Seefahrerportraits und Erlebnisberichte von See. Jürgen Ruszkowski
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      Allen, die an der Erstellung dieser Portraitsammlungen mitgewirkt haben, die mir aus Ihrem Leben erzählten, von ihren Fahrten berichteten, die sich mit der Veröffentlichung einverstanden erklärten, die mir Text- und Bildmaterial zur Verfügung stellten, sei herzlich gedankt, ebenso Herrn Egbert Kaschner (†) für das Korrekturlesen.

      Hamburg, 2002 / 2014 Jürgen Ruszkowski

       Das tragische Ende eines Spritschmugglerkapitäns aus Deutschland

      Karl Louis Wisnagrotzky

      stammte aus Ostpreußen, wo er am 27.Oktober 1886 in Königsberg das Licht der Welt erblickte. Wann seine seemännische Karriere begann und wo er sein Kapitänspatent erwarb, ist nicht mehr zu recherchieren, er muss den Seemannsberuf aber mindestens 10 Jahre lang ausgeübt haben. Als junger Mann lebte er anscheinend eine Weile als Farmer im afrikanischen Kamerun. Er soll auch Fuhrunternehmer gewesen sein.

      In Berlin ehelichte er die Klara Elisabeth Melanie Felgentreff, *19.11.1890, deren Bruder er vor dem Ertrinken gerettet hatte. Sie überlebte ihn bis zum 11.04.1976. Mit ihr hatte er sieben Kinder.

      Später lebte er aber noch mit einer zweiten Frau, der aus Lerwick von den Shetlands stammenden und in London wohnenden Margaret Edwardson in Bigamie und hatte mit ihr ein Kind.

      Zusammen mit Frau Klara betrieb er in Hamburg für einige Zeit ein Fischgeschäft. Klara soll Schwierigkeiten gehabt haben, mit dem Kleingeld wirtschaftlich umzugehen, so dass Karl nicht genug davon heranschaffen konnte. So kam er auf die Idee, es mit Schmuggelgeschäften zu versuchen. In einer Zeit großer wirtschaftlicher Not und Massenarbeitslosigkeit, in der Tausende deutscher Seeleute vergeblich auf eine neue Arbeit an Bord eines Schiffes warteten, versuchte er es auf diesem riskanten Wege, sich durchzuschlagen. Aus Eifersucht soll Klara der Hamburger Polizei einen Tipp gegeben haben, die Karl daraufhin auf der Elbe auflauerte. Aber der war gewitzt und konnte dank seinem schnellen Boot entkommen.

      Tragisch endete aber sein Schmugglergeschäft, als er es 1931 in großem Format an der norwegischen Küste bei Nacht und Sturm versuchte. Die norwegischen Zoll- und Polizeibehörden waren ihm schon längere Zeit auf der Spur. Ein Fahndungsfoto der Osloer Polizei weist ihn als gebrochen norwegisch sprechenden deutschen Kapitän und Maschinisten („tyske skibskaptein og maskinist“) aus, 1,67 m, mittelgroßer Körperbau, auf einem Unterarm mit Palme und Schlange tätowiert, der verdächtig sei, nördlich der Lofoten Sprit geschmuggelt zu haben.

      Bereits 1928 betrieb Karl Wisnagrotzky offenbar dieses Geschäft mit der 62 Tonnen großen, unter deutscher Flagge fahrenden DIANA, registriert in Oldenham. Nach den Recherchen der „Shetland News“ hatte das Schiff eine gemischte ausländische Mannschaft an Bord, mit nur einem Briten sowie einem Kanadier, und stand unter dem Kommando von Kapitän Karl Wisnagrotzky. Die DIANA traf am 23. Mai 1928 in Lerwick ein, angeblich aus Island kommend, und verließ den Hafen am 24. Mai nach Antwerpen. Am 10. Dezember 1928 kam sie aus Antwerpen über Island zurück und fuhr zwei Tage später wieder nach Island, von wo sie am 21. Dezember zurückkehrte. Am 7. Februar 1929 fuhr sie nach Aberdeen zur Überholung. In diesem Jahr war die Besatzung des Schiffes zu den Weihnachtsfeiertagen und über Neujahr in Lerwick.

