАЧАТЬ der Grund gewesen. Nein sie waren einfach zu jung gewesen. Und worüber hätte man denn sprechen sollen und können? Der Wehrdienst war einige Zeit ein Thema gewesen, und die meistern seiner Freunde waren entschlossen, den Wehrdienst zu verweigern, weil sie sich als Pazifisten verstanden hatten. Aber als sie herausfanden, dass die meisten damals noch gar nicht eingezogen, ja, nicht einmal gemustert wurden, weil es noch nicht genug Kasernen und Ausbilder gab, vergaß man die Bundeswehr erst einmal. Sie waren politisch indifferent gewesen. Ihnen war nicht bewusst geworden, was um sie herum an Veränderungen geschah. Ihre Lehrer hatten heikle Themen ausgespart. Im Geschichtsunterricht wurden die alten Griechen und Römer sehr ausgiebig behandelt, ihre Staatsformen, ihre Theorien zur Demokratie. Von der Gegenwart hielt man sich weit entfernt, man kam nicht einmal in der Oberstufe näher als bis auf fünfzig Jahre an sie heran.

      Die DDR war ohnehin kein Thema, über das man sprach. Es gab auch kaum einen Grund, über sie zu sprechen, jedenfalls nicht für die jungen Leute. Es bestand nicht der geringste Zweifel daran, dass dieser Staat zu Unrecht bestand, dass er gar keiner war, und niemand zweifelte daran, dass die Politiker in Bonn die Wiedervereinigung sehr ernsthaft betrieben. Das Regime, davon war man überzeugt, würde zusammenbrechen, wenn die Russen irgendwie gezwungen würden, ihre schützende Hand von ihm abzuziehen.

      Als Jochen ihm dann eröffnete, er wolle nach drüben gehen, das Wort DDR hatte sich im Sprachgebrauch noch lange nicht eingebürgert, man sagte noch Ostzone oder Zone, war er einige Zeit fassungslos gewesen. In die Ostzone ging man doch nicht...

      Schaake versuchte, die Erinnerung an das Gespräch aus der Versenkung heraufzubeschwören. Jochens Mutter war erst zwei Wochen tot, und Jochen hatte jeden Tag ihr Grab besucht. In der Zeit war er immer verschlossener geworden. In der Nacht, als Jochens Mutter gestorben war, hatte Volker Schaakes Vater Jochen vom Krankenhaus abgeholt und ihn einfach mitgebracht. Sie bewohnten damals eine große Dienstvilla, wo sie Platz genug hatten. Es hatte sich dann einfach ergeben, dass Jochen bei ihnen blieb, und das Vormundschaftsgericht hatte seine Einwilligung gegeben.

      An jenem Abend waren sie zusammen zum Friedhof gegangen. Jochen und er hatten lange auf der Bank gesessen und auf den Hügel gestarrt, bis die Dämmerung die Farben der Blumen verschwimmen ließ. Im Dunkeln hatte Jochen dann von seinem Onkel erzählt, der drüben lebte und dem es ganz gut ginge, und der ihm geschrieben und ihm angeboten hätte, herüberzukommen und dort zu studieren. Das Land brauche junge Männer, die bereit seien, etwas zu leisten und sich der Herausforderung für eine neue Gesellschaft zu stellen.

      So etwa hatte Jochen es dargestellt. Hatte sein Entschluss, in die DDR zu gehen, da schon festgestanden? Oder gab es etwa ein Schlüsselerlebnis, etwas, das den Entschluss ausgelöst hatte, oder ihn endgültig werden ließ? Oder hatte es mit Jutta zu tun? Jochen wusste genau, dass er von ihren Eltern niemals akzeptiert werden würde. Hatte er ihr einen Konflikt ersparen wollen? Und hatte er ihr außerdem die Entscheidung zwischen ihm und Rainer abnehmen wollen?

      Waren Mädchen damals schon so wichtig für sie gewesen? Für sie alle hatte doch der Sport ganz oben gestanden. Jochen trainierte Leichtathletik, doch nach dem Tod seiner Mutter stellte er das Training ein. Von heute auf morgen.

      Rainer war Turner gewesen. Bei den Schulmeisterschaften und den Wittekindsbergfesten holte er regelmäßig die meisten Punkte. Er, Volker, gehörte der Fechtriege an, aber auch in den Langlaufdisziplinen und im Schwimmen brachte er es zu sehr guten Leistungen. Weil er als Kind schon geritten war, rieten ihm später Sportlehrer und Trainer, doch systematisch auf modernen Fünfkampf zu trainieren. So hatte er, als er sein Studium in Aachen aufnahm, mit der Schnellfeuerpistole zu schießen begonnen.

