Der Stechlin. Theodor Fontane
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Stechlin - Theodor Fontane страница 18

Название: Der Stechlin

Автор: Theodor Fontane

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754175422

isbn:

СКАЧАТЬ liefern für die große Generalweltanbrennung, ja, hören Sie, meine Herren, das gibt mir einen Stich. Und ich muß Ihnen sagen, ich wollte, jeder kriegte lieber einen halben Morgen Land von Staats wegen und kaufte sich zu Ostern ein Ferkelchen, und zu Martini schlachteten sie ein Schwein und hätten den Winter über zwei Speckseiten, jeden Sonntag eine ordentliche Scheibe, und alltags Kartoffeln und Grieben.«

      »Aber Herr von Stechlin«, lachte Lorenzen, »das ist ja die reine Neulandtheorie. Das wollen ja die Sozialdemokraten auch.«

      »Ach was, Lorenzen, mit Ihnen ist nicht zu reden… Übrigens Prosit… wenn Sie’s auch eigentlich nicht verdienen.«

      Das Frühstück zog sich lange hin, und das dabei geführte Gespräch nahm noch ein paarmal einen Anlauf ins Politische hinein; Lorenzen aber, der kleine Schraubereien gern vermeiden wollte, wich jedesmal geschickt aus und kam lieber auf die Stechliner Kirche zu sprechen. Er war aber auch hier vorsichtig und beschränkte sich, unter Anlehnung an Tucheband, auf Architektonisches und Historisches, bis Dubslav, ziemlich abrupt, ihn fragte: »Wissen Sie denn, Lorenzen, auf unserm Kirchenboden Bescheid? Krippenstapel hat mich erst heute wissen lassen, daß wir da zwei vergoldete Bischöfe mit Krummstab haben. Oder vielleicht sind es auch bloß Äbte.« Lorenzen wußte nichts davon, weshalb ihm Dubslav gutmütig mit dem Finger drohte.

      So ging das Gespräch. Aber kurz vor zwei mußte dem allem ein Ende gemacht werden. Engelke kam und meldete, daß die Pferde da und die Mantelsäcke bereits aufgeschnallt seien. Dubslav ergriff sein Glas, um auf ein frohes Wiedersehn anzustoßen. Dann erhob man sich.

      Rex, bei Passierung der Rampe, trat noch einmal an die kranke Aloe heran und versicherte, daß solche Blüte doch etwas eigentümlich Geheimnisvolles habe. Dubslav hütete sich zu widersprechen, und freute sich, daß der Besuch mit etwas für ihn so Erheiterndem abschloß.

      Gleich danach ritt man ab. Als sie bei der Glaskugel vorbeikamen, wandten sich alle drei noch einmal zurück, und jeder lüpfte seine Mütze. Dann ging es, zwischen den Findlingen hin, auf die Dorfstraße hinaus, auf der eben eine ziemlich ramponiert aussehende Halbchaise, das lederne Verdeck zurückgeschlagen, an ihnen vorüberfuhr; die Sitze leer, alles an dem Fuhrwerk ließ Ordnung und Sauberkeit vermissen; das eine Pferd war leidlich gut, das andre schlecht, und zu dem neuen Livreerock des Kutschers wollte der alte Hut, der wie ein fuchsiges Torfstück aussah, nicht recht passen.

      »Das war ja Gundermanns Wagen.«

      »So, so«, sagte Czako. »Auf den hätt’ ich beinah geraten.«

      »Ja, dieser Gundermann«, lachte Woldemar. »Mein Vater wollt’ Ihnen gestern gern etwas Grafschaftliches vorsetzen, aber er vergriff sich. Gundermann auf Siebenmühlen ist so ziemlich unsere schlechteste Nummer. Ich sehe, er hat Ihnen nicht recht gefallen.«

      »Gott, gefallen, Stechlin - was heißt gefallen? Eigentlich gefällt mir jeder oder auch keiner. Eine Dame hat mir mal gesagt, die langweiligen Leute wären schließlich geradeso gut wie die interessanten, und es hat was für sich. Aber dieser Gundermann! Zu welchem Zwecke läßt er denn eigentlich seinen leeren Wagen in der Welt herumkutschieren?«

      »Ich bin dessen auch nicht sicher. Wahrscheinlich in Wahlangelegenheiten. Er persönlich wird irgendwo hängen geblieben sein, um Stimmen einzufangen. Unser alter braver Kortschädel nämlich, der allgemein beliebt war, ist diesen Sommer gestorben, und da will nun Gundermann, der sich auf den Konservativen hin ausspielt, aber keiner ist, im trüben fischen. Er intrigiert. Ich habe das in einem Gespräch, das ich mit ihm hatte, ziemlich deutlich herausgehört, und Lorenzen hat es mir bestätigt.«