      Der nächste Besuch eines in ähnliche Geschäfte verwickelten Schiffes in Lerwick erfolgte am 30. Dezember 1930, als die ANTON, von Island kommend, unter der Flagge von Panama eintraf. Sie war als von Panama stammend ausgewiesen durch ein vorläufiges Nationalitäts-Zertifikat, ausgestellt von einem Konsul von Panama, obgleich das Schiff ohne Zweifel niemals in der Republik Panama gewesen sein dürfte. Ihre Tonnage belief sich auf 54, und sie stand unter dem Kommando des belgischen Kapitäns van Huyesse, der Erste Offizier war Karl Wisnagrotzky, der vorher Kapitän auf der DIANA war. Die ANTON fuhr am 20. Januar 1931 nach Antwerpen ab. Sie kam am 2. Februar zurück und hatte nun eine gemischte ausländische Mannschaft an Bord, darunter ein Kanadier und ein junger Engländer, ein Neffe des Eigners. Während einer Ausreise entstand auf See eine Unruhe und als das Schiff an einem frühen Morgen in Alexandra Wharf vor Anker ging, war Tumult auf dem Schiff zu beobachten, wobei, wie behauptet wurde, Schüsse fielen und auch Messer gebraucht wurden. In der Folge reiste der Kapitän auf einem örtlichen Postdampfer in südlicher Richtung ab und die ANTON fuhr am 15. Februar unter anderer Führung nach Gent.

      Der letzte der Alkohol-Schmuggler, der in Lerwick aufkreuzte, war das deutsche Schiff, WOBKE, 92 Tonnen, registriert in Emden, unter dem Kommando des Kapitäns Wisnagrotzky (vorher auf DIANA und ANTON). Sie traf am 8. August 1931 ein. Ihre Besatzung bestand hauptsächlich aus Deutschen. Nur ein Mann aus Lerwick war darunter, Magnus Edwardson, der vorher nach Antwerpen gereist war, um sich dort anheuern zu lassen. Das Schiff kam aus Antwerpen und hatte, wie berichtet wurde, 2000 Kisten oder Flaschen reinen Alkohol an Bord. Die WOBKE verließ Lerwick am 10. August mit Zielangabe Island und kehrte am 20. September zurück, um am 26. wieder nach Antwerpen auszulaufen. Nach ihrer Rückkehr wurde ihr Name, während sie an den Docks in Lerwick lag, in den frühen Morgenstunden des 5. Oktober in VENUS geändert und die Flagge von Panama gehisst.

      Diese VENUS ex WOBKE war im Oktober 1903 als Fischdampfer PREUSSEN bei der Werft G. Seebeck AG in Wesermünde unter der Bau-Nr. 199 vom Stapel gelaufen und am 8. Januar 1904 mit dem Unterscheidungssignal QHRN für die Deutsche Dampfschifffahrtsgesellschaft „Nordsee“, Bremen, mit Heimathafen Nordenham in Dienst gestellt worden. Sie maß 41,25 m Länge, 6,88 m Breite, 2,99 m Tiefgang, hatte eine 3fache Expansionsmaschine mit 2 Feuern, mit einer Leistung von 420 PS und konnte eine Geschwindigkeit von 9,8 Knoten entwickeln. Seit dem 7. September 1915 war sie für die Kaiserliche Marine-Vorposten-Flottille im Kriegsdienst. Am 7.12.1918 erfolgte die Rückgabe. Seit Februar 1928 fuhr sie unter dem Namen WOBKE.

      Gegen Ende Oktober 1931 wurden neun Deutsche, die die Mehrheit der Besatzung bildeten, ausbezahlt und reisten auf einem Postdampfer über Aberdeen in ihre Heimat. Daraufhin wurden Seeleute aus Lerwick eingestellt, um die freigewordenen Plätze auszufüllen. Sie machten ihre erste Ausreise mit dem Schiff am 10. November. Die VENUS kehrte am 22. November zurück, nachdem ihre Steuerketten während eines schweren Sturmes auf See beschädigt worden waren. Eigentümer der VENUS war die Firma Barnett & Bittles, Panama, zu erreichen unter der Adresse J. C. Freeman, 110 Leadenhall Street, London.

      14 Tage, bevor sie Lerwick verließ, bestellte die VENUS 120 Tonnen Kohle, war aber bereits voll beladen, als sie 60 Tonnen an Bord genommen hatte. Sie fuhr am Donnerstag, dem 2. Dezember in der Frühe ab, ohne weitere Kohlen zu bunkern.

      Bei der Strandung seines Schiffes VENUS am 12. Dezember 1931 bei schwerem Sturm beim Leuchtturm Hindenes in der Nähe von Måløy ist Kapitän Karl Wisnagrotzky während einer seiner riskanten Schmuggelfahrten ums Leben gekommen.

      LLOYD’S wöchentlichen Unfallberichten aus Dezember 1931, die sich vermutlich überwiegend auf Reuter-Meldungen beziehen, ist zur Strandung der VENUS zu entnehmen:

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