Название: Der Mann von Marokko
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752946932
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»Ich freue mich immer, wenn ich einen alten Bekannten aus Marokko treffe«, sagte Jim. »Wollen Sie nicht etwas trinken?«
»Danke, nein. Ich möchte Sie nicht länger aufhalten«, entgegnete der Inspektor und ließ das Kästchen in die Tasche gleiten. »Wenn Sie einmal nach Liverpool kommen sollten, suchen Sie mich doch bitte auf – John L. Kelly.« Er nahm die Hand wieder aus der Tasche. »Sie finden meine Adresse im Telefonbuch – Lime Street 149. Ich habe mich sehr über das Wiedersehen mit Ihnen gefreut.«
James reichte ihm die Hand.
»Aber nebenbei bemerkt«, sagte er plötzlich, als der Detektiv an der Tür stand, »seien Sie doch so liebenswürdig und lassen Sie mir meine Streichhölzer hier – es wäre möglich, daß ich sie brauchte.«
Der Beamte schaute sich entsetzt um.
»Ihre – Ihre Streichhölzer?« stammelte er.
»Ja. Sie stecken in Ihrer rechten Hosentasche, Inspektor«, erwiderte Jim und schaute kaum von dem Buch auf, das er wieder ergriffen hatte.
»Ich habe keine Streichhölzer«, entgegnete Marborne laut.
»Dann geben Sie mir wenigstens die leere Hülle zurück. Wenn Sie Schwierigkeiten machen wollen, gehe ich zur Polizei und erzähle dort einmal verschiedenes über Sie. In der Marylebone Road gibt es einen großen Hehlerladen, und soviel ich weiß, bekommen Sie von den Geschäften zehn Prozent. – Ich bin überzeugt, daß Ihr Chef keine Ahnung davon hat.«
Marborne zuckte zusammen und wurde bleich. Er wollte sprechen, aber dann nahm er plötzlich die Streichholzschachtel aus der Tasche und warf sie zu Boden.
»Ich danke Ihnen vielmals!« sagte Jim höflich.
Das Gesicht des Inspektors wurde dunkelrot. Die kühle Verachtung Morlakes reizte ihn zu höchster Wut: »Ich werde Sie noch fassen – Sie sollen mir nicht entkommen!«
Binger zeigte sich zwischen den Vorhängen in der Tür.
»Begleiten Sie diesen Herrn hinaus und passen Sie auf, daß er meinen Schirm nicht aus dem Ständer nimmt!« befahl Jim.
11
Als sich die Tür hinter dem wütenden Marborne geschlossen hatte, eilte Binger zu seinem Herrn zurück.
»Es war ein Detektiv«, flüsterte er heiser.
»Das weiß ich.« Jim unterdrückte ein Gähnen. »Er hat mir meine Streichhölzer gestohlen – ist das nicht der beste Beweis dafür?«
»Gehen Sie heute Abend aus?« fragte Binger besorgt.
»Nein, ich bleibe hier, aber Sie können trotzdem gehen. Sagen Sie Mahmet, daß er mir Kaffee bringt, ich werde heute noch lange arbeiten.«
Als Binger sich entfernt hatte, legte Morlake sein Buch hin und ging langsam im Zimmer auf und ab. Gleich darauf kam der maurische Diener herein und brachte ein Tablett mit allen Gegenständen, die zur Zubereitung von Kaffee notwendig waren.
Jim beobachtete ihn und griff wieder zu seiner Lektüre, als Mahmet gegangen war.
Er überlegte, was Marbornes Besuch zu bedeuten habe. Der Mann hatte sich in seiner Naivität doch tatsächlich eingebildet, daß er ihn nicht kenne. Aber James Morlake kannte alle irgendwie bedeutenden Detektive vom Yard dem Gesicht nach sehr genau.
Warum also mochte Marborne gekommen sein? Ein halbes Dutzend Lösungen fiel Jim ein, aber keine befriedigte ihn vollkommen.
Um halb zwölf stand er auf. Er entschloß sich, doch noch auszugehen, und wechselte die Schuhe. Als er die Tür öffnete, sah er einen Brief auf dem Fußboden liegen, der offenbar durch die Türspalte geschoben worden war. Die Adresse war mit Bleistift geschrieben und lautet nur: ›Mr. Morlake.‹ Darunter stand noch: ›Eilt!‹, und zwar mehrmals unterstrichen.
Schnell riß er den Umschlag auf und las die wenigen, rasch hingeworfenen Zeilen. Dann runzelte er die Stirn, faltete den Brief wieder zusammen, tat ihn in das Kuvert zurück und steckte es in die Tasche.
»Mahmet, hast du draußen jemand gehört?« fragte er, als der Diener auf sein Klingelzeichen erschien.
»Nein, Effendi, ich habe niemand gehört, seitdem der Sekretär gegangen ist. Ich war immer in der Halle hier.«
Morlake nahm den Brief aus der Tasche.
»Lag das schon hier, als Binger fortging?«
»Nein, Effendi.«
Der Brief mußte also gebracht worden sein, während er die Schuhe wechselte.
Wieder schob er die Warnung in die Tasche und trat auf die Treppe hinaus. Als er auf der Straße erschien, stand Inspektor Marborne auf der gegenüberliegenden Seite im Schatten eines Toreingangs und klopfte Lieber auf die Schulter.
»Das ist er«, flüsterte er ihm zu.
Der Taschendieb nickte, ging quer über die Straße und folgte dem großen, schlanken Mann, der langsam Piccadilly hinabschlenderte.
An der Ecke blieb Morlake stehen und schaute sich unentschlossen um, als ob er nicht wüßte, nach welcher Seite er sich wenden sollte. In diesem Augenblick rannte ihn ein kleiner, dicker Mann an, der es anscheinend sehr eilig hatte. Der Zusammenstoß war ziemlich heftig.
»Ruhe, Ruhe, mein Freund!« sagte James Morlake.
»Entschuldigen Sie bitte vielmals!« erwiderte Lieber und setzte seinen Weg mit größter Hast fort.
Morlake schaute etwas belustigt und spöttisch hinter ihm her.
Inspektor Marborne wartete an der Ecke der Air Street, und als Lieber in diese verlassene Straße einbog, ging er auf ihn zu und schloß sich ihm an.
»Nun?« fragte er schnell.
»Ich habe etwas.« Lieber steckte die Hand in die Tasche. »Es war zwar kein Taschentuch oder eine Schachtel, aber ein Brief.«
Ungeduldig riß ihm der Inspektor das Schreiben aus der Hand. Er blieb unter einer Straßenlaterne stehen und untersuchte das Beutestück.
»Der Brief ist an ihn gerichtet. Jetzt haben wir ihn!«
Er zog den Inhalt aus dem Umschlag und las. Aber der triumphierende Ausdruck verschwand dabei allmählich wieder aus seinen Zügen.
Der Text des kurzen Schreibens lautete:
›Mein lieber Morlake,
Ralph Hamon hat einen Polizeibeamten namens Marborne angestiftet, Ihnen eine Falle zu stellen.
Jane Smith.‹
»Zum Teufel, wer ist denn Jane Smith?« fragte der Inspektor.