Название: Am Hof Karls des Großen
Автор: Felix Dahn
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783752933727
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»Merk' auf! Allein war ich zu schwach, ich habe deshalb mich mit Herzog Hrodgaud von Friaul fest verbündet, – mit dem Bruderkuß der Ehre! – loszuschlagen auf seinen ersten Ruf. Auch von meinen Nachbarn von Spoleto, von Melfi, Asculum, Bovinum hab' ich feste Zusage, zu mir zu stoßen: soll ich all' diese Getreuen, die auf meine Ehre und Waffentreue bauen; schnöde im Stich lassen? Lieber sterben!« – »Gewiß. Freilich bleiben wir auch mit diesen vereint gar schwach. Und an die Griechen in Neapel, in Capua, denkt Ihr doch wohl nicht!« – »Nein, bei Gott, jetzt nicht mehr! Ich hatte an sie schreiben wollen: aber ehrlos war's, nach solcher Niedertracht des Kaisers Hand zu fassen. Nicht mit Neidingen zusammen gehen: – auch nicht zum Siege! Laß mich das Wort der Ehre halten und d'rüber untergehen. Du aber: – rette dich! – Flieh zu deinem Bruder: du bist nicht wie ich gebunden an Hrodgaud.« – »Aber an Euch, Herr, mit jeder Herzensfaser. Auch der Gasinde hat seine Ehre: – sie heißt die Treue. An Eurer Schildseite steh und falle ich.«
In der folgenden Nacht erreichte Benevent ein Bote des Herzogs von Friaul: er überbrachte das verabredete Zeichen: zwei Schwungfedern des Steinadlers. Sofort brach der Herzog auf, so schwer es ihm ward, jetzt Frau Adalperga zu verlassen, die ihrer Schmerzensstunde entgegensah.
Die Bewegung begann: aber gar bald kam sie zu Ende: es ward kaum gekämpft. Die näher wohnenden Verschworenen, der Herzog von Spoleto, die Grafen von Melfi, Asculum, Bovinum und andere erschraken bei der Nachricht von dem Anzug des gewaltigen Frankenheeres, sie griffen gar nicht zu den Waffen: die einen eilten nach Rom zu Papst Hadrian, dort ihre Unschuld zu beteuern, die andern suchten zu diesem Zweck Herrn Karl selbst jenseit der Alpen auf. Nur Hrodgaud von Friaul, trotzig und treu, trotzig gegen Karl, treu gegen Arichis, hatte losgeschlagen: gegen ihn zogen die Bayern, geführt von des Königs Schwager, dem ruhmreichen Gerold: bei dem ersten Zusammenstoß an der Livenza fiel der Herzog, tapfer fechtend: Treviso und Cividale ( Forum Julii ) wurden erobert: damit war der Krieg in Friaul zu Ende.
Gleichzeitig wandte sich ein zweites, stärkeres Heer – Franken, Alamannen und Burgunden – gegen den Herzog von Benevent: es zog, geführt von Sigwin von Brabant, Ruodhart, dem Grafen vom Argengau am Bodensee, und Trudulf von Orleans gegen Benevent: auf zwei Straßen von Rom aus: von Nord nach Süd und von West nach Ost. Der Herzog hatte sein Banner und den Befehl über die Scharen seiner linken Flanke Arichis anvertraut. Aber beide Schlachthaufen kamen kaum zum Gefecht: von erdrückender Übermacht unter Sigwin bei Telesa und unter Ruodhart bei Bovinum angegriffen, warfen die meisten, zumal die Italier, die Waffen weg und flohen: die beiden Arichis versuchten allein mit ihren wenigen langobardischen Gefolgen Widerstand.
Verwundet, vom Gaule gerannt, auf der Erde liegend, hielt der Gasinde zuletzt noch mit den Zähnen das Tuch des Banners fest, dessen Schaft zerhauen war: erst als er vor Blutverlust ohnmächtig geworden, konnte er gebunden werden. So hatte es ihm nichts geholfen, daß er am Tage des Aufbruchs von Benevent dem Altar von Sankt Sabinus zu Spoleto öffentlich eine Wachskerze so lang wie er selber, und in der Nacht vor dem Gefecht Wodan heimlich ein Roßopfer gelobt hatte, um Sieg und frohe Heimkehr!
Dem Herzog aber ward der Helm zerschroten von dem Schlachtbeil des Grafen Ruodhart, dann ward der Betäubte gefesselt: beide Gefangene wurden über die Alpen in das Frankenreich geschickt, während das feste Benevent, der Verteidiger entblößt, sich der Schar Trudulfs von Orleans ohne Schwertstreich ergeben mußte. Fürstin Adalperga ward in der eignen Burg in ehrenvolle Haft genommen.
Es war das Verdienst des Papstes und seiner eifrigen Fürsprache, aber auch die Folge der eignen staatsmännischen Weisheit Karls, daß der raschen Niederwerfung des Aufstandes nur wenige Strafurteile – Verbannung und Vermögen-Einziehung – folgten: man wollte die Menge der Bevölkerung, die nur den Führern gefolgt war, durch Milde gewinnen. Vor allem sollte ja die ganze Frankenmacht in der Halbinsel sofort zu dem Krieg gegen die Byzantiner verwendet werden, was mit solchem Erfolg geschah, daß alsbald kaiserliche Gesandte um Frieden baten, der nur unter beträchtlichen Landverlusten und anderer Genugtuung gewährt ward. Aber jenen Führern freilich war der Untergang fest zugedacht.
