Im Schatten der Dämmerung. Marc Lindner
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Название: Im Schatten der Dämmerung

Автор: Marc Lindner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Diener der Krone

isbn: 9783754173497

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СКАЧАТЬ aber seinen Willen würden sie nicht brechen. Den wollte er mit in sein wohl schon geöffnetes Grab nehmen. So hoffte er zumindest, denn nun, da er darüber nachdachte – und er hatte viel Zeit zum Nachdenken – sorgte ihn die Vorstellung, sie könnten ihn einfach verbrennen. Diesen Heiden traute er alles zu. Aber er wollte wieder unter die Erde. In den Schoß der geliebten Mutter seines Volkes.

      Ob er sie wohl fragen könnte, dass er es selbst ausschaufelte, wenn sie es nicht machten? Er lachte über seinen Gedanken und irgendwie schenkte ihm dieser neuen Mut. Den würde er auch brauchen. Das würde ein langer Tag werden. Der letzte Tag, so hoffte er zumindest, denn er wusste nur zu gut, wie lange ein leidender Körper am Leben gehalten werden konnte. Doch wenn seine Lippen sich öffnen würden, so sollten sie nur Flüche in diesen Steinsarg entlassen. Mit angewidertem Blick betrachtete er die stümperhafte Errichtung dieser Grotte. Mehr als ein Loch war es nicht. Es war nicht zu vergleichen mit den Hallen seines Volkes. Diese Gruft besaß keine Seele. Welch Frevel diese Menschen doch begingen. Dieser Anblick beleidigte ihn fast mehr als die Fesseln, die seinen Körper umschlangen.

      Doch immer noch waren seine Peiniger nicht zurückgekehrt. Mit einem staubigen Sack auf dem Kopf hatten sie ihn herunter­getragen. Das war seine erste Erinnerung, die er nach dem Vorfall im Wald besaß. Er versuchte seine Sinne zu schärfen und sich an jedes Detail zu erinnern. Sie legten ihn auf dieser Platte ab, ohne zu bemerken, dass er zu sich gekommen war. Er ließ die Augen geschlossen, als sie ihm den Sack vom Kopf zogen. Erst einmal musste er zu sich finden. Seine Sinne waren trüb und sein Kopf schmerzte. Verwundert spürte er, wie seine Lippen benässt wurden und er musste sich überwinden, nicht zu schlucken und nicht gierig nach mehr zu verlangen. Dabei hatte er irrsinnigen Durst und spürte eine Leere in seinem Magen, als hätte er seit Tagen nichts Festes zu sich genommen. Er überlegte sich, welche Lügen er ihnen verkaufen konnte. Auf keinen Fall durfte er sich in Widersprüche verrennen. Irgendwie musste er sie in die Irre leiten – selbst wenn er nicht hoffen konnte, hier lebend hinaus zu kommen. Aber diese Freude würde er sich nicht nehmen lassen. Er war schließlich ein großer Krieger seines Volkes. Umso mehr schmerzte die Schande, dass er weggelaufen war. Aber gegen einen Magier konnte er nichts ausrichten. Und es waren so viele gewesen. Immer mehr Bilder stiegen in ihm auf. Ganze Reihen von langen Männern, gehüllt in noch längere dunkle Mäntel, waren zwischen den Bäumen aufgetaucht. Wie von einem Donner heraufbeschworen. Gesehen hatten seine Freunde und er diese Gestalten erst, als ein explodierendes Feuer die Nacht zum Tage werden ließ. Grimmige Schatten hatten diese Kreaturen umspielt, so finster, dass nicht einmal die Sterne sie beleuchten wollten. Augenblicklich war klar gewesen, dass sie verloren waren. Die Schreie waren unnötig gewesen, denn der Tod hatte sie allesamt gepackt. Nur mit ihm spielte dieser noch sein grausames Spiel. Als Belohnung für sein schnelles Laufen.

      Jene Nacht war zu viel für ihn gewesen. Fast schon war er dankbar dafür, dass die Folterknechte ihn warten ließen. Sie wollten ihn brechen, das wusste er. Die steinigen Wände sollten sich auf ihn stürzen. Ach, diese Narren, er war ein Kind der Mutter Erde und selbst der härteste Stein konnte ihn mit seinem Anmut verzaubern. Auch die harte Platte, auf der er lag, störte ihn wenig. Oft schon hatte er die Nächte auf einem solchen Bett zugebracht, wenn die Eile es ihm verbot seine Zeit damit zuzubringen, ein Lager aufzuschlagen.

      Wenn er so darüber nachdachte, so war er doch kein Feigling. Er stellte sich seinem Schicksal, wie man es von einem Zwerg erwarten durfte. Der Tod sah ihm in die Augen und er musste nicht einmal blinzeln.

      Ein leichtes Schmunzeln glitt ihm über seine rauen Lippen, so schwach, dass die Leuchten es mit ihren schwachen Licht verborgen hielten.

      Aus der Ferne hörte er Schritte und seine Miene wurde so hart, wie die Platte unter ihm. Der Stein der Treppen und die felsigen Wände verrieten den Ankömmling lange bevor dieser in der Nähe der kleinen Kammer angelangt war. Der Fremde kam allein, soviel konnte Almar deutlich heraushören. Zulange hatte er unter der Erde gelebt, um sich von den widerhallenden Geräuschen täuschen zu lassen. Auch schien es ihm, als wirkten die Schritte desjenigen, der nun kommen sollte, etwas unbeholfen. Seine Füße schlürften in unregelmäßiger Folge über den steinernen Boden.

