Candide. Voltaire
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Candide - Voltaire страница 4

Название: Candide

Автор: Voltaire

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783752916355

isbn:

СКАЧАТЬ Freiherrn schlugen sie den Schädel ein, als er sie verteidigen wollte; die gnädige Frau wurde in Stücken gehauen, mein armer Zögling genau so behandelt, wie seine Schwester, und was das Schloß betrifft, so blieb kein Stein davon auf dem andern; keine Scheune, kein Schaf, keine Ente, kein Baum blieb übrig. Doch wir wurden tüchtig gerächt, denn die Avaren machten es mit einer benachbarten Herrschaft, die einem bulgarischen Edelmanne gehörte, ganz eben so.«

      Während dieser Erzählung verlor Kandid abermals die Besinnung, nachdem er aber wieder zu sich gekommen war und Alles gesagt hatte, was unter den Umständen zu sagen war, erkundigte er sich nach der Ursache und der Wirkung und dem zureichenden Grunde, wodurch Pangloß in einen so kläglichen Zustand versetzt sei.

      »Ach!« sprach dieser, »es ist die Liebe; die Liebe, die Trösterin des Menschengeschlechts, die Erhalterin des Weltalls, die Seele aller empfindenden Wesen, die zarte Liebe.«

      »Ach!« sprach Kandid, »ich kenne sie, die Liebe, die Beherrscherin der Herzen, die Seele unserer Seele. Mir hat sie weiter nichts eingebracht, als einen Kuß und zwanzig Fußtritte. Wie konnte aber diese schöne Ursache bei Ihnen eine so abscheuliche Wirkung hervorbringen?«

      »O mein teurer Kandid!« antwortete Pangloß, »Sie kannten Pakette, die niedliche Zofe unserer verehrungswürdigen Gnädigen. In ihren Armen schmeckte ich die Wonne des Paradieses, die ich jetzt mit diesen Qualen der Hölle bezahle, wovon Sie mich verzehrt sehen. Pakette war von dem Übel ergriffen, sie ist vielleicht daran gestorben. Sie verdankte dies Geschenk einem sehr gelehrten Franziskaner, der es an der Quelle aufgesucht hatte; denn er war von einer alten Gräfin damit begabt worden, diese hatte es von einem Rittmeister empfangen, der es einer Marquisin verdankte, welcher es an Page mitgeteilt, der es von einem Jesuiten bekommen, auf den es noch zur Zeit seines Noviziats in gerader Linie von einem der Gefährten des Christoph Columbus verpflanzt worden war. Ich werde es Niemanden weiter mitteilen, denn mit mir geht es zu Ende.«

      »O Pangloß!« rief Kandid aus, »welch' eine merkwürdige Genealogie! Sollte nicht der Teufel der wahre Stammvater davon sein?«

      »Keineswegs,« entgegnete der große Mann; »es war ein unerläßliches Ding in der besten Welt, ein notwendiges Ingrediens; denn hätte Columbus nicht auf einer amerikanischen Insel diese Krankheit erwischt, wodurch die Quelle der Zeugung vergiftet und oft die Zeugung selbst verhindert wird, und die offenbar dem großen Zwecke der Natur widerstrebt, so würden wir weder Chocolate noch Cochenille haben. Es ist noch bemerkenswert, daß auf unserer Hemisphäre wir Europäer uns bis jetzt dieser Seuche ausschließlich rühmen, wie der theologischen Kontroverse. Die Türken, die Inder, die Perser, die Chinesen, die Siamesen und die Japaner kennen sie noch nicht; allein es gibt eine Ratio sufficiens, daß im Verlauf der Jahrhunderte an alle diese Völker die Reihe kommen wird, sie gleichfalls kennen zu lernen. Mittlerweile hat sie bei uns bewundernswürdige Fortschritte gemacht, und zwar vor Allem in jenen großen Heeren ehrenwerther, wohlgezogener Söldlinge, in deren Händen das Geschick der Staaten ruht. Es ist ausgemacht, daß, wenn dreißigtausend Mann in Schlachtordnung einer gleichen Zahl von Truppen gegenüber stehen, auf jeder Seite etwa zwanzigtausend mit jener Seuche behaftet sind«.

      »Das ist freilich höchst bewundernswürdig,« sprach Kandid; »allein Sie müssen sich heilen lassen.«

      »Ach! wie kann ich das?« versetzte Pangloß; »ich habe keinen Heller, und in der ganzen weiten Welt ist weder ein Aderlaß noch ein Klystier zu haben, wenn man nicht dafür bezahlt oder einen Andern findet, der sich dazu versteht.«

      Diese letzten Worte bestimmten Kandid's Entschluß. Er warf sich seinem barmherzigen Wiedertäufer Jakob zu Füßen und schilderte ihm den Zustand seines Freundes mit so rührenden Worten, daß der gute Mann kein Bedenken trug, auch den Doktor Pangloß bei sich aufzunehmen. Er ließ ihn auf seine Kosten heilen. Pangloß verlor bei der Kur nur ein Auge und ein Ohr. Er schrieb gut und verstand die Rechenkunst aus dem Fundament. Der Wiedertäufer machte ihn zu seinem Buchhalter. Nach zwei Monaten mußte er in Handelsgeschäften nach Lissabon reisen. Er nahm die beiden Philosophen in seinem Schiffe mit sich. Pangloß setzte ihm auseinander, wie Alles in der Welt so vortrefflich eingerichtet sei, daß man es sich nicht besser denken, noch wünschen könne. Jakob wollte dieser Ansicht nicht beipflichten.

