Название: Wohlstand, Demokratie und weiter?
Автор: Robert Kiauka
Издательство: Bookwire
Жанр: Социология
isbn: 9783742791689
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Frankreich weist für 2014 mit 4 % ein immer noch zu hohes Defizit auf und hatte für die beiden folgenden Jahre von der EU-Kommission grünes Licht für weitere Defizit-Überschreitungen bekommen55. Ebenfalls 2014 beträgt die Staatsschuldenquote 95 % und die Arbeitslosenquote liegt im Mai 2015 mit 10,3 % zwar im europäischen Mittelfeld, ist aber der höchste Wert in Frankreich seit Beginn der Aufzeichnungen. Spanien weist seit 2008 jeweils noch höhere Defizite als Frankreich auf, zuletzt 5,8 % für 2014, die Schuldenquote beläuft sich auf 97,7 % und die Arbeitslosenquote wird mit 22,5 % in Europa nur noch von Griechenland übertroffen. Italiens Defizite liegen in den letzten Jahren bei knapp 3 % und damit etwas niedriger, dafür beträgt die Schuldenquote aber 2014 schon stattliche 132 % und Italiens Wirtschaft schrumpft seit 2012 leicht, während Frankreich moderate Wachstumsraten zwischen 0,2 % und 0,7 % aufweist. Nach den vielen Zahlen noch ein paar mehr, für einen Blick auf die gesamte Eurozone (19 Länder), seit 2011: Die Schuldenquote stieg jedes Jahr bis auf 92,0 % Ende 2014, es gab in jedem Jahr ein Defizit, welches von 4,2 % in 2011 auf 2,6 % in 2014 fiel, das Wachstum schwankte zwischen 1,5 % in 2011 und -0,9 % in 201256. Berücksichtigt sind dabei jeweils nur die expliziten Staatsschulden, die implizite Verschuldung, die z. B. durch zukünftige Pensionsansprüche einer alternden Gesellschaft steigt, ist dabei noch gar nicht mit einbezogen.
Was zeigen die Zahlen? Der Fiskalpakt stellt sich damit als ähnlich zahnloser Tiger wie die Stabilitätskriterien des Maastricht-Vertrages heraus. Überwiegend wurden Schulden nicht abgebaut, sondern nur langsamer aufgebaut. An der Stelle schon zu folgern, die Krise sei überstanden, ist doch sehr optimistisch. Und im Unterschied zu Portugal und Irland, die zusammen rund 3,5 % der Wirtschaftsleistung der Eurozone ausmachen, geht es bei Frankreich (20 %), Italien (15 %) und Spanien (10 %) um Schwergewichte. Halten wir also fest: Die Krise ist 2015 nicht vorbei, bestenfalls gibt es einen leichten Trend zur Besserung.
Update 2016/17 Im Euroraum ist die öffentliche Schuldenquote bis Ende 2016 auf 89,2 % gesunken. Die Schulden sind dabei jedes Jahr gestiegen auf rund 9 588 Milliarden Euro Ende 2016, aber in der letzen Zeit stieg das BIP stärker als die Schulden, daher die leicht gefallene Schuldenquote. Mit Frankreich (2015: 1,1 %; 2016: 1,2 %) und Spanien (2015 u. 2016 jeweils 3,2 %) weisen zwei gewichtige Sorgenkinder deutlich erhöhte Wachstumsraten auf, in Spanien ist die Arbeitslosenquote Ende 2016 auf 18,6 % gesunken57. Hatte Schäuble also doch recht? Ich denke nicht. Nach 2014 gab es einen Trend zur leichten Entspannung, aber für eine Entwarnung ist es zu früh. Andere Meldungen fallen auch schon wieder etwas verhaltener aus. Griechenland, Spanien und Portugal haben ihre mit den EU-Finanzministern vereinbarten Defizit-Ziele für 2015 deutlich verfehlt58. Und die Stimmen, die mehr Investitionen und damit Spielraum bei der Verschuldung fordern, werden lauter, insbesondere auch nach dem Brexit, der ohnehin Wirtschaftseinbußen mit sich bringen könnte. Insgesamt deutet sich doch eine Fortführung des schon allgemein im Teil Wachstum betrachteten Musters an: In guten Zeiten fallen die Schulden weniger als sie in schlechten aufgebaut werden und wachsen damit insgesamt an. Wesentlich ist auch der von der EZB ausgeweitete Aufkauf von Wertpapieren: Seit Frühling 2016 werden nicht nur Staatsanleihen, sondern auch Unternehmensanleihen aufgekauft. Mögliche negative Folgen sind Wettbewerbsverzerrungen und Blasenbildungen, weil diese eigentlichen Notmaßnahmen von Teilen der Wirtschaft einkalkuliert werden können59. Und dann gibt es ja auch noch die Banken, die mittlerweile wieder nach Hilfe rufen. Was kann also getan werden zur Lösung?