      Die Treppe lag hinter ihm, sodass Almar sie nicht erblicken konnte. Allein sein Gehör leistete ihm die Dienste, die er benötigte. Mutter Natur verriet ihm alles, was er nicht sehen konnte. Er verstand die Stimme der Steine so deutlich, als würde er sich in mit jemandem unterhalten. Jeder seines Volkes vermochte dies. Es lag daran, wie sehr sie mit der Erde verbunden waren. Sie respektierten sie und lernten von ihr. Als Lohn verriet sie ihnen all ihre Geheimnisse. Seine Muskeln begannen sich leicht zu verkrampfen, so als wüsste sein Körper von den Schmerzen, die ihm zugefügt würden.

      Almar merkte, wie ein schwacher Lichtschein die Schatten auf der vor ihm liegenden Wand verjagen wollte. Der Fremde war da. Er konnte dessen Schritte vernehmen, ohne dass die Wände der Treppe sie noch zu ihm hintragen mussten. Aber dann blieb der Ankömmling stehen. Die Schritte verhallten. Einzig das Licht bewegte sich in dem leichten Luftzug, der es bis in diese Tiefe schaffte.

      Schließlich ging der Fremde weiter. Seine Gangart war nun zögerlicher. Das leicht Unbeholfene in seinen Bewegungen war verschwunden. Stattdessen klang es als würde er sich jeden Schritt genau überlegen.

      Almar blieb reglos liegen. Seine wachsende Ungeduld wollte er dem Fremden nicht zeigen. Das verbot ihm sein Stolz, und den wollte er sich nicht nehmen lassen, nun, da es um sein Leben bald geschehen sein würde. Der Fremde näherte sich ihm nicht und so konnte er diesen nicht erblicken. Merkwürdiger noch als der Klang der zögernden und doch plump lauten Schritte, war, dass ein Gefühl von Angst den Raum ergriff. Der Zwerg, auch wenn dem Tod nahe, wusste, dass es nicht von ihm stammte.

      Zögernd nahm der Ankömmling hinten in einer Ecke Platz. Ein leises Rascheln war zu hören, so als würde ein großes Tuch von etwas heruntergezogen. Wohl die Folterinstrumente, die sorgsam vor dem Staub geschützt waren, dachte der Zwerg. Innig hoffte er, dass der ängstliche Mann sein Handwerk nicht verstand und er so einen schnellen Tod finden konnte. Das war alles, was er noch hoffte. Für viel mehr Hoffnung war in dieser Grotte ohnehin kein Platz und auch seine Riemen, die er straff um seinen Leib trug, wollten ihm nicht viel von diesem flüchtigen Gefühl gestatten.

      Nur zu deutlich konnte er hören, wie die Werkzeuge des Mannes über den Tisch gescharrt wurden. Almar verfolgte gebannt die Geräusche. Er wagte es nicht, sich zu rühren und so konnte er nicht sehen, was der Fremde machte, aber er wirkte ordentlicher, als Almar gehofft hatte. Der Mensch bereitete alles vor, und Almar presste vorsichtshalber die Zähne zusammen. Er durfte dem Schmerz nicht erliegen. Er wusste zu viel, was die Menschen niemals in Erfahrung bringen durften. Sein tiefer Groll gegen die Menschen schenkte ihm die nötige Kraft, denn er wusste nur zu gut, was diese Hochgewachsenen seinem Volk angetan hatten. Zumal in letzter Zeit hatten die Grauen zugenommen. Schon seit Jahren wagte sich in manchen Gegenden kein Zwerg mehr an die Oberfläche, wenn es nicht sein musste.

      Doch er gehörte zu den Soldaten seines Volkes und als Spion hatte er viel Nützliches zu seiner Königin unter Tage gebracht. Lange würden sich die Zwerge nicht mehr von den Überlangen auf den Kopf treten lassen.

      Doch das würde er nicht mehr erleben können. Bald würde er seine Erlösung finden – so wagte er noch zu hoffen. Doch die ungeahnte Sorgfalt des Menschen an diesem untröstlichen Ort, bereitete ihm große Bedenken bezüglich seines baldigen Ablebens. Wenn der Mann ihm doch wenigsten Fragen stellen würde, dann könnte er versuchen, ihn hinters Licht zu führen. Ihm unnützes Wissen an den Kopf werfen, um so den Qualen nur kurz ausgesetzt zu sein. Doch der Mensch schien nicht zu beab­sich­tigen mit ihm zu reden. Nur um seine Werkzeuge kümmerte er sich und ließ diese unentschlossen hin- und hergleiten.

      Dann aber wurde es still. Das war fast noch grausamer. Zu viele Gedanken breiteten sich im Kopf des Zwerges aus. Hatte der Mann so viele Foltermittel, dass er sich nicht für eines entschließen konnte? Grausame Vorstellung, und der Zwerg erwischte sich dabei, wie er kräftig schluckte.

      Plötzlich СКАЧАТЬ