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СКАЧАТЬ mit seiner neuen Frau.“ Ihre Stimme wurde brüchig, als sie das sagte. „Seitdem haben wir ihn nicht wieder gesehen. Und das Haus ist seit damals verlassen.“

      „Und wieso wussten Sie, dass ich irgendwann kommen würde?“

      „Das wussten wir nicht. Wir haben es aber vermutet. Niemand von uns hat das Haus betreten. Unsere Aufgabe war es nur, den Schlüssel aufzubewahren. Wir haben angenommen, dass früher oder später jemand von Ihrer Familie wieder auftauchen würde.“ Sie sah mich erwartungsvoll an. „Ich denke, Sie werden diese Nacht nicht hier im Zimmer bleiben?“

      Ich schwieg eine Weile und schüttelte dann langsam den Kopf. „Ich denke nicht, dass es mich in dieses Haus zieht.“

      „Das sollte es aber.“

      Ich sah auf. „Was meinen Sie damit?“

      Die fette Dame schien angestrengt zu überlegen, als wäre sie auf einmal darauf bedacht, ihre Worte sorgsam zu wählen. „Nun ja, es ist Ihr Haus“, wiederholte sie. „Ich denke, es ist Ihre Pflicht, sich darum zu kümmern. Jetzt, wo Sie hier sind.“

      Sie sah mich durchdringend an, als wollte sie mir mehr sagen, als ihr in Worten lieb war. Dann trat sie zur Seite und machte mir so die Tür frei. Ich verstand schon, was sie mir mitteilen wollte: Ich hatte gar keine andere Wahl. In ihrem Gasthaus würde ich keine Nacht verbringen.

      Kapitel 6

      Da ich nichts ausgepackt hatte, war ich schnell wieder ausgezogen. Diesmal wollte ich auf das vorbereitet sein, was mich erwartete, sobald ich den kleinen Hügel am Ortsrand erklommen hätte. Ich stapfte durch das spärliche Gehölz eines Waldes, der hier begann, zerrte meinen Rollkoffer über abgebrochene Äste und Wurzeln und erreichte endlich den höchsten Punkt. Hier lag es, bedeckt von den langen Schatten des angrenzenden Waldes. Die Sonne war beinahe vollkommen untergegangen und der Himmel war von einem tiefen, klaren Blau. Ein einzelner, leuchtender Punkt war knapp über dem Horizont auszumachen.

      Der Verfall, den die vielen Jahre mit sich gebracht hatten, war auf den zweiten Blick deutlich auszumachen. Das Haus empfing seine Besucher mit zwei Flügeln, die mich wie zwei große Arme umschließen wollten. Im Vorhof, der sich dazwischen ergab, ragte ein großer, verwitterter Brunnen in die Höhe, den mehrere Gesichter aus Stein umschlossen. Sie hatten wahrscheinlich einmal als Wasserspeier gedient. Jetzt blickten sie auf ein nacktes Becken und trockenes Laub hinab. Die Fassade des Hauses war brüchig geworden, der Eingangsbereich ließ zwischen braunen Blättern die Stufen einer kurzen Treppe erahnen.

      Langsam schritt ich durch den Vorhof. Ben maunzte ängstlich in seinem Käfig. Ich konnte ihn gut verstehen. Das Anwesen wirkte alles andere als einladend. Hinter mir, vor dem mir zur Linken liegenden Flügel, war noch etwas, das wie eine kleine Laube aussah. Eine kleine Treppe führte zu einer Art Pavillon hinauf, durch den man anscheinend in den linken Flügel gelangen konnte.

      Als ich die Treppe zum Eingangsbereich hinaufstieg, meinen Koffer fest in der Rechten, fröstelte ich. Auf den Glasscheiben lag eine zentimeterdicke Staubschicht, und von außen war rein gar nichts von dem Inneren des Hauses auszumachen. Ich nahm den Schlüssel aus meiner Tasche und öffnete die Eingangstür. Mit einem leisen Knarren schwang sie zur Seite und ich betrat das Haus.

      Im Inneren war es so dunkel, dass ich kaum etwas sah. Ich hinterließ Fußabdrücke auf einem Teppich aus Staub, der den gesamten Boden bedeckte. Ich ging vorbei an einem großen Sofa, das neben einer Frauenstatue stand, die mich aus dunklen Augenhöhlen zu mustern schien. Eine große Treppe führte in das schwarze Nichts des ersten Stockwerkes.

