Название: Der viereckige Smaragd
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752947540
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»Ich glaube, ich kenne Sie – Sie sind Peter Dawlish.«
Der abgerissene Mann lüftete seinen Hut mit ironischer Höflichkeit.
»Da sieht man, wie berühmt man ist«, sagte er sarkastisch. »Sie sind Mr. Coldwell – das Erkennen ist gegenseitig. Und da ich mich nun hoffnungslos selbst belastet habe, nehme ich an, daß Sie den nächsten Polizisten anrufen, um mich zu verhaften und so vor allen Versuchungen zu bewahren.«
»Wann sind Sie aus dem Gefängnis gekommen?« fragte Coldwell.
Leslie hörte bestürzt zu. Noch vor einer Viertelstunde hatte sie über diesen Mann gesprochen, und sie hatte den ganzen Nachmittag an seinen Fall denken müssen. Ihn nun hier an diesem windigen Platz zu treffen, gerade ihn unter den Millionen Menschen in London, erschien ihr mehr als ein bloßer Zufall. Es war Schicksal.
»Mr. Dawlish, Sie werden es nicht glauben, wenn ich Ihnen jetzt sage, daß Sie gerade der Mann in London sind, dem ich gerne begegnen wollte. Ich habe erst heute erfahren, daß Sie entlassen sind. Könnten Sie mich noch heute Abend besuchen?«
Peter lächelte.
»Die Einladungen kommen schneller und zahlreicher als ich dachte«, sagte er halb zu sich selbst. »Vor zehn Minuten erhielt ich erst eine Aufforderung, zu einer Herberge der Heilsarmee mitzukommen. Glauben Sie mir –«
»Mr. Dawlish« – Leslie sprach sehr ruhig, aber sehr deutlich –, »Sie bemitleiden sich selbst, nicht wahr?«
Sie sah nicht, daß er rot wurde.
»Ja, Sie haben recht«, erwiderte er rau. »Aber ein Mann in meiner Lage ist berechtigt –«
»Dazu hat ein Mann unter keinen Umständen ein Recht. Hier ist meine Karte.«
Sie hatte ihre Handtasche geöffnet, und er nahm die Karte aus ihrer Hand. Er mußte sie dicht an die Augen halten, um in dem schlechten Licht einer entfernten Straßenlaterne lesen zu können.
»Wollen Sie mich um halb elf aufsuchen? Ich werde Ihnen kein Geld anbieten, ich will Ihnen auch keine Arbeit verschaffen wie Holz zerkleinern oder Abfallpapier sortieren – ich möchte aus einem viel wichtigeren Grund mit Ihnen sprechen.«
Er las Name und Adresse aufs neue und runzelte die Stirn.
»Ja – nun gut – wenn Sie es wünschen.«
Er wurde plötzlich merkwürdig verlegen und ungemütlich. Sie erkannte sofort den Umschwung in seinem Verhalten und in seinem Ton.
»Es tut mir leid, daß ich wie eine Vogelscheuche aussehe – das macht Ihnen wohl nichts aus?«
»Nein«, entgegnete sie und hielt ihm die Hand hin.
Er zögerte eine Sekunde, dann schlug er ein. Sie fühlte, wie hart seine Hand war, und es überkam sie ein schmerzliches Gefühl, als sie daran dachte, was diese Schwielen bedeuteten. Im nächsten Augenblick war sie wieder an der Seite Mr. Coldwells, der auf sie gewartet hatte. Peter Dawlish sah ihnen nach, bis sie außer Sicht waren, dann wandte er sich nachdenklich um und ging langsam nach Blackfriars zu.
