Название: Rudolf Cronau: Drei Jahrhunderte deutsches Leben in Amerika - Teil 2
Автор: Rudolf Cronau
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: gelbe Buchreihe
isbn: 9783753191836
isbn:
Ansicht von Bethlehem im Jahre 1830
Das ganze Leben der Herrnhuter entsprach der biblischen Mahnung: „Betet und arbeitet, damit ihr nicht in Anfechtung fallet!“
Um der letzteren vorzubeugen, unterlag der Verkehr der Geschlechter strengen Regeln. Sowohl die Knaben und Mädchen wie auch die unverheirateten Jünglinge und Jungfrauen wohnten in abgesonderten Häusern, wo sie den von den Ältesten der Gemeinde erlassenen Vorschriften unterstanden. Die Jungfrauen durften nicht an der Behausung der Junggesellen, diese wieder nicht an der Wohnung der „Schwestern“ vorübergehen. Begegneten sie einander auf der Straße, so war es nicht erlaubt, einander anzusehen. Die Schwestern durften den Namen keines Bruders erwähnen, und so wuchsen beide Geschlechter auf in völliger Unkenntnis voneinander. Erreichten Jünglinge und Mädchen das heiratsfähige Alter, so sorgten die Gemeindevorsteher dafür, dass geeignete Paare sich ehelich verbanden. Die solchen Bündnissen entspringenden Kinder blieben bis zum vollendeten zweiten Jahre unter der Obhut der Eltern, mussten dann aber der Gemeinde übergeben werden, welche die weitere Erziehung übernahm.
Durch Bezug der besten Erzeugnisse der deutschen Literatur hielt man mit dem Vaterlande Fühlung. Mit besonderer Vorliebe pflegte man Musik, beschränkte sich aber nicht auf die Wiedergabe der herrlichen Reformationslieder, sondern bemühte sich, auch die schwierigen Werke hervorragender Tonkünstler in mustergültiger Weise aufzuführen.
Das Schwesternhaus der Herrnhuter in Bethlehem, Pennsylvanien
Die Liebe zu Musik und Gesang lebte so kräftig in aller Brust, dass Bischof Spangenberg eines Tages schrieb: „Niemals, seitdem die Welt geschaffen, wurden so liebliche und fromme Lieder für Hirten, Ackerleute, Schnitter, Drescher, Spinnerinnen, Näherinnen, Wäscherinnen und andere Arbeiter erfunden und gesungen als hier. Man könnte aus solchen Gesängen ein ganzes Buch zusammenstellen.“
Während so ein Teil der Brüder und Schwestern der Gemeinde dauernde Heimstätten schufen, zogen andere hinaus in die völlig unbekannte Wildnis, um unter den Ureinwohnern das schwierige Missionswerk zu beginnen. Es erheischte seitens derjenigen, die sich ihm unterziehen wollten, hervorragende Eigenschaften: Mut, Ausdauer, Geduld, Vorsicht und beispiellose Hingabe. Schon die Reise und der lange Aufenthalt in der Wildnis stellten an die Körperkraft die größten Anforderungen. Daneben mussten Entbehrungen aller Art und zahllose unbekannte Gefahren ertragen werden. Ferner galt es, die Feindschaft und Abneigung der den Bleichgesichtern voll Argwohn gegenüberstehenden Indianer zu überwinden und ihr Vertrauen zu gewinnen, was nur in engem Verkehr mit ihnen geschehen konnte, indem man in ihren Dörfern lebte, ihre Gewohnheiten annahm und ihre Sprache erlernte. War das gelungen, so galt es die noch schwierigere Aufgabe zu lösen, die Jahrtausende alten religiösen Anschauungen der Indianer durch die ihnen kaum verständlichen Lehren des Christentums zu ersetzen.
Zu diesen Schwierigkeiten gesellten sich andere, die niemand vorausgesehen hatte: der geheime oder offne Widerstand gewissenloser weißer Händler, welche die Indianer mit Branntwein versorgten und dieses gewinnbringende Geschäft durch die zur Nüchternheit mahnenden Missionare gefährdet glaubten. Zu alledem kam endlich noch die Eifersucht der englischen Landeskirche, welcher die Missionsarbeit der Herrnhuter ein Dorn im Auge war.
Will man ein treues Bild all dieser von den Herrnhutern zu überwindenden Widerwärtigkeiten gewinnen, so braucht man nur Loskiels „Geschichte der Mission der Evangelischen Brüder unter den Indianern in Nordamerika“ (Barby 1789), zu lesen. Sie enthält unter anderem die Erlebnisse jener Herrnhuter, welche die in dem Dorf Schekomeko lebenden Mohikaner bekehrten.
Schekomeko lag in der Kolonie New York, östlich vom Hudson. Der Herrnhuter Christian Heinrich Rauch war der erste, welcher sich unter den hier wohnenden Wilden niederließ. Als er ihnen das Wesen Gottes zu erklären suchte, lachten sie ihm ins Gesicht und verspotteten ihn. Erst nach wochenlangen Bemühungen gelang es, zwei Mohikaner, die mit den Weißen bereits häufiger in Berührung gekommen waren, für die christlichen Lehren empfänglich zu machen. Das erbitterte die anderen so, dass sie drohten, den Missionar zu ermorden. Aber dieser blieb nicht nur standhaft, sondern suchte durch die beiden Bekehrten auf deren Stammesgenossen noch kräftiger einzuwirken.
