Nach Amerika! Bd. 2. Gerstäcker Friedrich
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Название: Nach Amerika! Bd. 2

Автор: Gerstäcker Friedrich

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783753136035

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СКАЧАТЬ «Auch in unsere Familie», fuhr Amalie fort, «hatten wir einen jungen, edlen Polen aufgenommen, der unsere Schwelle, von Fieberfrost geschüttelt, mit einer Menge ungeheilter Wunden, mit zerrissener Uniform, dem Untergang schon nahe, betrat, und kaum ein Lager für sich eingerichtet bekommen, als ein hitziges Fieber sein Leben bedrohte und ihn für Monate an den Rand des Grabes brachte. Sidonie und ich pflegten ihn in der Zeit wie Schwestern; Sidonie besonders wich kaum mehr von seinem Bett, und wir hatten die Freude, den Unglücklichen nach langen Monden dem Leben, der Gesundheit zurückgegeben zu sehen. Vollkommen endlich wieder hergestellt und mit allem versehen, was er zu einer so weiten Reise brauchte, wollten meine Eltern dann den Fremden entlassen – aber es war zu spät; Sidoniens Herz hing an dem fremden Manne und konnte – wollte ihn nicht verlassen. Vater und Mutter baten und beschworen sie – umsonst, der Pole durfte nicht länger auf deutschem Boden weilen, unsere deutschen Regierungen fürchteten, das Mißvergnügen des Zaren zu erregen, und mit der warmen Frühlingsluft, die über die Berge zog und unsere Ströme vom Eis befreite – mit dem ersten Schiff, das den aufgetauten Strom befuhr – verließ Sidonie als Olnitzkis Gattin das väterliche Haus.»

       Amalie schwieg, und Jack Owen ging wieder eine ganze zeitlang lautlos, aber recht schwer aufatmend neben dem Pferde her – endlich sagte er leise:

       «Aber Olnitzki hatte Vermögen, wie er Amerika betrat.»

       «Mein Vater ist wohlhabend und wollte die Tochter nicht der Ungewißheit einer selbst zu erkämpfenden Existenz preisgeben.»

       Jack Owen blieb stehen und sah die Fremde überrascht und ungewiß an – er hatte augenscheinlich nicht recht verstanden, was sie mit den Worten meinte.

       «Olnitzki hat also sein Geld nicht mit von Polen herübergebracht?» frug er endlich.

       «So reich er dort gewesen sein mochte», sagte Amelie, «der Krieg verschlang alles, und jene edlen Herzen warfen nicht allein ihr Leben, nein, alles, was sie auf Erden ihr eigen nannten, in die Schale, um das Vaterland zu retten.»

       «Hm, hm, hm, hm, hm!» sagte der Jäger wieder und schritt rascher vorwärts, als ob er die versäumten Minuten einholen müsse; aber er erwiderte nichts weiter, schien sogar jedes fernere Gespräch vermeiden zu wollen, und beschäftigte sich ausschließlich mit dem Weg, der hier auch in der Tat noch eher wilder und verworrener wurde, und seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, um der Fremden nur einigermaßen Bahn zu brechen. Amalie aber fühlte sich durch das ihr auffällige Benehmen des Führers beunruhigt, trieb ihr Pferd, jetzt schon vollkommen an den Ritt gewöhnt und dreist gemacht durch den sanften Schritt des Tieres, zu etwas schärferem Schritt mit der Gerte an, und sagte halb schüchtern, halb entschlossen, um jeder weiteren Ungewißheit ein Ende zu machen:

       «Wie geht es meiner Schwester – ist sie g l ü c k l i c h und lebt sie so, wie wir es in Deutschland erwartet haben, daß sie leben würde und sollte?»

       «Bst!» sagte ihr Führer aber als einzige Antwort, und bei der rasch, doch vorsichtig abwärts gedrehten rechten Hand blieb das gelehrige, aufmerksame Tier wie in den Boden gewurzelt stehen, regte sich nicht mit dem Kopf und schüttelte weder Schweif noch Mähne. Der Jäger aber, mit der Hand langsam, um keine rasche, auffällige Bewegung zu machen, nach vorn deutend, zeigte der Fremden, die dem ausgestreckten Finger mit den Augen folgte, die schlanke, prächtige Gestalt eines stattlichen Hirsches, der aus einem dichten Gebüsch herausgetreten war und sich, eine Gefahr ahnend, über eine kleine Waldblöße langsam hinüberäste.

       Vorsichtig nahm der Jäger die Mütze vom Kopf, ließ sie geräuschlos auf den Boden gleiten, und eine Bewegung seiner Hand, mit einem Blick, den die klugen Tiere wohl verstanden, gebot den Hunden, den Platz zu wahren, bis er wiederkehre. Nur einer von ihnen, Deik, ein alter, von Narben zerrissener Bursche mit ganz kurz abgeschlagenem Schwanz und ebensolchen Ohren – zugestutzt, als ob sein Herr eben nicht mehr von ihm hätte haben wollen, als unumgänglich nötig war – wußte sich von dem Befehl ausgenommen. Als der Jäger jetzt, sich niederduckend und den Schutz eines kleinen Busches benutzend, rasch aber lautlos durch das feuchte, gelbe, den Boden bedeckende Laub hinglitt, folgte er ihm dicht auf den Fersen, haltend, wenn jener stehenblieb, und vorsichtig ausschreitend, wenn es der Jäger für rechtzeitig hielt, weiter vorzuschleichen.