      »Ich kann mir denken«, sagte Rex, »daß gerade Lorenzen gegen ihn ist. Aber dieser Gundermann, für den ich weiter nichts übrig habe, hat doch wenigstens die richtigen Prinzipien.«

      »Ach, Rex, ich bitte Sie«, sagte Czako, »richtige Prinzipien! Geschmacklosigkeiten hat er und öde Redensarten. Dreimal hab’ ich ihn sagen hören: ›Das wäre wieder Wasser auf die Mühlen der Sozialdemokratie.‹ So was sagt kein anständiger Mensch mehr, und jedenfalls setzt er nicht hinzu: ›daß er das Wasser abstellen wolle.‹ Das ist ja eine schreckliche Wendung.«

      Unter diesen Worten waren sie bis an den hochüberwölbten Teil der Kastanienallee gekommen.

      Engelke, der gleich frühmorgens ein allerschönstes Wetter in Aussicht gestellt hatte, hatte recht behalten; es war ein richtiger Oktobertag, klar und frisch und milde zugleich. Die Sonne fiel hie und da durch das noch ziemlich dichte Laub, und die Reiter freuten sich des Spieles der Schatten und Lichter. Aber noch anmutiger gestaltete sich das Bild, als sie bald danach in einen Seitenweg einmündeten, der sich durch eine flache, nur hie und da von Wasserlachen durchzogene Wiesenlandschaft hinschlängelte. Die großen Helden und Forsten, die das eigentlich Charakteristische dieses nordöstlichen Grafschaftswinkels bilden, traten an dieser Stelle weit zurück, und nur ein paar einzelne, wie vorgeschobene Kulissen wirkende Waldstreifen wurden sichtbar.

      Alle drei hielten an, um das Bild auf sich wirken zu lassen; aber sie kamen nicht recht dazu, weil sie, während sie sich umschauten, eines alten Mannes ansichtig wurden, der, nur durch einen flachen Graben von ihnen getrennt, auf einem Stück Wiese stand und das hochstehende Gras mähte. Jetzt erst sah auch er von seiner Arbeit auf und zog seine Mütze. Die Herren taten ein Gleiches und schwankten, ob sie näher heranreiten und eine Ansprache mit ihm haben sollten. Aber er schien das weder zu wünschen noch zu erwarten, und so ritten sie denn weiter.

      »Mein Gott«, sagte Rex, »das war ja Krippenstapel. Und hier draußen, so weit ab von seiner Schule. Wenn er nicht die Seehundsfellmütze gehabt hätte, die wie aus einer konfiszierten Schulmappe geschnitten aussah, hätt’ ich ihn nicht wieder erkannt.«

      »Ja, er war es, und das mit der Schulmappe wird wohl auch zutreffen«, sagte Woldemar. »Krippenstapel kann eben alles - der reine Robinson.«

      »Ja, Stechlin«, warf Czako hier ein, »Sie sagen das so hin, als ob Sie’s bespötteln wollten. Eigentlich ist es doch aber was Großes, sich immer selber helfen zu können. Er wird wohl ‘nen Sparren haben, zugegeben, aber Ihrem gepriesenen Lorenzen ist er denn doch um ein gut Stück überlegen. Schon weil er ein Original ist und ein Eulengesicht hat. Eulengesichtsmenschen sind anderen Menschen fast immer überlegen.«

      »Aber Czako, ich bitte Sie, das ist ja doch alles Unsinn. Und Sie wissen es auch. Sie möchten nur, ganz wie Rex, wenn auch aus einem andern Motiv, dem armen Lorenzen was am Zeug flicken, bloß weil Sie herausfühlen: ›Das ist eine lautere Persönlichkeit.‹«

      »Da tun Sie mir unrecht, Stechlin. Ganz und gar. Ich bin auch fürs Lautere, wenn ich nur persönlich nicht in Anspruch genommen werde.«

      »Nun, davor sind Sie sicher - vom Brombeerstrauch keine Trauben. Im übrigen muß ich hier abbrechen und Sie bitten, mich auf ein Weilchen entschuldigen zu wollen. Ich muß da nämlich nach dem Forsthause hinüber, da drüben neben der Waldecke.«

      »Aber Stechlin, was wollen Sie denn bei ‘nem Förster?«

      »Kein Förster. Es ist ein Oberförster, zu dem ich will, und zwar derselbe, den Sie gestern abend bei meinem Papa gesehn haben. Oberförster Katzler, bürgerlich, aber doch beinah schon historischer Name.«

      »So, so; jedenfalls nach dem, was mir Rex erzählt, ein brillanter Billardspieler. Und doch, wenn Sie nicht ganz intim mit ihm sind, find’ ich diesen Abstecher übertrieben artig.«

      »Sie hätten recht, Czako, wenn es sich lediglich um Katzler handelte. Das ist aber nicht der Fall. Es handelt sich nicht um ihn, sondern um seine junge Frau.«

      »A la bonne heure.«

СКАЧАТЬ