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11. Bd., S. XXXVIII aufgedeckt: es ist jene bedenkliche Auffassung des Tragischen, die schon an das spätere Schicksalsdrama erinnert, »An ein Bild, Messer, selbst an einen Apfel war etwas Verhängnisvolles geknüpft, was, durch die Erfüllung der Vorahndung zum Orakelmäßigen erhoben, eine tragische Wirkung hervorbringen sollte.« Und daß die ganze Vorgeschichte des Stückes auf einem »Ohngefähr, einem unglücklichen Mißverstand« beruht, wirkt peinlich, obschon nicht so stark, als wenn das rein Zufällige vor unsern Augen geschähe, wie in den Schicksalsdramen seit Werner. An einer andern Stelle weist Tieck auf das Drama hin, aus dem er unzweifelhaft jene fatalistische Anschauung geschöpft hatte. Es war das einaktige Schauspiel »Blunt oder der Gast« von Karl Philipp Moritz, das 1782 zu Berlin erschienen war und dessen Verfasser ihm persönlich nahe stand. Die Vorlage dieses Stückes ist eine 1737 gedichtete dreiaktige Tragödie »Die verhängnisvolle Neugierde« von dem Engländer George Lillo (1693–1739). Zwei in der äußersten Dürftigkeit lebende Eheleute nehmen hier einen Fremden, der sie um ein Nachtlager bittet, bei sich auf, ermorden ihn aber, um sich seines Geldes zu bemächtigen, wobei sich denn zuletzt herausstellt, daß der Ermordete ihr Sohn ist. Vergleicht man die Brutalität dieses Stoffes mit den Voraussetzungen, auf denen sich Tiecks »Abschied« aufbaut, so wird man zugeben, daß letztere weit weniger verletzend sind, da sie dem freien Empfinden und Handeln der Personen einen viel größern Spielraum lassen. Der Litteraturkundige aber erkennt, daß jenes Trauerspiel Lillos oder die Moritzsche Umarbeitung die Quelle war, aus der 1809 Zacharias Werner seinen »Vierundzwanzigsten Februar« schöpfte, die erste eigentliche Schicksalstragödie von litterargeschichtlicher Bedeutung, insofern sie eine lange Reihe Dramen, die von ähnlichen roh fatalistischen Anschauungen erfüllt waren und mit stürmischem Beifall aufgenommen wurden, hervorrief. Tiecks zartere Dichtung, auf die außer der von Wackenroder citierten »Stella« auch Goethes »Clavigo«, Lessings »Sara Sampson« und Schillers »Kabale und Liebe« deutlich eingewirkt haben, blieb dagegen ebenso wie sein 1797 zum erstenmal gedrucktes Ritterschauspiel »Karl von Berneck«, in dem allerdings der Schicksalsspuk in ganz plumper Gestalt auftritt, dem größern Publikum unbekannt. Erst im zweiten Bande der »Schriften« erlebte »Der Abschied« 1828 seine litterarische Auferstehung, aber auch jetzt ohne gebührend beachtet zu werden, obwohl er durchaus bühnengerecht ist und an poetischem Gehalt die meisten der Stücke weit übertrifft, die in den zwanziger und dreißiger Jahren laute Erfolge errangen. Daß Tieck selber in Dresden niemals die Aufführung eines seiner größern romantischen Dramen veranlaßte, ist begreiflich; daß er aber auch die Bühnenwirksamkeit dieses kleinen Jugendwerkes sich nie erproben ließ, müßte wundernehmen, wenn nicht die vornehme Zurückhaltung des Dichters in diesem Punkte bekannt wäre und wenn er nicht selbst die Verkehrtheit der Schicksalstragödie unermüdlich an den Pranger gestellt hätte, als deren Vorläufer vor dem Publikum zu erscheinen, er billig Bedenken trug.
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