      Ihre Tage damals waren ausgefüllt gewesen, aber Hektik hatten sie deshalb nicht gekannt. Schaake erinnerte sich, dass er und Jochen eine große Leidenschaft geteilt hatten – sie waren Kinonarren gewesen. Besonders Western hatten es ihnen angetan. Sie hatten keinen ausgelassen. Als sie noch jünger waren, hatten sie sich sogar hin und wieder in das englische Soldatenkino am Markt geschmuggelt.

      Schaake lächelte. Als seine Augen zu brennen begannen, verstaute er die Fotos in seiner Brieftasche. Er sollte sie eigentlich verstecken, überlegte er, aber ihm fiel kein geeigneter Ort ein. Deshalb zog er es vor, sie bei sich zu tragen.

      Als er den Schlafanzug aus seinem Koffer holte, fiel ihm der Trainingsanzug in die Hände, und er schüttelte amüsiert den Kopf, weil Heike daran gedacht hatte, ihn einzupacken. Auch seine Laufschuhe steckten in der Tüte im Koffer.

      Er nahm sich vor, morgen Abend zehn Kilometer zu laufen. Beim Laufen konnte er am besten Spannungen abbauen. Er hatte das Gefühl, dass sich einiges aufgestaut hatte.

      VII

      Georg sah an ihm vorbei, als er die Wohnung betrat.

      »Guten Morgen, Georg«, sagte Schaake laut. »Schlecht gelaunt? Oder dicke Luft?«

      Georg wandte sich wortlos um und öffnete die Tür zum Büro. Dort saßen Mehrländer und Urbach. Beide machten ernste, beinahe ärgerliche, Gesichter.

      »Morgen«, grüßte Schaake.

      »Haben Sie meine Nachricht nicht erhalten?«, fragte Mehrländer.

      »Es war zu spät, als ich zurückkam. Und außerdem kannte ich die Telefonnummer nicht.«

      Mehrländer gab Georg einen Wink. Der schrieb die Nummer auf einen Zettel, den er Schaake gab. Schaake wollte das Blatt einstecken, aber Urbach sagte scharf: »Stopp!«

      Mehrländer sagte: »Lernen Sie die Nummer auswendig. In unserem Geschäft trägt man nichts Geschriebenes mit sich herum, jedenfalls nicht ohne triftigen Grund.«

      »Weshalb wollten Sie mich sprechen?«

      »Ich wollte mit Ihnen zu Abend essen. – Wo waren Sie?«

      Schaake wurde wütend. Er wollte irgendetwas Kerniges sagen, aber er konnte die berechnenden, misstrauischen, abwägenden Blicke nicht mehr ertragen, und plötzlich hasste er auch Mehrländers Gesicht mit den hängenden Wangen und der wächsernen Haut. Sie waren alle kalt und gefühllos. Er betrachtete Mehrländers Hände, die groß und klumpig auf dem Tisch lagen. Unter der fleckigen Haut traten die Venen dick und blau hervor.

      Er wollte lügen, irgendetwas erfinden. Er sei spazieren gegangen, habe einen Kneipenbummel unternommen, sei im Kino gewesen. Oder einfach sagen: Das geht Sie nichts an.

      Er spürte die feindselige Haltung der Männer, und er wollte sie nicht unnötig reizen.

      »Ich habe meine Mutter besucht«, sagte er.

      In den Augenpaaren veränderte sich nichts. Unverwandt starrten sie ihn an, als hätten sie eins ihrer Opfer vor sich.

      »Verdammt, ich sehe nicht ein, weshalb ich mir meine Freizeit nicht einteilen kann, wie ich will!« Er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme laut wurde.

      »Was wollten Sie bei Ihrer Mutter?«, fragte Mehrländer.

      »Sie besuchen, nichts sonst. Ich habe sie seit Mai nicht mehr gesehen. Ich war nur drei Stunden bei ihr. Ich wurde weder verfolgt, noch habe ich Geheimnisse ausgeplaudert.« Er kniff die Lider zusammen. Wurde er etwa beobachtet? Observiert, beschattet? Hatte man einen Peilsender in den BMW gebaut und ihn trotzdem verloren? Er sah Gespenster. Das Misstrauen steckte an.

      »Von jetzt an teilen Sie uns mit, was Sie unternehmen wollen, und wo Sie Ihre Zeit zu verbringen gedenken.«

      Schaake sah Mehrländer СКАЧАТЬ