Das Bildnis des Dorian Gray. Oscar Wilde
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Название: Das Bildnis des Dorian Gray

Автор: Oscar Wilde

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752916331

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СКАЧАТЬ unter den Frauen, aber so geschmacklos aufgeputzt, daß man bei ihrem Anblick immer an ein schlechtgebundenes Gebetbuch denken mußte. Zu seinem Glück saß an ihrer anderen Seite Lord Faudel, eine sehr intelligente Mittelmäßigkeit in den besten Jahren, der so fahl war wie der Bericht eines Ministers auf eine Interpellation im Unterhaus, und mit ihm unterhielt sie sich in jenem intensiv-ernsten Tone, der, wie Lord Henry einmal selbst geäußert hatte, jener unverzeihliche Irrtum ist, in den alle wirklich guten Menschen verfallen, und den keiner von ihnen völlig vermeiden kann.

      »Wir sprechen über den bedauernswerten Dartmoor, Henry«, rief die Herzogin, ihm vergnügt über den Tisch zunickend. »Glauben Sie, daß er wirklich die berückende junge Dame heiratet?«

      »Ich glaube, Frau Herzogin, sie hat sich fest vorgenommen, um das Jawort zu bitten.«

      »Wie schrecklich«, rief Lady Agatha. »Dann sollte sich wirklich jemand ins Mittel legen.«

      »Ich erfahre aus einer ganz vorzüglichen Quelle, daß ihr Vater ein Kurzwarengeschäft in Amerika hat«, sagte Sir Thomas Burdon mit einem überlegenen Blicke.

      »Mein Onkel hat behauptet: Schweinefleischlieferant, Sir Thomas.«

      »Kurzwaren! Was sind amerikanische Kurzwaren?« fragte die Herzogin und erhob staunend ihre großen Hände und dabei jede Silbe betonend.

      »Amerikanische Romane«, antwortete Lord Henry und nahm von den Wachteln.

      Die Herzogin machte ein erstauntes Gesicht.

      »Geben Sie nicht acht auf ihn, meine Liebe,« wisperte ihr Lady Agatha zu, »er meint nie im Ernst, was er sagt.«

      »Als Amerika entdeckt wurde,« sagte der radikale Abgeordnete und ließ einige langweilige Tatsachen vom Stapel. Wie alle Menschen, die bestrebt sind, ein Thema zu erschöpfen, erschöpfte er seine Zuhörer. Die Herzogin seufzte und benützte ihr Vorrecht, zu unterbrechen. – »Wollte Gott, es wäre überhaupt nicht entdeckt worden«, rief sie aus. »Unsere Töchter haben heutzutage wirklich gar keine Chance mehr. Das ist geradezu empörend!«

      »Vielleicht ist Amerika überhaupt nicht entdeckt worden, wenn man's recht betrachtet«, sagte Herr Erskine. »Ich würde eher sagen, daß es nur aufgefunden wurden ist.«

      »Oh, ich muß aber gestehen, daß ich einige seiner Bewohnerinnen gesehen habe« antwortete die Herzogin zerstreut, »ich muß zugeben, die meisten von ihnen sind ausgesprochen hübsch. Und außerdem ziehen sie sich gut an. Sie beziehen alle ihre Kleider aus Paris. Ich wollte, ich könnte mir das auch leisten.«

      »Man sagt: wenn gute Amerikaner sterben, so fahren sie nach Paris«, gluckste Sir Thomas, der eine große Kiste voll abgelegter Scherze sein eigen nannte.

      »In der Tat? Und wohin gehen schlechte Amerikaner, wenn sie sterben?« fragte die Herzogin.

      »Sie gehen nach Amerika«, murmelte Lord Henry.

      Sir Thomas runzelte die Stirn. »Ich fürchte, Ihr Neffe hat Vorurteile gegen dieses große Land«, sagte er zu Lady Agatha. »Ich habe es ganz bereist in Eisenbahnwagen, die mir die Direktionen zur Verfügung stellten. Man ist da in diesen Dingen außerordentlich höflich. Ich versichere Ihnen, es ist eine vorzüglich bildende Reise da drüben.«

      »Aber müssen wir wirklich nach Chicago schwimmen, um unsere Bildung zu vervollständigen?« fragte Herr Erskine wehmütig. »Ich fühle mich wirklich zu solcher Reise nicht aufgelegt.«