Mögliche Auswege
Damit es nicht wieder zu drohenden Zahlungsunfähigkeiten kommt, dürfen die Schuldenquoten nicht dauerhaft weiter steigen, besser noch, sollten abgebaut werden. Dazu kommt in Betracht:
Eine höhere Inflation. Wenn das Geld weniger wert wird, gilt das auch für die Schulden, so die Idee. Wird aber eher nicht funktionieren, denn zum einen werden mit der Inflation auch die Zinsen steigen, es kann also nur ein einmaliger Effekt erzielt werden, der aufgrund der laufenden Ablösung alter Schulden durch neue nicht substanziell zum Abtrag beitragen dürfte. Zum anderen ist die Steuerung von Inflation gar nicht so einfach. Die Zentralbank kann die Leitzinsen senken, aber die meisten Kredite werden ja von den Geschäftsbanken ausgegeben, die Zentralbank hat so nur indirekt Einfluss auf die für die Inflation maßgebliche Geldmenge. Und schließlich hängt Inflation auch von den Erwartungen der Menschen an zukünftige Entwicklungen ab, welche Politik und Zentralbanken nur teilweise beeinflussen können.
Konsolidierung der Haushalte durch Sparen. Ist das, was als Bedingung an die Inanspruchnahme der Rettungsschirme geknüpft ist. Und bringt ein Problem mit sich: Eine verringerte Binnenkonjunktur, was mit sinkenden Staatseinnahmen durch Steuern verbunden ist. Sparen alleine reicht in der Regel damit nicht aus, es muss noch etwas anderes her:
Wachstum. Dadurch mehr Steuereinnahmen und über mehr Arbeitsplätze weniger Sozialausgaben. Nur: Wie erreicht man das?
Die klassische Variante wäre Ankurbelung der Wirtschaft über neue Staatsschulden. Hauptsächlich linke Politiker sehen darin nach wie vor den Ausweg. Die Erfahrung zeigt aber, dass am Ende doch immer mehr Schulden übrig bleiben.
Eine andere Möglichkeit für Staaten, bei denen die Wirtschaft zu stark die Wettbewerbsfähigkeit verloren hat, wäre die Abwertung der eigenen Währung, um so die Löhne und Preise im Vergleich zu andern Ländern zu senken und damit den eigenen Standort zu stärken. Geht nur innerhalb einer Währungsunion nicht. Es wäre also ein Austritt der betroffenen Staaten aus dem Euro oder die Einführung einer Parallelwährung notwendig. Damit sieht die Politik ihr Einigungswerk in Gefahr und will dies auf jeden Fall verhindern.
Dann bleiben noch Reformen als Mittel der Wahl. Wenn eine (äußere) Abwertung der Währung nicht möglich ist, können stattdessen Maßnahmen zu einer inneren Abwertung ergriffen werden: Es geht darum, die zu hohen Preise und Löhne zu senken, um die nationale Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, um so also zum einen weniger importieren zu müssen und zum anderen selber mehr zu exportieren und damit negative Leistungsbilanzsalden wieder auszugleichen. Das Problem dabei ist, dass die Politik auf Löhne und Preise in der Privatwirtschaft nur einen sehr indirekten Einfluss hat und die Senkung von Löhnen über Tarifverhandlungen ein sehr zäher Prozess ist, bei dem es über Streiks wieder zu Wirtschaftsrückgängen kommen kann. Zudem findet eine solche innere Abwertung nicht gleichmäßig und gleichzeitig für alle Betroffenen statt, was die Sache noch schwieriger macht. Und wo ist dann die Grenze, wo ist ein angemessenes Lohnniveau СКАЧАТЬ