Herr Karl war furchtbar zornig über die Empörung, so kurz nach feierlich beschworenen Verträgen: »da wäre ja kein Fertigwerden,« meinte er grimmig, »müßte man jedes eroberte Land wieder und wieder erobern. Ich habe noch gar vielfach anderwärts zu tun für den Herrn Christus, als immer wieder in meinem Langobardien: so in Sachsen, in Spanien, in Avarien, dann gegen Dänen und Wenden. Kann nicht immer wieder von vorn anfangen am alten Fleck! Jenen Hrodgaud hat der Schwerttod vor dem Galgen geschützt: aber dieser Beneventaner und sein hartnäckiger Bannerwart und Feldhauptmann, – wie heißt er doch? – die sollen zur Abschreckung dienen für andere.«
Er verwies beide vor das Pfalzgericht zu Chur, wo er damals Hof hielt, dem italischen Kriegsschauplatz näher zu sein. Das Verfahren war kurz genug: die Angeschuldigten waren in handhafter Tat gewaffneten Hochverrats ergriffen, überführt und geständig, vorher den Treueid geschworen zu haben: die Anklage und das einstimmige Urteil gingen auf Tod am Galgen. Das alles war so ganz klar, rechtgemäß und in Ordnung, daß nicht einmal die Verurteilten ein Wort dagegen einzuwenden hatten.
Der Tag der Urteilsfällung – Karl hatte selbst den Vorsitz geführt – war auch aus andern Gründen aufregend gewesen: von manchen Seiten her waren in geistlichen und weltlichen Dingen ernste Vorkommnisse, Schäden, Gefahren gemeldet worden: »Meine goldene Scheibe hätte heute den ganzen Tag singen dürfen,« grollte er, als er gegen Mitternacht die vertrauten Räte entließ, mit denen er gearbeitet, sowie die Cancellarien und Notarien, denen er diktiert hatte. »In Italien ist für den Augenblick – wer weiß, auf wie lange? – Ruhe, die Byzantiner haben ihre reich verdienten Hiebe. Aber jenseit der Pyrenäen bestürmen die Heiden mein Saragossa, der Patriarch von Jerusalem und Freund Harun sind höchst verschiedner Meinung über ihre Rechte an der heiligen Grabeskirche, und ich soll entscheiden: habe große Lust, sie mir allein zuzusprechen! Die Dänen sind aus dem Danewirke vorgebrochen und haben geheert bis über die Eider, die Tschechen in Bojohemum haben – wie gewöhnlich! – bayrisch Vieh gestohlen, der heilige Vater hadert mit dem Erzbischof von Ravenna um Zollrechte und mit mir um den Ausgang des heiligen Geistes auch vom Sohne, die Avaren wollen, ich soll den Erbstreit unter ihren Chanen entscheiden, – Teufelssöhne sind's alle! – in Alamannien ist großes Viehsterben, meine Villiei in Aquitanien haben mich, wie ich finde, jahrzehntelang betrogen, und auf Korsika und den Balearen sind afrikanische Seeräuber gelandet. Von all' dem werd' ich heut' Nacht wohl träumen! Wenn ich nur erst träumen, das heißt schlafen, kann! Deshalb, hört ihr, Ostiarii, sorgt, daß ich nicht geweckt werde vor hellem Tagesschein, – ja vor der achten Stunde nach Mitternacht! – mag kommen, mag gemeldet werden, wer und was da will. Und wenn der heilige Vater die Tochter Harun Arraschids heiraten wollte: – er soll warten bis morgen Mittag. Wer wacht im Vorsaal?« – »Graf Rorich von Maine.« – »Ist gut. Der ist recht: der meint es treu mit König Karl und seinem Schlaf. So! Leuchte voran, Lucernarius! Gute Nacht, ihr Herren all'! Jetzt will ich lange schlafen!«
Aber nicht gar lange sollte dieser Schlaf währen. Nach einer Stunde etwa hörte der König sich beim Namen rufen, einmal, zweimal, dreimal.
»Bei Sankt Denis,« schrie der Schlaftrunkene, auffahrend aus dem schlichten Lager von Fellen, »wer hat sich erfrecht, mich aufzustören? Den soll der üble Waland ... wie, Ihr, Graf Rorich? Wie könnt Ihr's wagen? Liegt Euch nichts an meiner Gnade, meinem Wohlergehn?« – »An beiden mehr als an meinem Leben. Deshalb stehe ich hier: denn um Eure Gnade gilt's und Euer wahres Wohl.« – »Hm, Mann, du sprichst aus tiefstem Ernst: bist ja ganz verstört. Was ist? Wer will mich sprechen?« – »Paulus Diakonus, des Warnefrid Sohn.« – »Der? Der sitzt ja fern in Aachen.« – »Er ist viele Tage und Nächte hergeritten ohne Zaum zu ziehn.« – »Was will er?« – »Sein Bruder Arichis ist zum Tod verurteilt.« – »Der Bannerheld? Sehr von Rechts wegen!« – »Der Diakon СКАЧАТЬ