Die Millionengeschichte. Edgar Wallace
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Название: Die Millionengeschichte

Автор: Edgar Wallace

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752946727

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СКАЧАТЬ viele kleinere, aber vornehme Geschäfte liegen.

      Über einem dieser Läden wohnte Harry Leman. Seine Nichte führte ihm die Wirtschaft, denn obwohl er mehr als acht Millionen Dollar besaß, lebte er einfach, ja beinahe asketisch. Es grenzte fast an Geiz, daß er schon fünf Jahre in einer möblierten Wohnung zugebracht hatte.

      Als John Sands eintrat, lag Leman auf einem Sofa, das nahe am Fenster stand. John Sands war ein so vertrauter Freund, daß er Haus- und Wohnungsschlüssel besaß und zu jeder Zeit freien Zutritt hatte. Das Zimmer war nur durch eine Leselampe mit einem schönen, grünen Seidenschirm erleuchtet. Sie stand auf einem kleinen Tisch in der Nähe des Sofas. Im Kamin brannte ein behagliches Feuer. Leman wandte sich um – er hatte eben aus dem Fenster gesehen – und erhob sich langsam. Er war groß, aber etwas zu hager. Sein schwarzer Anzug war ihm mit der Zeit etwas zu weit geworden, und auch der glatte weiße Kragen ließ darauf schließen, daß der Mann in den letzten Jahren abgenommen haben mußte. Das schmale Gesicht hatte eine bräunliche Färbung. Als einziges Schmuckstück trug er eine große, elegante Goldkette, die von einer Westentasche zur anderen reichte.

      Seine Wäsche war sehr einfach, aber tadellos sauber, und seine Schuhe sahen gut gepflegt aus. Harry Leman putzte sie jeden Morgen selbst. An Größe war er John Sands bei weitem überlegen; selbst jetzt in der gebückten Haltung überragte er ihn. Er nickte nach dem kleinen Büfett an der Wand hinüber. Dort standen auf einem Tablett zwei gefüllte Kristallgläser mit goldbraunem, altem Kognak. Sands reichte seinem Gastgeber ein Glas, das andere trank er selbst mit einem Zug aus. Diese kleine seltsame Zeremonie wiederholte sich jedesmal, wenn sich die beiden trafen.

      »Sie sind heute zehn Minuten zu spät gekommen«, sagte Leman und wischte sich mit dem Taschentuch über den Mund. »Holen Sie die Karten.«

      »Ja. Und ich werde auch Licht machen«, erwiderte Sands und drehte am Schalter.

      Er ging zu einem kleinen Schrank, nahm zwei Pack Karten und einen Anschreibeblock heraus und legte beides auf den Tisch.

      »Warum schauen Sie denn aus dem Fenster? Was interessiert Sie so sehr?« fragte John neugierig, denn die Nacht war dunkel, und man konnte draußen kaum etwas erkennen.

      »Ich beobachte den Zeitungsreporter, der drüben sein Zimmer hat. Ich kann ihn von hier aus sehen. Er ist wieder eifrig an der Arbeit.«

      »Was ist denn das für ein Berichterstatter?« fragte John überrascht.

      Leman räusperte sich.

      »Er hat seine Wohnung gerade mir gegenüber und ist einer der Leute von Holland Brown, dem Besitzer der ›New York Mail‹.«

      »Woher kennen Sie ihn denn?« fragte John gespannt.

      »Er kam heute in meine Wohnung und wollte mich interviewen«, entgegnete der Millionär gleichgültig. »Neugierig sind die Leute ja immer. Er wollte wissen, wann ich nach New York zurückreise, und vor allem, ob es stimmt, daß ich verheiratet sei.«

      Leman lachte laut.

      »Ich glaube, das interessiert die Amerikaner gewaltig«, sagte John, während er die Karten mischte.

      »Ja, die wissen auch nicht, was sie machen sollen«, brummte Leman. »Ich habe allerdings immer im Mittelpunkt des Interesses gestanden. Sehen Sie, Sands, Holland Brown kann es sich unter diesen Umständen leisten, einen Mann nach England zu schicken, der weiter nichts zu tun hat, als mich zu beobachten und über mich zu berichten. Lesen Sie eigentlich amerikanische Blätter? Die sind höchst interessant! Alle Leute schreiben von mir. Die Leser fressen jeden Artikel, den sie über mich finden.«

      »Hat denn der junge Mann drüben nichts anderes zu tun, als nur über Sie zu berichten?« fragte John Sands.

