Название: Tara - Die Reise zum Ich
Автор: Anjana Gill
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783745000252
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die Vereinigung mit der göttlichen
Quelle anzustreben
(Swami Vivekananda)
Das war ein Zeichen! Das konnte nur ein Zeichen sein!
Einen Moment lang hatte ich das Gefühl, Gurudschi wäre hier im Raum.
Ich musste zu ihm. Unbedingt!
Und zwar sofort!
Zum ersten Mal in meinem Leben ließ ich alles stehen und liegen. Verantwortung hin, Verantwortung her.
Sollte sich mein ausgeprägtes Pflichtbewusstsein jetzt eben mal hinten anstellen. Ich wollte und musste Gurudschi wiedersehen.
Schnell fuhr ich zum Fluss und lief am Ufer entlang bis zum Fähranleger. Aber dort war nichts. Keine Fähre und erst recht kein Floß. Unendliche Traurigkeit überfiel mich. Wo konnte ich Gurudschi finden. Wo sollte ich nach ihm suchen? Eine Weile starrte ich vor mich hin und überlegte, was ich tun sollte. Da bemerkte ich plötzlich die Fähre, die am Steg anlegte. Wie in Trance, ohne nachzudenken, ging ich den Steg hinab und betrat die Fähre und jauchzte vor Freude auf: Gurudschi war da! Ich befand mich wieder auf dem Floß. Was war das? War das Zauberei?
Aber es war mir in diesem Moment total egal. Hauptsache, mein weiser Inder war wieder da.
Gurudschi lächelte mich voller Liebe an, und dieses Mal fühlte ich, dass der ganze Raum von seinem Frieden und seiner Liebe durchdrungen war.
Ich setzte mich wieder auf das freie gelbe Kissen, mein Kissen, und Gurudschi reichte mir eine Tasse von dem duftenden Ingwertee:
„Schön, dass du da bist, Tara.“
Ich schaute in seine Lotusaugen, und mein Herz hüpfte vor Freude.
„Nun“, begann Gurudschi unser Gespräch, „wir werden gemeinsam eine Reise machen, eine Entdeckungsreise in die verborgensten Ecken und Winkel deines Geistes. Du wirst dich befreien von Meinungen, Vorurteilen und gedanklichen Festlegungen, mit denen du dich im Laufe deines Lebens belastet hast. Der alte Hausrat kommt weg. Wir werden beginnen, als ob wir nichts wüssten.“
„Gurudschi, du hast mich doch gefragt, wann ich richtig glücklich bin. Ich weiß es jetzt. Wenn ich hier bin. Ja, wenn ich hier auf deinem Floß bei dir bin, dann bin ich richtig glücklich.“ Ich schaute ihn liebevoll an.
„Das ist schön. Nun hast du schon eine Vorstellung davon bekommen, was tiefes Glück ist.
Dieses Glück kannst du immer in dir tragen. Dieses Glück kommt aus deiner Seele, Tara. Alles, was du tun musst, ist, dich auf deine Seele einzustimmen!“
„Was ist denn die Seele eigentlich genau?“, fragte ich vorsichtig, denn, ehrlich gesagt, wusste ich es in letzter Konsequenz nicht.
„Im Abendland herrscht die Meinung vor, dass der Mensch sein Körper ist und er einen Geist hat. Das ist so nicht ganz richtig. Im Gegenteil: Es ist genau umgekehrt:
Der Mensch ist eine Seele, und er hat einen Körper.
Die Essenz von uns Menschen ist unsere Seele. Unser Körper ist nur unser Werkzeug. Unser Körper ist quasi das Vehikel, das uns durch das Leben fährt.
Ein Kind wird geboren – es ist eins mit seiner Seele. Aber dann kommen die Menschen. Die materiellen Dinge beginnen, an Bedeutung zu gewinnen. Wie die Schalen einer Zwiebel wickeln sie sich um den Menschen und nehmen seinen bewussten Geist, seinen Verstand, in Anspruch – Haus, Besitz, Reichtum. Die Seele, der unbewusste Geist, droht von diesen Hüllen erstickt zu werden.
Der Mensch lebt wie ein Gefangener in seinem Körper. Wer nur seinen Körper liebt, der liebt sein eigenes Gefängnis. Aber wir sind nicht nur unser Körper. Wir sind grenzenlos. Das Geheimnis des Glücks ist, sich nicht zu begrenzen und sich seiner Seele bewusst zu werden.“
Ich hing wie gebannt an seinen Lippen und wollte jedes Wort aus seinem Mund aufnehmen.
All’ unsere egoistischen Triebfedern,
all unsere persönlichen Wünsche verdunkeln
die wahre Sicht auf unsere Seele,
weil sie nur auf unser eigenes erbärmliches
Ich hinweisen.
Wenn wir uns unserer Seele bewusst sind,
nehmen wir das innere Wesen wahr, das über
unser Ego hinausgeht und die tiefsten
Verbindungen zum Ganzen besitzt.
Diesen tiefsinnigen Spruch hat der indische Dichter und Denker Rabindranat Tagore geschaffen. Kannst du seine Bedeutung erahnen und erkennen?“
Ich nickte eifrig. Aber konnte ich das wirklich?
Gurudschi machte eine Pause. Er wirkte tief in sich versunken, aber auf einmal strahlte er mich wieder an.
„Vielleicht ist das alles ein wenig zu viel für dich, meine liebe Tara.“
„Nein, nein“, widersprach ich erschrocken. Ich wollte hier bleiben und eintauchen in diese neue Welt.
„So warst du schon als kleines Mädchen, Tara. Schon immer neigtest du zu Übertreibungen, egal, ob bei der Arbeit oder beim Lernen. Deine Mutter hatte immer ihre liebe Mühe, dich von dem, womit du gerade beschäftigt warst, loszureißen.“
Ja, das stimmte. Aber woher wusste Gurudschi nun auch noch Dinge aus meiner Kindheit?
Statt wie sonst auf meine Gedanken zu antworten, lächelte er mich nur geheimnisvoll an. Ich wollte ihn gerade danach fragen, als er sagte: „Später, Tara! Später.“
„Nun weihe ich dich erst einmal in die Geheimnisse der Stille und der Ruhe ein.
Das Wichtigste, was du lernen musst, ist, nicht ständig die Geschwindigkeit deines Lebens zu erhöhen.
Der erste Schritt dahin ist zu lernen, in die Stille und in die Ruhe zu gehen. Denn diese beiden sind deine Eintrittskarten in dein herrliches und glückliches Leben.“
Gurudschi reichte mir einen Zettel mit einem Spruch:
Stille ist ein großer Segen,
sie reinigt das Gehirn, gibt ihm Vitalität.
Und diese Stille erzeugt große Energie,
nicht nur Energie des Denkens oder die Energie
von Maschinen, sondern unverdorbene Energie,
die unermessliche Kräfte und Fähigkeiten hat.
Dies ist der Ort, wo das Gehirn, das sehr aktiv ist, still sein kann. Eben diese intensive Aktivität
des Gehirns hat die Eigenschaft und die СКАЧАТЬ