Название: Die Kosaken
Автор: Лев Толстой
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752995084
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Nasarka und Jerguschow breiteten ihre Filzmäntel aus und machten es sich hinter dem Balken bequem, während Lukaschka mit Onkel Jeroschka weiterging.
»Hier in der Nähe ist es, Onkel«, sagte Lukaschka leise, während er unhörbar vor dem Alten herschritt. »Ich zeige dir, wo sie vorübergelaufen sind. Außer mir weiß es niemand, Bruder.«
»Zeig's mir nur, Greifer – bist ein wackrer Bursche«, entgegnete der Alte, gleichfalls flüsternd.
Sie gingen ein paar Schritte weiter, dann blieb Lukaschka stehen, bückte sich über eine Pfütze und ließ einen Pfiff hören.
»Hier sind sie vorübergekommen, auf dem Wege zur Tränke, siehst du?« sagte er kaum hörbar, während er auf die frische Spur wies.
»Christus beschütze dich«, antwortete der Alte. »Der Eber wird jenseits des Grabens sein, in seinem Schlammloch«, fügte er hinzu. »Ich will hier sitzen bleiben, geh nur zurück!«
Lukaschka schob seinen Filzmantel höher und ging allein am Ufer entlang zurück, wobei er bald nach links, auf die Schilfwand, bald auf den zu seiner Rechten rauschenden Terek einen Blick warf.
»Auch sie werden hier irgendwo auf der Lauer liegen oder herumkriechen«, sagte er sich, im Geiste mit den Tschetschenzen beschäftigt.
Plötzlich hörte er im Wasser ein Rauschen und Plätschern: er fuhr zusammen und griff nach seiner Büchse. Vom Ufer her schoß ein Eber schnaubend an ihm vorüber: einen Augenblick hob die schwarze Gestalt des Tieres sich von der schimmernden Oberfläche des Wassers ab, um dann im Schilfe zu verschwinden. Luka riß schnell das Gewehr empor und legte an, doch kam er nicht mehr zum Schuss: der Eber war bereits ins Dickicht entkommen.
Luka spuckte ärgerlich aus und ging weiter. Als er dem Posten nahekam, blieb er wieder stehen und pfiff leise. Ein Pfiff kam als Antwort zurück, und er trat zu den Kameraden hin.
Nasarka lag, die Knie an die Brust gezogen, auf der Erde und schlief bereits. Jerguschow saß mit untergeschlagenen Beinen da und rückte ein wenig zur Seite, um Lukaschka Platz zu machen.
»Wie hübsch es sich hier sitzt – wirklich ein guter Platz«, sagte er. »Hast du den Alten hingeführt?«
»Ich hab' ihm die Stelle gezeigt«, antwortete Lukaschka, während er seinen Filzmantel ausbreitete. »Eben habe ich einen mächtigen Eber aufgescheucht, ganz dicht am Wasser. Es muß derselbe gewesen sein, den ich schon früher sah. Hast wohl gehört, wie er krachend durchs Dickicht brach?«
»Hab' wohl ein Geräusch gehört, und ich dachte mir gleich: da hat wohl Lukaschka ein Stück Wild aufgejagt«, sagte Jerguschow und hüllte sich dichter in seinen Mantel. »Ich möchte jetzt schlafen«, fügte er hinzu – »wecke mich, sobald die Hähne gekräht haben, ich löse dich dann ab. Ich will jetzt schlafen und ausruhen – dann kannst du schlafen, während ich wache ... So machen wir's, wie?«
»Ich will gar nicht schlafen, danke«, antwortete Lukaschka.
Die Nacht war dunkel, warm und windstill. Nur auf der einen Seite der Himmelswölbung schimmerten die Sterne; der andere, größere Teil des Himmels, nach dem Gebirge zu, war von einer einzigen großen Wolke verhüllt. Die schwarze Wolke floß mit den Bergen in eins zusammen und zog langsam weiter, ohne daß der Wind sie trieb. Mit ihren ausgebuchteten Rändern hob sie sich scharf vom tiefblauen Sternenhimmel ab. Nur nach vorn hatte der Kosak einen freien Ausblick über den Terek und darüber hinaus in die Weite; hinter ihm und zu beiden Seiten stieg eine Wand von Schilfrohr empor. Zuweilen begann das Schilf, ohne sichtbare Ursache, zu wogen und zu rauschen. Von unten her gesehen, erschienen seine schwankenden Kolben am hellen Himmelsrande wie buschige Baumzweige. Dicht vor den Füßen hatten die Wachthabenden den Uferrand, unter dem der Fluß dahinrauschte. Weiterhin flimmerte die glänzende, bewegliche Masse der braunen Flut einförmig um die Sandbänke und Ufer. Noch weiter flossen dann Wasser, Ufer und Gewölk in undurchdringlichem Dunkel zusammen. Über die Oberfläche des Wassers zogen schwarze Schatten, die das geübte Auge des Kosaken als stromabwärts gehendes Schwemmholz unterschied. Ab und zu nur erhellte ein Wetterleuchten, das sich in dem dunklen Wasser spiegelte, die Linie des gegenüberliegenden steilen Ufers. Die einförmigen Laute der Nacht, das Rauschen des Schilfes, das Schnarchen der Kosaken, das Summen der Mücken und das Rieseln des Wassers wurden nur selten durch einen fernen Schuß, durch das Glucksen eines vom Ufer losgelösten Erdklumpens, durch das Aufspringen eines großen Fisches oder ein Knacken und Rascheln im Dickicht, das von dem durchbrechenden Wilde herrührte, unterbrochen. Eine Eule flatterte plötzlich auf und flog am Terek entlang weiter, wobei sie jedesmal beim zweiten Flügelschlag mit dem einen Flügel über den andern hinstrich. Dicht über den Köpfen der Kosaken machte sie eine Wendung zum Walde hin und flog auf einen Baum zu, wobei sie nicht mehr erst bei jedem zweiten, sondern bei jedem einzelnen Flügelschlage die Flügel aneinander hinstreichen ließ. Nach langem Hinundherflattern ließ sie sich endlich auf einer alten Platane nieder. Bei jedem dieser Laute spitzte der wachthabende Kosak die Ohren, kniff die Augen zusammen und tastete langsam nach seiner Büchse.
