Название: Decameron
Автор: Джованни Боккаччо
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754185629
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Da Alessandro fand, daß die Sache sich einrichten ließ, ohne den Abt zu stören, ließ er es sich gefallen und legte sich, so sacht er konnte, zur Ruhe. Der Abt aber, der noch nicht eingeschlafen war, sondern seinen neu geweckten Gedanken leidenschaftlich nachhing, hatte alles gehört, was Alessandro und der Wirt miteinander sprachen, und hatte auch bemerkt, wo sich Alessandro schlafen legte. Er war sehr froh darüber und dachte: Der Himmel hat meine Wünsche begünstigt, und wenn ich mir diese Gelegenheit nicht zunutze mache, so kommt sie vielleicht so bald nicht wieder. Er entschloß sich demnach, sie nicht fahren zu lassen, und wie es ihm schien, daß alles im Hause schon im tiefen Schlummer lag, rief er den Alessandro mit leiser Stimme und befahl ihm, sich neben ihn zu legen, was dieser auch tat und sich, jedoch nicht ohne einigen Widerspruch, entkleidete und neben ihm niederlegte. Der Abt fuhr ihm darauf mit der Hand über die bloße Brust, wie wohl ein liebendes Mädchen seinem Liebhaber zu tun pflegt; worüber Alessandro sich mächtig wunderte und nicht wußte, ob den Abt nicht irgendeine unerlaubte Lust anwandele. Entweder, weil der Abt eine solche Besorgnis bei ihm vermuten mußte oder Alessandro sie wirklich nicht verhehlen konnte, ward sie der Abt bald gewahr und lächelte darüber, nahm die Hand des Alessandro und legte sie auf seine eigene Brust, indem er sagte: »Alessandro, laß deinen unbegründeten Verdacht fahren und erkenne hier, was ich bisher verbarg.«
Alessandro fühlte, indem er seine Hand auf die Brust des Abtes legte, ein Paar runde, zarte, feste Brüste, die aus lebendem Elfenbein schienen und die ihm bald begreiflich machten, daß er neben einem Mädchen läge, und er war schon im Begriff, sie, ohne eine weitere Aufmunterung zu erwarten, in seine Arme zu schließen und zu küssen, wie sie ihm mit diesen Worten zuvorkam: »Ehe du dich mir näherst, höre zuvor, was ich dir sagen will. Du weißt nunmehr, daß ich ein Weib bin und kein Mann. Ich habe als Jungfrau das Haus meines Vaters verlassen, in der Absicht, vom Papst mich vermählen zu lassen. Entweder, dein Glück oder mein Unstern hat es so gefügt, daß ich neulich, wie ich dich zuerst sah, mich dergestalt in dich verliebte, wie noch nie eine Frau geliebt hat. Sogleich beschloß ich, dich und keinen andern zum Gemahl zu wählen. Willst du mich aber nicht zu deinem Weibe, so entferne dich augenblicklich von mir und begib dich zurück auf dein Lager.«
Alessandro, der zwar nicht wußte, wer sie war, der aber Rücksicht nahm auf seine Begleiter, und also nicht zweifelte, sie müsse sehr reich und vornehm sein, und der überdies ihre Schönheit kannte, bedachte sich nicht lange, sondern versicherte, daß er sich höchst glücklich schätzen würde, da sie es wünsche, ihr Gemahl zu werden. Darauf richtete sie sich im Bett auf, vor einem Bilde, worauf ein Kruzifix vorgestellt war, gab ihm einen Ring in die Hand und hieß ihm, mit demselben sich feierlich mit ihr zu verloben, worauf sie beide den Überrest der Nacht in zärtlicher und wonnevoller Umarmung miteinander zubrachten. Nachdem sie für die Zukunft ihre Maßregeln verabredet hatten, stand Alessandro zeitig auf, ging aus der Kammer, ohne daß jemand gewahr ward, wo er geschlafen hatte, und machte sich mit unbeschreiblichem Vergnügen mit dem Abt und seinen Begleitern wieder auf den Weg. Nach mancher Tagesreise gelangten sie miteinander endlich nach Rom.