      Ich musste eine Weile suchen, bis ich einen Lichtschalter fand und vor mir endlich eine Art Eingangshalle in warmem Licht auftauchte. Die Inneneinrichtung schien tatsächlich seit vielen Jahren nicht angerührt worden zu sein. Ich erkundete zuerst das Erdgeschoss, das auf den zweiten Blick nicht ganz so groß war wie ich erwartet hatte. Die hauptsächliche Funktion lag wohl darin, Besuchern einen Ort des Empfangs zu bieten. Ein Esszimmer schloss sich an, daneben erkannte ich in kühler Dunkelheit liegend eine kleine Küche. Ein weiteres Zimmer auf der anderen Seite der Empfangshalle schien lediglich die Funktion eines Aufenthaltsraumes zu haben. Ein kleiner Kamin schmückte die Rückwand, davor konnte ich mehrere Sessel erkennen, die sich um einen kleinen Tisch scharten. Am Ende des Zimmers stand ein großes Bücherregal, ansonsten war das Zimmer leer.

      Ich stieg die Treppe hinauf in das erste Stockwerk, das mich mit schwärzester Finsternis empfing. Draußen war es inzwischen ganz dunkel geworden, deshalb drang kaum mehr Licht durch die Fenster herein. Als ich endlich den Lichtschalter ertastet hatte, fand ich mich in der Mitte eines Korridors wieder, welcher der Länge des Hauses folgte, und an den sich links und rechts Türen zu weiteren Zimmern anschlossen. Die Zimmer waren zum Teil leer, die anderen boten meist nichts anderes als Betten, Tische, Stühle sowie Bücherregale oder Kleiderschränke.

      Das zweite Stockwerk noch zu erkunden, vermied ich vorerst lieber. Eine für mich nicht ganz nachvollziehbare Furcht vor dem obersten Stock hielt mich davon ab, die Treppe weiter nach oben zu steigen. Wenigstens für heute Nacht.

      Ich suchte in einem der Zimmer Quartier. Die Auswahl traf ich eher willkürlich und nahm ein Zimmer, das mir noch am wenigsten karg erschien. Ein roter Teppich mit aufwendig gestickten Mustern, die sich zur Mitte hin mehr und mehr ineinander verschlangen, beendete das Knarren meiner Schritte auf dem Holzboden. Meinen Koffer wollte ich erst morgen ausräumen. Ich war von der langen Reise wie gerädert, und außerdem vermied ich so, das Gemälde noch einmal freizulegen.

      Ich öffnete den kleinen Schrank neben mir und holte schwungvoll aus, um den Koffer hineinzuhieven. Ich wollte, dass er für diese Nacht vor meinem Blick verborgen blieb. Doch dann hielt ich inne. Am Boden des Schrankes lag ein dickes Buch, das in speckiges braunes Leder eingebunden war.

      Ich stellte den Koffer ab und nahm das Buch in die Hand. Es war erstaunlich schwer, und es verbreitete einen süßlichen, ziemlich penetranten Geruch. Ein leises Knarzen war zu hören, als ich es öffnete. Die Blätter im Inneren waren gelb geworden. Doch die Handschrift war noch gut zu lesen.

      Ich stand eine ganze Weile da und betrachtete das mit dunkler Tinte beschriftete Papier in meinen Händen. Die Seiten waren hauptsächlich von wirren, für mich vollkommen unverständlichen Symbolen bedeckt, die hier und da durch Worte oder kurze Sätze in krakeliger Handschrift ergänzt wurden. Aber auch hier war für mich der Sinn dieser Symbole kaum ersichtlich. Ich fand beispielsweise ein Bild, in dem sich drei Kreise jeweils so berührten, dass in der Mitte eine sternförmige Auslassung entstand. Neben dem obersten Kreis stand das Wort Ego, neben den unteren standen die Worte Blízko und Daleko.

      Ich blätterte das Buch immer schneller durch. Symbole folgten auf Symbole. Dann fiel mir auf, dass die Seiten mit schwarzer Tinte nummeriert waren. Ich blätterte zum Ende. Es waren insgesamt einhundertvierunddreißig beschriftete Seiten. Und soweit ich das erkennen konnte, waren alle von derselben Hand beschrieben worden.

      Nachdem ich eine Weile durch die Seiten geblättert hatte, aber wenig schlau aus den Aufzeichnungen geworden war, ließ mein Interesse wieder nach. Schließlich legte ich das Buch in den Schrank zurück und stellte den Koffer einfach darauf.

      Ein Badezimmer suchte ich in dem Geschoss vergeblich. Ich stieg nochmal hinunter in das Erdgeschoss. Wenn, dann musste ich hier eines finden. Da ich die an die Eingangshalle angrenzenden Zimmer links und rechts schon kannte und nicht das Bedürfnis hatte, heute noch tiefer in das Haus vorzudringen, ging ich einmal um die Treppe herum. Dabei fand ich eine weitere Tür, die sich direkt darunter befand. Als ich diese öffnete, gelangte ich in einen kleinen Raum, der die Aussparung unter der Treppe ausnutzte. Hier stieß ich allerdings nur auf eine weitere Holztür, СКАЧАТЬ