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Naturwissenschaft und Religion
Mit dem Aufkommen der philosophischen Strömungen des Naturalismus, Materialismus und deren Einfluss auf die Wissenschaftstheorie entstanden immer mehr Konfliktfelder zwischen Naturwissenschaft und Religion. Beide beanspruchten für sich, wahre Aussagen über die Welt zu treffen, die Religion aus der Offenbarung und die Naturwissenschaften durch das Experiment. Eine wichtige Forderung des logischen Empirismus ist eine konsequente Ablehnung aller metaphysischen oder transzendenten Konzepte mit der Folgerung, dass die ganze existente Welt nur aus Materie und Energie bestehe. Dies impliziert im Zusammenhang mit dem Reduktionismus, dass auch der Mensch in seinem Individuum nur ein Produkt aus Atomen ist, dessen Bewusstsein, Gedanken, Gefühle und Handeln durch chemische und physikalische Wechselwirkungen in seinem Gehirn zustande kommen. Folglich sei sein Glaube an einen Gott nur eine Projektion seines Bewusstseins und sein freier Wille, an den die Religion appelliert, eine Illusion. Solche Positionen wurden vor allem im 19. Jahrhundert von Anhängern des Positivismus und Physikalismus vertreten und in einigen Disziplinen wie der Religionsphilosophie, Erkenntnistheorie und den Sozialwissenschaften diskutiert.
Nach den neuen Erkenntnissen der Quantenmechanik zur Kausalität in atomarem Bereich mussten entscheidende Grundannahmen der Wissenschaftstheorie überarbeitet und neu formuliert werden. Die Vorstellung, dass die Welt unbeeinflussbar und in allen Details wie ein großes Uhrwerk nach strengen Naturgesetzen funktioniert (Determinismus) hat sich als unhaltbar erwiesen. Damit wurde auch der Anspruch der Naturwissenschaft, eine endgültige, objektive Wahrheit über die Welt liefern zu können, stark in Frage gestellt.
Heute wird unter vielen Wissenschaftlern und Theologen die Auffassung geteilt, dass Naturwissenschaft und Religion sich nicht in einem antagonistischen (widerstreitenden), sondern einem komplementärem (ergänzendem) Sinn gegenüberstehen. Dabei wird ihr Gegensatz aufgehoben, indem beide Betrachtungsweisen verschiedenen Teilen der Realität zugeordnet werden, einer subjektiven von innen und einer objektiven von außen. Dabei finden beide ihre Berechtigung und eine objektive Entscheidung, welche dieser Betrachtungsweisen nun die „wichtigere“ sei, ist grundsätzlich nicht möglich, weil jede Argumentation auf Fragen der Weltanschauung basiert.
Einfluss auf die Literatur
Der Naturforscher wird in der Literatur mit der Rezeption des Fauststoffes zu einem beliebten Thema. In Goethes Faust I wird der historische Johann Georg Faust als ein nach Erkenntnis strebender und sich aus religiöser Bevormundung befreiender, Intellektueller dargestellt, der jedoch an seine Grenzen stößt und so einen Teufelspakt schließt. Fortschreitende Entwicklung der Naturwissenschaft nimmt auf das philosophische Weltbild Einfluss und schlägt sich auch in der Literatur des Realismus nieder. Die Darstellung der Handlung konzentriert sich auf die äußere Welt und findet eine objektive, aber künstlerische Beschreibung. Weiterhin erfolgen auch kritische Auseinandersetzungen mit der Idee der Naturbeherrschung und deren gesellschaftlichen Folgen, die sich etwa in der industriellen Revolution manifestieren. In der Postmoderne werden Fortschritt und Vernunft stark in Frage gestellt und Denkrichtungen des Pluralismus und Relativismus beschritten. Der Zufall erlangt in vielen Werken zentrale Bedeutung. In Max Frischs Roman Homo Faber wird der Protagonist Walter Faber, ein Ingenieur mit technisch-rationaler Weltanschauung in seinem geordneten Lebensablauf vom Schicksal eingeholt. Durch eine Reihe zufälliger Ereignisse, die stark mit seiner Vergangenheit zusammenhängen, geht er eine Liebesbeziehung mit seiner eigenen Tochter ein, von deren Geburt er nichts wusste. Auf einer gemeinsamen Reise stirbt sie an den Folgen einer Kopfverletzung. Einige Zeit drauf wird bei Faber Magenkrebs diagnostiziert. Vor der Operation, deren Ausgang offen ist, reflektiert er über sein verfehltes Leben.
