Название: Robert Louis Stevenson - Gesammelte Werke
Автор: Robert Louis Stevenson
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783746750095
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»Richtig!« rief Silver, jetzt ganz aufgeregt. »Pew! Das war sein Name. Ganz gewiß! Ah – der Kerl sah wie ein Haifisch aus, wahrhaftig! Aber wenn wir diesen Schwarzen Hund zu fassen kriegen, na, da wird aber Kapitän Trelawney Augen machen! Ben ist ein guter Läufer – da sind wenig Seeleute, die besser laufen können als Ben. Der muß ihn einholen, Hand über Hand, Gottverdammich! Von Kielholen sprach er? Ach nee! Na, den will ich kielholen!«
Die ganze Zeit über, während er diese Sätze hervorstieß, humpelte er auf seiner Krücke in der Schenkstube herum, schlug alle Augenblicke mit der flachen Hand auf einen Tisch und war offenbar so aufgeregt, daß er einen Richter in Old Bailey oder einen Polizisten von Bow Street von seiner Unschuld überzeugt haben würde. Mein Verdacht war wieder rege geworden, als ich den Schwarzen Hund im »Fernrohr« wiedergefunden hatte, und ich beobachtete den Schiffskoch sehr scharf. Aber er war für mich ein zu fixer Schauspieler und ein zu abgefeimter Schlaukopf, und als nach einiger Zeit die beiden Matrosen ganz außer Atem zurückkamen und meldeten, sie hätten in einem Gedränge die Spur verloren und wären selber für Spitzbuben ausgescholten worden, da hätte ich mich ohne Bedenken für Long John Silvers Unschuld verbürgt.
»Sieh mal, Hawkins,« sagte er zu mir, »es ist doch ein verdammt hartes Ding für einen Mann wie mich, wenn so was passiert – nicht wahr? Da ist Käpp'n Trelawney – was soll der davon denken? Hier sitzt der verdammte Sohn von einem Holländer in meinem eigenen Haus und trinkt von meinem eigenen Rum! Hier kommst du zu mir rein und sagst mir's gerade auf den Kopf zu! Und hier lasse ich ihn vor meinen eigenen Augen uns allen durch die Lappen gehen! Na, Hawkins, tu mir den Gefallen und stelle dem Käpp'n die Geschichte ins richtige Licht! Du bist ja man ein Junge, das ist richtig, aber du bist helle wie 'n Dreierlicht. Das hab ich gleich gesehen, als du in die Tür kamst. Na, die Sache ist doch so: was konnte ich denn tun, mit diesem alten Stück Holz, worauf ich rumhumple? Als ich noch ein kriegstüchtiger Sergeant bei den Seesoldaten war, da hätte ich ihn bald beim Wickel gehabt, und da hätte er meine Fäuste kennengelernt; aber jetzt –«
Plötzlich schwieg er und sein Unterkiefer fiel herunter, wie wenn ihm auf einmal etwas eingefallen wäre.
»Die Zeche!« rief er: »Drei Lagen Rum! Herrjemine, Gottverdammich – hab' ich richtig die Zeche vergessen!«
Und er fiel auf eine Bank und lachte, daß ihm die Tränen über die Backen liefen. Unwillkürlich mußte ich mitlachen, und so lachten wir beide, immer von frischem, daß die ganze Schenkstube dröhnte.
»Herrgott nochmal, was für ein großartiges Seekalb ich bin!« sagte er und wischte sich die Backen ab. »Du und ich, wir zwei beiden müssen uns gut vertragen, Hawkins – denn, meiner Seel, ich habe mich benommen wie ein Schiffsjunge! Aber hör' mal, wir wollen uns fertig machen; ich gehe mit dir. So geht das nicht. Pflicht ist Pflicht, Kameraden! Ich will meinen alten Dreispitz aufsetzen und mit dir zu Käpp'n Trelawney gehen und diese Geschichte von dem Schwarzen Hund melden. Denn sieh mal, jung Hawkins, die Geschichte ist ernst, und wir beiden haben da nicht gerade gut abgeschnitten, wie ich wohl sagen darf. Der Meinung bist du auch, sagst du? Nein, helle waren wir nicht – helle waren wir alle beide nicht. Aber hol' der Teufel meine Knöpfe! Der Streich mit meiner Zeche, der war nicht schlecht!«
Und er begann wieder zu lachen, und zwar so von ganzem Herzen, daß ich wieder in seine Heiterkeit einstimmen mußte, damit er nur nicht glauben möchte, ich hätte den Witz nicht ebensogut verstanden wie er.