Nachdem sie sich dort einige Tage aufgehalten hatten, begab sich der Abt mit den beiden Kavalieren und Alessandro geradeswegs zum Papst, den der Abt, nachdem er ihm seine geziemende Ehrerbietung erwiesen hatte, folgendermaßen anredete: »Heiliger Vater, Ihr wißt besser als irgendein anderer, daß ein jeder, der gut und ehrbar in der Welt zu leben wünscht, jede Gelegenheit vermeiden muß, die ihn zu andern Wegen verleiten könnte. Ich bin deswegen, um immer unangefochten leben zu können, in der Tracht, in welcher ich vor Euch erscheine, und mit einem großen Teil der Schätze meines Vaters, des Königs von England, heimlich entflohen, weil er mich blutjunges Mädchen mit dem König von Schottland, einem abgetakelten, steinalten Herrn, vermählen wollte. Deswegen machte ich mich auf den Weg, um zu Euch zu kommen, damit Ihr mir einen Gemahl gebt. Mich bewog auch nicht so sehr das Alter des Königs von Schottland zur Flucht, als vielmehr die Besorgnis, es möchte mich die Schwachheit meiner Jugend verlocken, wenn ich mich mit ihm vermählt hätte, etwas zu tun, das den göttlichen Gesetzen und dem königlichen Blute meines Vaters zuwider wäre. Indem ich in dieser Absicht hierher reiste, hat, wie ich glaube, Gott, der am besten weiß, was jedem not tut, mir nach seiner Barmherzigkeit denjenigen zugeführt, den er mir zum Gemahl bestimmte, nämlich diesen Jüngling« - und sie zeigte auf Alessandro - »der hier neben mir steht und dessen hohe Tugenden und Sitten der einer Königin würdig sind, wenngleich seine Geburt keiner königlichen gleichkommt. Ihn habe ich mir erwählt, und ihn und keinen andern begehre ich zu meinem Gemahl, was auch die Absicht meines Vaters oder anderer Leute sein mag. Und obwohl jetzt der erste Beweggrund wegfällt, weswegen ich die Reise hierher unternahm, so gefiel es mir doch, sie bis Ende fortzusetzen, teils um die heiligen und ehrwürdigen Stätten, von welchen diese Stadt voll ist, und Eure Heiligkeit selbst zu besuchen, teils auch, damit ich meine Vermählung mit Alessandro, die bisher nur im Angesicht Gottes geschlossen war, auch vor Euch und mithin vor der ganzen Welt kundmache. Deswegen bitte ich Euch demütigst, Euch dasjenige gefällig sein zu lassen, was Gott und mir gefallen hat, und uns Euren Segen zu geben, damit wir durch ihn der Zustimmung des da oben, dessen Statthalter Ihr seid, desto mehr versichert zu Gottes und Eurer Ehre miteinander leben und dereinst sterben mögen.«
Alessandro verwunderte sich über die Maßen, wie er hörte, daß seine Gemahlin eine Prinzessin von England sei, doch erfüllte es ihn mit heimlicher Freude. Allein weit mehr verwunderten sich die beiden Kavaliere und waren so außer sich, daß sie Alessandro und vielleicht auch der Prinzessin würden einen Schimpf angetan haben, wenn sie sich anderswo als in Gegenwart des Papstes befunden hätten.
Andererseits wunderte sich der Papst ebenfalls über die Kleidung der Prinzessin und über ihre Wahl; weil er aber sah, daß das Geschehene nicht mehr zu ändern war, entschloß er sich, ihre Bitte zu gewähren. Er besänftigte demnach zuerst die Kavaliere, deren Unwillen er bemerkte, und nachdem er sie mit der Prinzessin und mit Alessandro versöhnt hatte, ordnete er an, was weiter geschehen solle, und an einem gewissen, von ihm bestimmten Tage, an dem er alle Kardinäle und andere vornehme Herren zu einem großen Feste hatte einladen lassen, stellte er ihnen die Prinzessin im königlichen Schmucke vor, in welchem sie so schön und liebenswürdig erschien, daß sie mit Recht von jedermann bewundert ward. Auch Alessandro war prächtig gekleidet und zeigte in seinem Anstande und in seinen Sitten nicht den Jüngling, der sich von Wucher ernährt hatte, sondern vielmehr ein königliches Wesen, so daß ihm die beiden Kavaliere mit Ehrerbietung begegneten; worauf der Papst die Vermählung feierlich begehen ließ und, nachdem die Hochzeit mit vieler Pracht vollzogen war, dem Brautpaar seinen päpstlichen Segen gab und sie entließ.
Es gefiel Alessandro und seiner Gemahlin, wie sie Rom verließen, nach Florenz zu gehen, woselbst die Fama bereits die Nachricht von ihrer Verbindung verbreitet hatte und wo sie von den Einwohnern mit großen Ehrenbezeigungen empfangen wurden. Die Prinzessin ließ die drei Brüder wieder auf freien Fuß stellen, nachdem sie ihre Schulden bezahlt und sie und ihre Gemahlinnen in alle ihre Güter wieder eingesetzt hatte. Alessandro und seine Gemahlin nahmen mit Einwilligung der andern den Agolante mit sich und verließen Florenz. Bei ihrer Ankunft in Paris wurden sie vom König von Frankreich ehrenvoll empfangen. Von dort gingen die beiden Kavaliere voraus nach England und vermochten den König, die Prinzessin wieder zu Gnaden anzunehmen und sie und ihren Gemahl mit großer Feierlichkeit zu empfangen. Er schlug ihn bald darauf mit großem Gepränge zum Ritter und gab ihm die Grafschaft Cornwall zum Geschenk. Dieser aber bewies sein großes Geschick und gab sich erfolgreich Mühe, Vater und Sohn wieder auszusöhnen, welches dem Lande zum großen Heil gereichte und ihm die Herzen aller Untertanen gewann. Agolante erhielt auch alles wieder, was man ihm schuldig war, und kehrte mit bedeutendem Reichtum nach Florenz zurück, nachdem ihn der Graf Alessandro vorher zum Ritter geschlagen hatte. Dieser lebte hernach sehr geehrt und glücklich mit seiner Gemahlin. Der Sage nach eroberte er durch seine Tapferkeit und Klugheit, und mit dem Beistande seines Schwiegervaters, das Königreich Schottland und ward zum Könige darüber gekrönt.