Vornehmlich Tschup, der ältere Mohikaner, zeigte sich darin sehr geschickt. Wollte er seinen Stammesgenossen etwas recht deutlich machen, so bediente er sich der Bilderschrift. So zeichnete er beispielsweise auf ein Stück Baumrinde ein Herz, aus welchem auf allen Seiten Zacken und Stacheln hervorgingen und sagte: „Seht, so ist ein Herz, in dem der böse Geist wohnt; alles Böse kommt von innen heraus.“ Mit solchen Darstellungen machte Tschup einen stärkeren Eindruck, als der Missionar mit seinen Reden.
Allmählich gelang es, unter den Mohikanern Anhänger für den christlichen Glauben zu gewinnen. Es entstand der Keim zu einer kleinen Gemeinde, die im August 1742 den Besuch des Grafen Zinzendorf empfing sowie den Beistand zweier andrer Brüder, der Missionare Büttner und Mack erhielt.
Je mehr die Zahl der Bekehrten wuchs, desto häufiger wurden aber auch die Zeichen der Missgunst, womit die in den benachbarten Ansiedlungen wohnenden Weißen die Bemühungen der Herrnhuter beobachteten. Die Brüder erfuhren durch die Indianer, dass man ihnen eine Menge Rum versprochen habe, wenn sie die Missionare totschlagen wollten. Gleichzeitig hörten sie von allerhand in den Ansiedlungen umlaufenden Verdächtigungen. Die Herrnhuter seien verkappte Papisten und französische Spione, welche das Land auskundschaften und mit Hilfe der Indianer bei der ersten passenden Gelegenheit den Franzosen in die Hände spielen wollten.
Diese absurden Behauptungen wurden mit solcher Bestimmtheit verbreitet, dass die Behörden der Kolonie sich beunruhigt fühlten. Sie luden die Missionare unzählige Male zum Verhör vor, schleppten sie von einem Richter zum andern, endlich sogar vor den Gouverneur. Der Umstand, dass die Herrnhuter, den Satzungen ihrer Gemeinschaft entsprechend, sich weigerten, den ihnen abgeforderten Treueid gegen das englische Königshaus zu schwören, wurde von ihren Widersachern in der schlimmsten Weise ausgebeutet. Sie erwirkten bei der gesetzgebenden Körperschaft der Kolonie eine Verordnung, wonach alle Personen, die aus irgendeinem Grunde sich weigerten, den Eid der Treue zu leisten, des Landes verwiesen werden sollten. Durch eine zweite Verordnung wurde den Herrnhutern als verdächtigen Personen verboten, ihr Bekehrungswerk fortzusetzen.
Müde dieser Belästigungen, – Welch engherziger Geist die Behörden erfüllte, ergibt sich aus folgender Rechtfertigung, welche der damalige Gouverneur der Kolonie New York als Antwort auf eine vom Grafen Zinzendorf bei der Regierung in London eingereichten Beschwerde im Mai 1746 einsandte. Dieselbe lautet: „Seit einiger Zeit wird die Kolonie von verdächtigen Subjekten und strolchenden Predigern heimgesucht, welche das Volk verführen und sich für besser als andere halten. Sie stehen sogar im Verdacht, päpstliche Emissäre zu sein und Aufstände unter Seiner Majestät getreuen Untertanen zu beabsichtigen. Sie wollen die Indianer und Neger bekehren; als ob man Menschen trauen könnte, die sich mit Schwarzen abgeben. Diese Mährischen Brüder haben sich vor allem in Pennsylvanien festgesetzt, wo das Übergewicht der Deutschen bereits so groß ist, dass sie bald die englische Bevölkerung verdrängen werden. Sie machen jetzt auch in unserem Staat Proselyten, sind dabei ehrgeizige, eitle Menschen, welche, statt bei dem erlernten Handwerk zu bleiben, den Pfarrer spielen und mit ihren unverständlichen Lehren die Massen bethören. Vor ihnen muss man sich ganz besonders hüten. In Schekomeko ließen sich einzelne Herrnhuter dauernd nieder, heirateten Indianerinnen und erregten dadurch den Argwohn sowie die Eifersucht der benachbarten Weißen. Wir fürchten umso mehr, dass sie die Indianer verführen möchten, als sie ohne Erlaubnis der Behörde ins Land kamen und dem König den Treueid nicht leisten wollen. Daraus geht hervor, dass sie Böses im Schilde führen, dass sie verkappte Papisten sind und dass ihnen recht geschehen ist auf Grund des königlichen Befehls, wonach kein Weißer unter dem Vorwand der Bekehrung der Indianer unter diesen wohnen darf.“ (Documentary History of the State СКАЧАТЬ