      Sir Thomas winkte mit der Hand. »Herr Erskine of Treadley besitzt die Welt auf seinen Bücherregalen. Wir Männer des praktischen Lebens lieben es, die Dinge zu sehen, nicht darüber zu lesen. Die Amerikaner sind ein außerordentlich interessantes Volk. Sie sind vollständig Vernunftmenschen. Ich glaube, das ist ihr Charaktermerkmal. Ja, Herr Erskine, ein ausschließlich von der Vernunft beherrschtes Volk. Ich versichere Ihnen, es gibt bei den Amerikanern keinerlei Unsinn.«

      »Wie schrecklich!« rief Lord Henry aus. »Ich kann rohe Gewalt vertragen, aber rohe Vernunft ist mir unerträglich. Ich finde immer, daß ihre Anwendung unbillig ist. Es heißt den Geist unterjochen.«

      »Ich verstehe Sie nicht«, erwiderte Sir Thomas und wurde etwas rot.

      »Ich verstehe Sie, Lord Henry«, murmelte Herr Erskine lächelnd.

      »Paradoxe sind ja an und für sich recht schön und gut ...«, nahm der Baronet wieder das Wort.

      »War das ein Paradoxon?« fragte Herr Erskine. »Ich habe es nicht dafür gehalten. Vielleicht war es eins. Nun, der Weg zur Wahrheit scheint mit Paradoxen gepflastert zu sein. Um die Wahrheit zu erkennen, müssen wir sie auf gespanntem Seil tanzen sehen. Wenn die Wahrheiten Akrobaten werden, können wir sie beurteilen.«

      »Mein großer Gott!« sagte Lady Agatha, »was für eine Art zu diskutieren habt ihr Männer. Ich verstehe nie ein einziges Wort von eurem Gerede. Mit dir, Harry, oh! bin ich ganz böse. Warum versuchst du, unseren lieben Herrn Dorian Gray zu überreden, nicht mehr ins East-End zu gehen? Ich versichere dir, er wäre dort für uns unschätzbar; sein Spiel würde die Leute ungemein begeistern.«

      »Mir ist es lieber, wenn er für mich spielt«, rief Lord Henry lächelnd, sah am Tisch hinunter, wo ihn ein fröhlich antwortender Blick traf.

      »Aber sie sind in Whitechapel so unglücklich«, fuhr Lady Agatha wieder fort.

      »Ich kann mit allem möglichen Mitgefühl haben,« sagte Lord Henry, die Achseln zuckend, »außer mit Leiden. Damit kann ich keine Sympathie haben. Es ist zu häßlich, zu schrecklich, zu niederdrückend. In der heute modernen Sympathie für die Leiden liegt etwas schrecklich Krankhaftes. Man sollte mit Farben sympathisieren, mit Schönheit, mit Lebensfreude. Je weniger man über das Elend des Lebens sagt, desto besser.«

      »Aber das East-End ist ein sehr wichtiges Problem«, bemerkte Sir Thomas mit ernstem Kopfschütteln.

      »Sicherlich«, antwortete der junge Lord. »Es ist das Problem der Sklaverei, und wir versuchen es derart zu lösen, daß wir die Sklaven amüsieren.«

      Der Politiker sah ihn mit einem forschenden Blicke an. »Welche Änderung schlagen Sie also vor?«

      Lord Henry lachte. »Ich habe gar nicht das Verlangen, in England etwas zu ändern außer dem Wetter«, entgegnete er. »Ich begnüge mich mit philosophischer Betrachtung. Da aber das neunzehnte Jahrhundert durch übermäßigen Verbrauch von Sympathie Bankrott geworden ist, möchte ich vorschlagen, daß man sich an die Wissenschaft hält, damit diese uns wieder aufrichtet. Der Vorteil der Gefühle liegt darin, daß sie uns in die Irre führen, und der Vorteil der Wissenschaft darin, daß sie sich mit Gefühlen nicht abgibt.«

      »Aber auf uns liegen so ernste Verantwortlichkeiten«, warf Frau Vandeleur schüchtern ein.

      »Entsetzlich schwere«, stimmte Lady Agatha ein.

      Lord Henry sah zu Herrn Erskine hinüber. »Die Menschheit nimmt sich selber zu ernst. Das ist die Todsünde der Welt. Wenn die Höhlenmenschen schon hätten lachen können, hätte die Weltgeschichte andere Wege eingeschlagen.«

      »Ihre Worte klingen sehr tröstlich«, trillerte die Herzogin. »Ich habe immer eine Art Schuldgefühl gehabt, wenn ich Ihre liebe Tante besuchte, denn ich nehme nicht das geringste Interesse an East-End. In Zukunft werde ich ihr ohne zu erröten ins Gesicht sehen können.«

      »Erröten ist ein vorzügliches Schönheitsmittel«, СКАЧАТЬ