Название: Love Rules - Geheimnisse
Автор: Tanja Neise
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754180020
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Als die Tür leise geöffnet wurde, schnellte mein Kopf herum. Eine winzige Frau mit silbernem Haar, das sie zu einem akkuraten Dutt hochgesteckt hatte, kam in das Zimmer. Mit Augen, die von Lebenserfahrung sprachen und dennoch zu lächeln schienen, blickte sie mich aufgeschlossen an. »Willkommen, Miss Jones.«
Hastig sprang ich auf, um ihr entgegenzugehen und ihr die Hand zu reichen. Machte man das in dieser Gesellschaftsschicht überhaupt? Jemandem ganz profan die Hand schütteln? Innerlich zuckte ich mit den Schultern. Man musste sich ja nicht allem und jedem anpassen. Ich würde mich einfach so verhalten, wie ich es für richtig hielt, sollte das nicht gut genug sein, dann war dem eben so.
»Vielen Dank, dass Sie zugestimmt haben, mit mir ein Interview zu führen.« Lächelnd ergriff die betagte Autorin meine Hand.
»Wie ich herausgefunden habe, sind Sie eine junge aufstrebende Journalistin, die einen ausgezeichneten Ruf vorzuweisen hat.« Sie hatte sich über mich informiert? Die Frau gefiel mir immer besser.
»Ich hoffe, ich kann dem gerecht werden, denn auch ich habe natürlich meine Hausaufgaben gemacht und festgestellt, dass Sie sehr zurückgezogen leben und in den letzten Jahren darauf verzichtet haben, Interviews zu geben. Ich fühle mich geehrt, dass Sie meiner Anfrage zugestimmt haben.«
Offenherzig fing Clodette an zu lachen und sagte schließlich: »Sie sind so direkt, das finde ich sehr erfrischend. Kommen Sie, wir gehen in die Bibliothek. Diesen Raum hier mag ich nicht sonderlich.« Das konnte ich gut nachvollziehen, ungemütlicher ging es kaum.
Schmunzelnd folgte ich ihr über glänzende Marmorböden und an etlichen Türen vorbei, bis wir den Raum meiner unerfüllten Träume erreichten.
Die Bibliothek war der absolute Wahnsinn. Die Decke reichte mindestens zehn Meter weit über mir nach oben und Bücherregale bedeckten sämtliche Wände und waren auch dementsprechend gefüllt. In der Mitte des Raums stand eine gemütliche Ledercouchgarnitur, etliche Lesesessel und passende Tischchen. An der hinteren Seite waren zwei Schreibtische aufgestellt, die in jedem anderen Zimmer erschlagend gewirkt hätten, doch hier passten die Möbelstücke hervorragend hin.
»Das ist das Herzstück unseres Hauses und mein Lieblingsraum, in dem ich mich zum größten Teil aufhalte.« Lächelnd beobachtete sie mich und freute sich über meine offensichtliche Begeisterung.
»Wow! Das ist wunderschön. Ich kann Sie da sehr gut verstehen. Wahrscheinlich würde ich mir hier sogar ein Bett hineinstellen«, scherzte ich und bekam ein Kichern von Mrs Poirot zur Antwort.
»Setzen Sie sich doch. Madeleine kommt gleich mit Tee und Gebäck. Ich hoffe, Sie mögen Tee?«
»Ja, sehr sogar.«
»Fein, dann habe ich doch die richtige Wahl getroffen.« Ob sie damit das Getränk meinte oder mich als Journalistin, konnte ich in diesem Augenblick nicht sagen. »Vorstellen müssen wir uns ja nicht mehr. Also beginnen Sie ruhig mit Ihren Fragen.«
Mit einem Räuspern schlug ich das Notizbuch auf, ehe ich mit meinem Interview begann. »Miss Poirot, ich würde Ihnen gern zuerst die üblichen Fragen stellen, da es Ihr erstes offizielles Interview seit Langem sein wird und Ihre Leser bestimmt daran großes Interesse zeigen werden.«
»Ganz wie Sie meinen, Schätzchen.«
»Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?« Vermutlich konnten die meisten Autoren die Frage nicht mehr hören.
»Ich denke, wie viele andere dieser Zunft ebenfalls – ich habe schon immer gelesen und irgendwann hatte ich das Bedürfnis, selbst eine Geschichte zu schreiben. Et voilà, mein erster Roman entstand.« Die kleine Frau wirkte gelassen, während ich mich unter ihrem Blick ein wenig wand.