Ein bedeutendes Werk, das vom Kalten Krieg geprägt die Verantwortung des Naturwissenschaftlers im Atomzeitalter behandelt, ist die Tragikomödie Die Physiker des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt. Der geniale Physiker Johann Wilhelm Möbius stellt bei seiner revolutionären Entdeckung der Weltenformel fest, dass deren Anwendung der Menschheit Mittel verleihen würde, die schließlich zu ihrer endgültigen Vernichtung führen könnten. Aus diesem Grund verlässt er seine Familie und gibt sich in einem Irrenhaus als Geisteskranker aus. Das Drama nimmt seine schlimmstmögliche Wendung, als sich am Ende herausstellt, dass die verrückte Chefärztin Möbius‘ Manuskripte kopiert hat und mit Hilfe der Formel die Weltherrschaft erlangen will. Dürrenmatt räumt in seinen 21 Punkten zu den Physikern dem Zufall wieder eine entscheidende Stellung ein: „Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer vermag sie der Zufall zu treffen.“ Der internationale Erfolg des Werks führte zur verstärkten Auseinandersetzungen mit der Thematik in den Medien. Ein bekanntes Werk, das den Naturwissenschaftler historisch im Kontext der Gesellschaft darstellt, ist Leben des Galilei von Bertolt Brecht.
Eindrücklich ist der Einfluss der Naturwissenschaft in dem Genre der Science-Fiction zu erkennen. Zukünftige Welten mit weit entwickelter Technologie und radikal anderem Setting sind Merkmale zahlreicher Werke der Hoch- und Unterhaltungsliteratur. Der Naturwissenschaftler als Literarische Figur ist auch in der Gegenwartsliteratur sehr beliebt. Die naturwissenschaftliche Forschung selbst wird von Wissenschaftsjournalisten, Buchautoren und Bloggern in einer einfachen Sprache der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (Populärwissenschaftliche Literatur).
Film und Fernsehen
Populärwissenschaftliche Sendungen wie etwa Meilensteine der Naturwissenschaft und Technik oder alpha-Centauri erfreuen sich bei Interessierten einer zunehmenden Beliebtheit. Dort werden wissenschaftliche Themenbereiche in einer für Laien nachvollziehbaren Darstellung vermittelt, die das Interesse wecken und zur weiteren Auseinandersetzung anregen soll. In Filmen und Serien ist die Naturwissenschaft noch weit über das Science-Fiction Genre ein beliebtes Motiv. In der US-amerikanischen Krimiserie Numbers – Die Logik des Verbrechens löst Charlie Eppes, ein Mathe-Genie in beratender Funktion für das FBI Verbrechen auf, indem er mathematisch-naturwissenschaftliche Methoden anwendet. In vielen Darstellungen nimmt so der geniale Wissenschaftler mit seinen besonderen Fähigkeiten die Rolle eines alternativen Helden ein. Der Konflikt zwischen persönlicher Identität und sozialer Rolle wird in dem Film Good Will Hunting thematisiert. Will Hunting ist ein Genie, der in sozial schwachem Milieu in einer Pflegefamilie aufgewachsen ist, einige Vorstrafen hat und sich mit Gelegenheitsjobs durchschlägt. Nachdem ein Professor seine Begabung entdeckt, stehen ihm alle Wege offen. Er kann jedoch seinen Identitätskonflikt nicht bewältigen, bis ein Psychologe sich seiner annimmt. Eine weitere Darstellung ist die im Film A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn verarbeitete, auf Fakten basierte Lebensgeschichte des bekannten Mathematikers John Nash. Als Außenseiter verfällt er in Schizophrenie und glaubt aufgrund seiner Tätigkeit als Codeknacker von Agenten verfolgt zu werden. Stereotypisch für den Naturwissenschaftler ist oft die fehlende Sozialkompetenz, die entweder zu tragischen Folgen führt oder etwa in Komödien zur Unterhaltung eingesetzt wird. So wird in der Sitcom The Big Bang Theory das Leben zweier junger Physiker und ihrer Nachbarin, die als Kellnerin arbeitet, in Kontrast gesetzt. Die СКАЧАТЬ