Ein großer Teil der Nacht war vergangen. Die schwarze Wolke, die sich weiter nach Westen hin verzogen hatte, ließ hinter ihren zerrissenen Rändern den klaren Sternenhimmel sehen, und die silberne Sichel des abnehmenden Mondes strahlte hell über dem Gebirge. Es war empfindlich kalt geworden. Nasarka erwachte, sprach ein paar Worte und schlief wieder ein. Lukaschka empfand Langeweile; er stand auf, holte sein Messer hervor und begann den abgeschnittenen Stecken zu einem Ladestock zurechtzuschnitzen. Wirre Gedanken gingen ihm durch den Kopf – daß dort im Gebirge die Tschetschenzen leben, daß ihre Krieger ans diesseitige Flussufer kommen, daß sie die Kosaken nicht fürchten und vielleicht in diesem Augenblick irgendwo den Fluß überschreiten. Und er neigte sich vor und spähte den Fluß entlang, doch war nirgends etwas zu sehen. Wenn er so nach dem Flusse und dem fernen Ufer hinschaute, das in dem matten Mondschein sich nur schwach vom Wasser abhob, vergaß er die Tschetschenzen ganz und gar und erwartete nur den Augenblick, da er die Kameraden wecken und selbst ins Dorf gehen würde. Dort im Dorfe würde er Dunjka sehen, sein »Seelchen«, wie die Kosaken ihre Geliebten nennen – und er ward unwillig, als er an sie dachte. Immer deutlicher wurden die Anzeichen des Morgens: silberweißer Nebel schimmerte über dem Wasser, und irgendwo in der Nähe ließ sich das durchdringende Pfeifen junger Adler und ihr Flügelschlag vernehmen. Endlich erscholl weither vom Dorfe das Krähen des ersten Hahnes, ein zweiter Hahn antwortete mit langgezogenem Schrei, und immer neue und neue Hahnenrufe folgten.
»Es ist Zeit, sie zu wecken«, dachte Lukaschka, der soeben seinen Ladestock fertiggeschnitzt hatte und nun fühlte, daß ihm die Lider schwer wurden. Er wandte sich nach den Kameraden um und suchte zu erraten, welchem von ihnen die einzelnen Beine gehörten. Da war's ihm plötzlich, als ob vom anderen Ufer des Terek ein Plätschern ertönte, und er wandte den spähenden Blick noch einmal nach dem sich aufhellenden Horizont, nach der Linie der Berge unter der umgekehrten Mondsichel, nach dem Umriß des jenseitigen Ufers, dem Laufe des Terek und den auf ihm heranschwimmenden Baumstämmen, die jetzt deutlich zu unterscheiden waren. Es schien ihm, daß er selbst sich bewege, während der Terek mit den Baumstämmen still dalag; doch dauerte das nur einen Augenblick, dann sah er wieder alles, wie es war. Er lugte scharf hinaus, und namentlich ein großer, dunkler Stamm mit einem Aste zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Ganz sonderbar, ohne zu schwanken oder sich zu drehen, schwamm dieser Baumstamm mitten im Flusse daher. Es schien Lukaschka, daß er nicht mit der Strömung schwimme, sondern den Terek in der Richtung auf eine Sandbank zu durchschneide. Lukaschka reckte den Hals vor und begann den heranschwimmenden Baumstamm gespannt zu beobachten. Jetzt näherte er sich der Sandbank, machte Halt und begann sich auf seltsame Art zu bewegen. Es schien Lukaschka, als sehe er plötzlich eine Hand unter dem Baumstamm. »Jetzt werde ich ganz allein einen Abreken töten!« dachte er, griff nach dem Gewehr, stellte СКАЧАТЬ