»Ich weiß ja, wie klein die Welt ist«, begann Coldwell, der noch immer seinen zusammengerollten Regenschirm umherwirbelte. »Aber ich wußte noch nicht, daß das auch für London zutrifft. Peter! Es sind Jahre vergangen, seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Vor fünf Jahren war er ein Nichtsnutz.«
»Glauben Sie wirklich, daß er die Fälschung begangen hat?«
»Ein Schwurgericht seiner Landsleute hat ihn verurteilt«, erwiderte Mr. Coldwell vorsichtig, »und Schwurgerichte haben im allgemeinen recht. Nach allem, was ich weiß, brauchte er das Geld. Sein Vater war ein alter Geizhals, und man kann nicht auf großem Fuß leben und hübsche junge Damen nach New York begleiten, wenn man nur zweihundertfünfzig Pfund im Jahr verdient. Er hat die Sache auch zu dumm angestellt. Wenn er nicht ausgerechnet damals drei Monate Urlaub genommen hätte, wäre der Betrug nie entdeckt worden.«
»Wer war sie denn?« fragte Leslie.
»Ich weiß es nicht. Die Polizei hat vergeblich versucht, die Frau ausfindig zu machen. Peter hat ausgesagt, daß sie eine Statistin von der Pariser Oper gewesen sei. Er war gerade nicht sehr stolz darüber.«
Leslie seufzte.
»Alles Böse kommt von den Frauen«, sagte sie.
»Je nachdem«, meinte Mr. Coldwell und drehte an seinem grauen Schnurrbart.
In der Nähe des düsteren Eingangs von Scotland Yard blieb er stehen und stellte sich breit vor sie hin.
»Vielleicht werden Sie jetzt nicht mehr so geheimnisvoll tun und mir sagen, warum Sie sich so außerordentlich für Peter Dawlish interessieren, daß Sie in den letzten drei Tagen nur von ihm gesprochen haben?«
Sie schaute ihm fest in die Augen.
»Weil ich weiß, warum Peter Dawlish morden und wen er umbringen will.«
»Selbstverständlich Druze, das kann das kleinste Kind vermuten. Und er wird ihn ermorden, weil er davon überzeugt ist, daß Druzes Zeugenaussage ihn ins Gefängnis gebracht hat.«
In Leslies Lächeln lag selbstbewußte Überlegenheit.
»Sie irren – Druze wird sterben, weil er Kinder nicht liebt!«
Mr. Coldwell starrte sie nur verwundert an.
4
Ich möchte diese Sache richtig verstehen«, sagte er dann langsam. »Wenn Druze getötet wird, so sollte es aus dem Grund sein, weil er keine Kinder liebt?«
Leslie Maughan nickte.
»Ich weiß, daß Sie Geheimnisse nicht leiden mögen – kein Mensch in Scotland Yard liebt Unklarheiten. Eines Tages werde ich Ihnen erklären, was ich damit sagen will. Können Sie sich daran erinnern, daß Sie mir im vorigen Sommer Urlaub gaben?«
Mr. Coldwell besann sich sehr gut darauf.
»Ich bin damals nach Cumberland gegangen, um ein wenig umherzustreifen. Um keinen Preis wollte ich daran erinnert werden, daß es eine Stelle in der Welt gibt, die Scotland Yard heißt, aber ich habe nun einmal diese Veranlagung, alles zu durchstöbern und zu erforschen. Eines Tages kam ich durch ein kleines Dorf und fand dort etwas, woraus ich schloß, daß Druze Kinder nicht leiden mag. Und eines Tages wird Peter Dawlish, wenn er es entdecken sollte, ihn deshalb umbringen!«
»Die Sache wird immer geheimnisvoller und rätselhafter«, brummte Coldwell. »Ich fürchte, Sie jagen einem Phantom nach. Das ist nun einmal das Missgeschick aller begeisterten jungen Beamten – womit ich nicht behaupten will, daß Sie schon den Charakter eines Beamten haben.«
Leslie Maughan hatte ihre Karriere bei der Polizei als junge Stenotypistin begonnen. Ihr Vater war der bekannte und berühmte Vizepräsident Maughan, durch dessen Tatkraft und Scharfsinn viele dunkle Verbrechen aufgeklärt werden konnten. Bei seinem Tod hinterließ er seiner Tochter ein großes Vermögen, so daß sie sich nicht um ihren Lebensunterhalt zu kümmern brauchte. Aber sie hatte von ihrem Vater die Begabung СКАЧАТЬ