      »Die Menschen,« sprach er, »müssen doch wohl die Natur ein wenig verdorben haben, denn sie sind nicht als Wölfe geboren und sind zu Wölfen geworden. Gott gab ihnen weder Vierundzwanzig-Pfünder noch Bajonette, und sie machten sich Bajonette und Kanonen, um sich einander zu vertilgen. Ich könnte noch die Bankerotte in Anschlag bringen, so wie die Justiz, die sich des Vermögens der Bankerottirer bemächtigt, um die Gläubiger darum zu betrügen.«

      »Dies Alles war ganz unerläßlich,« entgegnete der einäugige Doktor; »das Unglück im Einzelnen eben begründet das allgemeine Wohl, so daß es um das Ganze desto besser steht, je mehr die Übel im Einzelnen sich häufen.«

      Während er noch philosophierte, verfinsterte sich die Luft, die Winde brausten aus allen vier Weltgegenden, und das Schiff wurde im Angesicht des lissaboner Hafens vom furchtbarsten Sturm heimgesucht.

      Fünftes Kapitel: Sturm, Schiffbruch, Erdbeben und was aus dem Doctor Pangloß, Kandid und dem Wiedertäufer Jakob wurde.

      Die Passagiere waren zur Hälfte abgemattet und halbtot durch jene unbeschreiblichen Beängstigungen, denen beim Schwanken eines Schiffes die Nerven und die durcheinander geschüttelten Säfte des Körpers unterliegen, und hatten nicht einmal so viel Kraft, über die Gefahr in Unruhe zu geraten. Die Übrigen schrieen und beteten. Die Segel waren zerrissen, die Masten zersplittert, das Schiff hatte einen Leck. Mochte arbeiten, wer da konnte: Niemand verstand den Anderen, Niemand kommandierte. Der Wiedertäufer half ein wenig bei dem Schiffsmanöver; er befand sich auf dem Verdeck; ein wütender Matrose versetzte ihm einen Stoß, der ihn auf die Planken niederstreckte, wovon er aber zugleich selbst eine so heftige Erschütterung empfing, dass er rücklings über Bord stürzte. Er blieb indessen hängen und klammerte sich an einen Teil des zertrümmerten Mastbaums fest. Der gute Jakob eilt zu seinem Beistande herzu, hilft ihm wieder an Bord, wird durch seine Anstrengung dabei ins Meer geschleudert und ertrinkt vor den Augen des Matrosen; ohne dass der es nur der Mühe wert hält, sich nach ihm umzusehen. Kandid kommt eben zeitig genug, um zu sehen, wie sein Wohltäter einen Augenblick wieder zum Vorschein kommt und dann auf ewig von den Wogen verschlungen wird. Er will sich ihm nach ins Meer stürzen. Der Philosoph Pangloß verhindert ihn daran, indem er ihm beweist, die Reede von Lissabon sei ausdrücklich dazu geschaffen, dass dieser Wiedertäufer darin ertrinke. Während er es a priori demonstriert, kracht das Schiff auseinander, und Alles ersäuft bis auf Pangloß, Kandid und den nichtswürdigen Matrosen, der Schuld am Tode des braven Wiedertäufers war. Der Schurke schwamm glücklich ans Ufer, wohin Pangloß und Kandid sich auf einer Planke retteten.

      Als sie ihre Lebensgeister ein wenig gesammelt hatten, richteten sie ihren Weg nach Lissabon. Sie hatten noch etwas Geld, womit sie sich vor dem Hungertode zu schützen hofften, nachdem sie den Sturm glücklich entronnen waren.

      Kaum haben sie, die Augen noch voll Tränen über den Tod ihres Wohltäters, den Fuß in die Stadt gesetzt, da fühlen sie, wie die Erde unter ihnen erzittert; siedend und schäumend wallt das Meer im Hafen empor und zerschmettert die vor Anker liegenden Schiffe. Ströme von Feuer und Asche bedecken, vom Wirbelwind umhergetrieben, die Straßen und öffentlichen Plätze; die Häuser wanken und fallen ein, die Dächer stürzen über den Grundmauern zusammen, und diese weichen aus ihren Fugen. Dreißigtausend Einwohner jeglichen Alters und Geschlechts werden unter den Ruinen zerschmettert.

      »Hier giebt's was zu gewinnen!« sprach pfeifend und mit einem Kernfluch der Matrose.

      »Was kann wohl der zureichende Grund dieser Naturerscheinung sein?« philosophierte Pangloß.

      »Der СКАЧАТЬ