       Amalie selbst vergaß in dem neuen Eindruck der Jagd, der jetzt den Wald mit einem eigenen, kaum geahnten Zauber füllte, für den Moment wenigstens alles andere. Das edle, sich so sicher fühlende Wild, die in das Gras gedrückten klugen Hunde, die lebendige, ausdrucksvolle Gestalt des Jägers mit dem schleichenden Tier an seinen Fersen, das Pferd selbst, auf dem sie saß, das wie ängstlich den klugen Kopf nach dem leisen Rascheln ihres Kleides wandte, das Rauschen der mächtigen Wipfel dazu, durch das weit, weit herüber der gellende Schrei eines Falken tönte – sie preßte fast unwillkürlich ihre rechte Hand auf’s Herz, so laut kam ihr jetzt dessen Klopfen vor, und während sie in ängstlicher Sorge um das Leben des wunderschönen Tieres bangte, das so frei und glücklich dort durch den Wald schritt, mochte sie selbst kaum atmen, um dem Bedrohten nicht die Nähe des Feindes zu verraten.

       Jack Owen war aber in diesem Augenblick nur noch einzig und allein Jäger. An seine Schutzbefohlene kaum denkend, die er jedoch auch sicher auf dem Tier wußte, glitt er, jetzt den Stamm einer Eiche oder eines Sassafrasbaumes benutzend, jetzt einen Busch oder umgestürzten Baumstamm als Schutz gebrauchend, zugleich aber auch nicht ganz direkt auf das Wild zu-, sondern etwas seitab schleichend, damit durch irgendein vielleicht unvorsichtig gemachtes Geräusch die Aufmerksamkeit des scheuen Wildes nicht etwa auf das im Wege haltende Pferd gelenkt würde, rasch und geräuschlos über den Boden hin, bis in vielleicht noch hundert Schritt von seiner Beute. Da knickte ein trockener, unter dem Laub versteckt gelegener Zweig, und ob sich der Mokassin über ihm zusammenzog und Jäger wie Hund instinktartig zusammensanken, wo sie standen, war der schwache Laut doch hinübergedrungen zu dem Hirsch, der gerade selber mit Äsen aufgehört hatte und hinüberhorchte nach dem Schrei des Falken. Die Tiere der Wildnis haben eine Sprache untereinander, die der Mensch nicht versteht – eine Stimme, um zu warnen und zu rufen, zu locken und zu verscheuchen, und sie achten darauf, wenn selbst ein feindliches Geschlecht die Warnung gäbe.

       Einmal aufmerksam geworden, wußte Jack Owen aber auch recht gut, daß sich das scheue Tier nicht wieder beruhigen würde, um weitere Annäherung zu gestatten. So also rasch die Büchse hebend, die er in der Bewegung spannte, suchte das Auge den tödlichen Fleck, der Finger zuckte, scharf schmetterte der Schlag durch den Wald, und wie sich der Hirsch hob und zusammenbrach, und wieder empor und mit wilden Sätzen in das Dickicht hineinschnellte, fuhren die Rüden, die sich nicht länger halten ließen, von dem Platz auf, an dem sie gekauert, und folgten heulend und kläffend der flüchtigen Beute. Jack Owen aber wischte indessen vollkommen ruhig seine Büchse mit dem an den Ladestock geschraubten Krätzer aus, lud sie wieder, und sie dann auf die Schulter werfend, kehrte er zu seinem geduldig haltenden Pferd zurück, um seine Mütze aufzuheben und das Tier mit sich nach der Stelle zu führen, wo sie das Wild verendet finden sollten.

       «Er ist davongelaufen», sagte Amalie v. Seebald, halb zufrieden damit, halb in getäuschter Erwartung, als der Schütze herankam und sein Pferd ihm – ohne jedoch seine Stelle zu verlassen – freudig entgegenwieherte.

       «Ja, Miß», lachte der Jäger, «aber nicht weit; ich bin gut abgekommen, und die Kugel sitzt, vielleicht nur ein wenig tief, auf dem rechten Fleck. Die Hunde haben ihn schon.»

       «Die Hunde? Wo? – Sie bellen ja noch.»

       «Ja », lachte der Hinterwäldler, «aber nicht mehr gegen den Hirsch, sondern gegen Deik an, der Besitz von ihm genommen und keinen der anderen mehr heranläßt; der alte Bursche weiß schon, was sich schickt. Kommen Sie jetzt mit mir, wir gehen sogar nicht einmal um, sondern schneiden dort hinüber durch die vollkommen trockene Gründornebene eher noch ein paar hundert Schritt ab bis zu Olnitzkis Fenz, die auf der anderen Seite daran stößt. Ich will nur den СКАЧАТЬ