Ich hatte das Gefühl, dass sie mir bis auf die Seele sah und sich etwas von mir für ihr nächstes Buch stahl. Das war natürlich Blödsinn, doch so ganz konnte ich dieses Gefühl nicht abschütteln. Beflissen notierte ich mir die Antwort, doch irgendwie beschlich mich die Vermutung, dass noch mehr hinter ihrer Geschichte stecken könnte.
»Schreiben kann sehr befreiend sein, vielleicht sollten Sie es mal versuchen. Ich meine nicht die journalistische Art des Schreibens, sondern ihre geheimsten Gedanken, Wünsche und so weiter. Probieren Sie es mal, Miss Jones.«
»Ich?« Meine Stimme quiekte.
»Natürlich Sie, sonst ist doch niemand anwesend.« Ihre wachen Augen durchbohrten mich, während ich mir über meine verborgenen Fantasien Gedanken machte, was mir wiederum heiße Wangen einbrachte. An Mrs Poirots Schmunzeln konnte ich sehr gut erkennen, dass die Hitze auch eine Röte mit sich gebracht hatte.
»Nein, das wäre nichts für mich.«
»Haben Sie schon einmal einen Roman von mir gelesen?« Wer interviewte hier eigentlich wen? Im Moment drehte Mrs Poirot geschickt den Spieß um.
»Ehrlich gesagt, habe ich gestern Abend mit Ihrem aktuellen Buch angefangen.« Die erneute Hitze, die mir ins Gesicht stieg, machte mich noch mehr verlegen. Was war nur mit mir los? Ich war im Grunde genommen nicht prüde, doch einer älteren Frau gegenüber zu sitzen und zuzugeben, dass man in der Nacht ihre erotischen Szenen gelesen hatte, das war selbst für mich zu viel.
»Welches?«
Ich rutschte kurz auf dem Leder herum. »Heiße Nächte mit Mister Millionaire«, gestand ich.
»Und?«
Verwirrt schaute ich sie an. Wollte sie jetzt von mir wissen, was ich davon hielt?
Da ich nicht antwortete, hakte sie nach. »Wie finden Sie den Roman bisher?«
Tatsächlich, sie wollte es ganz genau wissen. »Ich mag die Art, wie Sie schreiben.«
Das laute Lachen, das der Kehle von Clodette entwich, irritierte mich. »Sie sind herrlich.« Mit einem Zwinkern fragte sie weiter. »Und der Inhalt? Mögen Sie es, wenn ein Mann weiß, was er will und es sich auch nimmt? Zumindest solange niemand zu Schaden kommt?«
»Ehrlich gesagt, gefällt mir die Geschichte wirklich gut. Das hätte ich vorher nicht gedacht«, gab ich zu.
»Warum nicht?« Das Interview entwickelte sich definitiv anders, als ich es erwartet hatte. Im Geiste machte sich Mrs Poirot auf jeden Fall Notizen, das konnte ich in ihrem Gesicht lesen.
Was sollte ich darauf antworten? Ich fasste mir ein Herz und gab zu: »Wissen Sie, ich bin nicht gerade der romantische Typ und ich hab der Männerwelt abgeschworen. Der Mann, den Sie in Ihrem Buch beschreiben, der ist eine Märchenfigur für erwachsene Frauen. So einen gibt es doch im richtigen Leben gar nicht.« Von meinen Worten getroffen, riss Mrs Poirot die Augen auf, also erklärte ich rasch: »Die Männer, denen ich begegne, sind meistens eher Waschlappen. Kerle, wie ich sie mir wünschen würde, sind gepflegt, schauen gut aus und wissen was sie wollen. Aber im wahren Leben gibt es so etwas nicht. Über solche Wünsche bin ich schon hinweg und werde nicht mehr schwach. Aber Ihr Jamie ist ein Traum und träumen darf man.«
Das Lächeln, das mich zuvor so bezaubert hatte, war aus ihrem Gesicht verschwunden und hatte Traurigkeit Platz gemacht. »Kindchen, so desillusioniert?« In Gedanken versunken, schüttelte sie kurz den Kopf. »Die Frauen von heute sind das schnell, СКАЧАТЬ