Auf unserem kleinen Spaziergang die Kajen entlang zeigte er sich als ein sehr unterhaltsamer Gesellschafter; er erzählte mir allerlei über die verschiedenen Schiffe, an denen wir vorüberkamen: über ihre Takelungen, ihre Nationalität, ihren Tonnengehalt; wie das eine Schiff abgeladen werde, jenes andere Ladung einnehme, ein drittes sich seefertig mache. Und dabei erzählte er ab und zu eine kleine Geschichte von Schiffen oder Schiffern, oder wiederholte einen Seemannsausdruck so lange, bis ich ihn vollkommen richtig sagen konnte. Ich begann zu sehen, daß dieser Mann einer von den besten Schiffsmaaten war, die einer finden konnte.
Als wir in den Gasthof kamen, saßen der Squire und Dr. Livesey beisammen und tranken einen Topf Bitterbier mit einer gerösteten Brotscheibe drin, um sich etwas zu stärken, bevor sie an Bord des Schoners gingen, den sie besichtigen wollten.
Long John erzählte die Geschichte vom Schwarzen Hund von Anfang bis zu Ende – sehr lebhaft und vollkommen der Wahrheit gemäß.
»Ja, so war es; nicht wahr, so war es, Hawkins?« sagte er alle Augenblicke, und ich konnte ihm jedesmal bestätigen, daß es wirklich so gewesen war.
Die beiden Herren bedauerten, daß der Schwarze Hund entwischt war; aber wir waren alle derselben Meinung: nämlich, daß dabei dann eben nichts mehr zu machen sei; und nachdem die Herren ihm ihre Zufriedenheit ausgesprochen hatten, nahm Long John wieder seine Krücke unter die Achsel und empfahl sich.
»Und heute nachmittag um vier alle Mann an Bord!« rief der Squire ihm nach.
»Jawoll, Herr!« rief der Koch vom Gang zurück.
»Na, Squire,« sagte Dr. Livesey, »ich habe im allgemeinen nicht viel Vertrauen zu Ihren Entdeckungen; aber das will ich Ihnen sagen, dieser John Silver gefällt mir.«
»Der Mann ist einfach großartig!« erklärte der Squire eifrig.
»Und nun,« fuhr der Doktor fort, »darf Jim wohl mit uns an Bord kommen – nicht wahr?«
»Natürlich darf er das,« sagte der Squire. »Nimm deinen Hut – wir wollen uns das Schiff besehen.«
Neuntes KapitelPulver und Waffen
Die Hispaniola lag ein ziemliches Stück draußen, und wir kamen unter dem Bugspriet und hinter dem Heck so manches anderen Schiffes vorbei; manchmal berührte der Kiel unseres Bootes ihre Ankertaue, und manchmal fuhren wir unter solchen durch. Schließlich aber lagen wir neben dem Schoner und wurden, als wir an Bord kamen, vom Steuermann, Herrn Arrow, empfangen und begrüßt – einem braun gebrannten alten Schiffer, mit Ringen in den Ohren und mit einem schielenden Auge. Der Squire und er waren offenbar gute Freunde; ich bemerkte jedoch bald, daß zwischen Herrn Trelawney und dem Kapitän nicht das gleiche Verhältnis bestand.
Der Kapitän war ein Mann mit scharfem Blick, der mit allem an Bord unzufrieden zu sein schien, was er uns übrigens bald selber sagen sollte, denn wir waren kaum in die Kajüte hinuntergegangen, so folgte uns ein Matrose und sagte:
»Käpp'n Smollett, Herr, wünscht mit Ihnen zu sprechen.«
»Ich stehe dem Kapitän stets zu Diensten. Laßt ihn hereinkommen,« sagte der Squire.
Der Kapitän, der seinem Boten gefolgt war, trat sofort ein und machte die Tür hinter sich zu. »Nun, Käpp'n Smollett, was haben Sie zu sagen? Es ist doch alles in Ordnung, hoffe ich: alles schiffsgemäß und seefertig?«
»Tscha, tscha, Herr,« sagte der Kapitän, »ich glaube, es ist wohl besser, wenn ich ganz offen spreche, selbst auf die Gefahr hin, daß Sie mir das übelnehmen. Mir gefällt diese Kreuzerfahrt nicht; mir gefallen die Leute nicht; und mir gefällt mein Steuermann nicht. Das ist kurz und bündig.«
»Vielleicht, Herr, gefällt Ihnen auch das Schiff nicht?« fragte der Squire, sehr ärgerlich, wie ich sehen konnte.
»Darüber kann ich nichts sagen, Herr, denn ich habe den Schoner noch nicht versucht,« sagte der Kapitän. »Er scheint ein schneidiges Schiff zu sein, mehr kann ich nicht sagen.«
»Vielleicht, СКАЧАТЬ