      Der Alte grinste.

      »Ich weiß ebenso viel von ihm wie er von mir. Mit dem nächsten Dampfer fährt er nach New York zurück. Er hat einen ganzen Koffer voll neuer Geschichten über den sonderbaren alten Kauz Harry Leman. Einige habe ich ihm selbst erzählt, einige hat ihm Faith berichtet. Wenigstens nehme ich das an.«

      »Wie kommt denn Faith dazu?« fragte Sands und zog die Augenbrauen hoch. »Sie gestatten doch Ihrer Nichte nicht etwa, daß sie mit einem solchen Mann verkehrt?«

      »Aber warum denn nicht? Sie steht doch gesellschaftlich nicht höher als er. Ich möchte sogar sagen, der Zeitungsmann ist wertvoller als sie. Er verdient sich wenigstens fünfzig Dollar die Woche durch seine Schreiberei, und sie hat gar nichts – und sie wird auch nichts bekommen.«

      »Ziehen Sie eine Karte, damit wir wissen, wer Vorhand hat.«

      Sie spielten Piquet. Harry Leman spielte es schon seit langer Zeit, und dies war eigentlich seine einzige Erholung und Leidenschaft. Ebenso war dieses Spiel auch das Bindeglied zwischen diesen so ungleichen Charakteren, ja, darauf gründete sich überhaupt die merkwürdige Freundschaft zwischen ihnen. John Sands war geradezu ein Meister in diesem Spiel, aber Harry Leman stand ihm kaum nach.

      »Um was spielen wir heute?« fragte er.

      »Um hunderttausend Dollar den Punkt«, erklärte Leman prompt.

      »Das heißt also: einen Cent den Punkt, und einen Dollar für den Rubber, wie gewöhnlich«, erwiderte John ernst und verteilte die Karten. »Wo ist eigentlich Faith?« fragte er dann.

      »Auf ihrem Zimmer. Sie sucht ihre Stimmung zu verbessern.«

      »Sie hat aber auch kein leichtes Leben, Sie machen es ihr zur Hölle.«

      Der Millionär grinste.

      »Ja, sie hofft immer noch, John Sands! Sie hofft, daß ich eines guten Tages sterben und ihr eine Million vermachen werde. Die bilden sich nämlich ein, ich wäre herzkrank und würde bald das Zeitliche segnen. Aber ich denke gar nicht daran!«

      Es klopfte an der Tür.

      »Komm herein!« rief Leman, und das junge Mädchen trat ins Zimmer.

      John erhob sich und reichte ihr die Hand.

      »Hallo, Miss Leman, ich habe Sie ja eine ganze Woche lang nicht gesehen.«

      Er bewunderte Faith Leman. Sie hatte große, graue Augen und eine zarte, schöne Gesichtsfarbe. Er bewunderte auch ihre graziöse Haltung und ihre anmutigen Bewegungen.

      Jeder andere hätte sich über das Verhalten des alten Millionärs seiner schönen und liebenswürdigen Nichte gegenüber gewundert. Aber John Sands hatte nur zu oft diese unangenehmen Szenen erlebt. Der alte Harry Leman runzelte die Stirn, und als er mit ihr sprach, klang seine Stimme rau und abweisend. »Nun, was willst du?«

      Sie war an seine schlechten Stimmungen gewöhnt und kümmerte sich nicht weiter darum.

      »Ich wollte nur fragen, ob ich etwas tun kann für dich.«

      »Nein, ich brauche nichts«, erwiderte der Alte barsch. »Wenn du etwas tun willst, dann geh zu Bett. Ich brauche keine Wärmflasche für die Nacht, und ich kann auch einschlafen, ohne daß du mir das Kissen in den Rücken stopfst oder dich an mein Bett setzt und meine Hand hältst. Ich kenne schon alle die Tricks einer schönen Erbin, die ihren alten, sterbenden Onkel umgarnen will!«

      Sie sah ihn ruhig an, nickte John Sands noch einmal zu und verließ dann das Zimmer.

      »Ich СКАЧАТЬ