Название: Die Elixiere des Teufels
Автор: E.T.A. Hoffmann
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742751287
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gefoltert, verfolgt von der entsetzlichen bleichen Gestalt, vermochte ich kaum zusammenhängend zu sprechen, viel weniger mich
wie sonst dem Feuer der Beredsamkeit zu überlassen. Meine Predigten waren gewöhnlich – steif – zerstückelt. – Die Zuhörer
bedauerten den Verlust meiner Rednergabe, verloren sich nach und nach, und der alte Bruder, der sonst gepredigt und nun noch
offenbar besser redete als ich, ersetzte wieder meine Stelle. –
Nach einiger Zeit begab es sich, daß ein junger Graf, von seinem Hofmeister, mit dem er auf Reisen begriffen, begleitet, unser
Kloster besuchte und die vielfachen Merkwürdigkeiten desselben zu sehen begehrte. Ich mußte die Reliquienkammer
aufschließen, und wir traten hinein, als der Prior, der mit uns durch Chor und Kirche gegangen, abgerufen wurde, so daß ich mit
den Fremden allein blieb. Jedes Stück hatte ich gezeigt und erklärt, da fiel dem Grafen der mit zierlichem altteutschen
Schnitzwerk geschmückte Schrank ins Auge, in dem sich das Kistchen mit dem Teufelselixier befand. Unerachtet ich nun nicht
gleich mit der Sprache heraus wollte, was in dem Schrank verschlossen, so drangen beide, der Graf und der Hofmeister, doch so
lange in mich, bis ich die Legende vom heiligen Antonius und dem arglistigen Teufel erzählte und mich über die als Reliquie
aufbewahrte Flasche ganz getreu nach den Worten des Bruders Cyrillus ausließ, ja sogar die Warnung hinzufügte, die er mir
rücksichts der Gefahr des Öffnens der Kiste und des Vorzeigens der Flasche gegeben. Unerachtet der Graf unserer Religion
zugetan war, schien er doch ebensowenig als der Hofmeister auf die Wahrscheinlichkeit der heiligen Legenden viel zu bauen.
Sie ergossen sich beide in allerlei witzigen Anmerkungen und Einfällen über den komischen Teufel, der die Verführungsflaschen
im zerrissenen Mantel trage, endlich nahm aber der Hofmeister eine ernsthafte Miene an und sprach: »Haben Sie an uns
leichtsinnigen Weltmenschen kein Ärgernis, ehrwürdiger Herr! – Sein Sie überzeugt, daß wir beide, ich und mein Graf, die
Heiligen als herrliche, von der Religion hoch begeisterte Menschen verehren, die dem Heil ihrer Seele sowie dem Heil der
Menschen alle Freuden des Lebens, ja, das Leben selbst opferten, was aber solche Geschichten betrifft, wie die soeben von
Ihnen erzählte, so glaube ich, daß nur eine geistreiche, von dem Heiligen ersonnene Allegorie durch Mißverstand als wirklich
geschehen ins Leben gezogen wurde.« –
Unter diesen Worten hatte der Hofmeister den Schieber des Kistchens schnell aufgeschoben und die schwarze, sonderbar
geformte Flasche herausgenommen. Es verbreitete sich wirklich, wie der Bruder Cyrillus es mir gesagt, ein starker Duft, der
indessen nichts weniger als betäubend, sondern vielmehr angenehm und wohltätig wirkte. »Ei,« rief der Graf, »ich wette, daß das
Elixier des Teufels weiter nichts ist als herrlicher echter Syrakuser.« – »Ganz gewiß,« erwiderte der Hofmeister, »und stammt die
Flasche wirklich aus dem Nachlaß des heiligen Antonius, so geht es Ihnen, ehrwürdiger Herr, beinahe besser wie dem Könige
von Neapel, den die Unart der Römer, den Wein nicht zu pfropfen, sondern nur durch darauf getröpfeltes Öl zu bewahren, um das
Vergnügen brachte, altrömischen Wein zu kosten. Ist dieser Wein auch lange nicht so alt, als jener gewesen wäre, so ist es doch
fürwahr der älteste, den es wohl geben mag, und darum täten Sie wohl, die Reliquie in Ihren Nutzen zu verwenden und getrost
auszunippen.« – »Gewiß,« fiel der Graf ein, »dieser uralte Syrakuser würde neue Kraft in Ihre Adern gießen und die Kränklichkeit
verscheuchen, von der Sie, ehrwürdiger Herr, heimgesucht scheinen.« Der Hofmeister holte einen stählernen Korkzieher aus der
Tasche und öffnete, meiner Protestationen unerachtet, die Flasche. – Es war mir, als zucke mit dem Herausfliegen des Korks ein
blaues Flämmchen empor, das gleich wieder verschwand. – Stärker stieg der Duft aus der Flasche und wallte durch das Zimmer.
Der Hofmeister kostete zuerst und rief begeistert: »Herrlicher – herrlicher Syrakuser! In der Tat, der Weinkeller des heiligen
Antonius war nicht übel, und machte der Teufel seinen Kellermeister, so meinte er es mit dem heiligen Mann nicht so böse, als
man glaubt – kosten Sie, Graf!« – Der Graf tat es und bestätigte das, was der Hofmeister gesprochen. Beide scherzten noch
mehr über die Reliquie, die offenbar die schönste in der ganzen Sammlung sei – sie wünschten sich einen ganzen Keller voll
solcher Reliquien u.s.w. Ich hörte alles schweigend mit niedergesenktem Haupte, mit zur Erde starrendem Blick an; der Frohsinn
der Fremden hatte für mich in meiner düsteren Stimmung etwas Quälendes; vergebens drangen sie in mich, auch von dem Wein
des heiligen Antonius zu kosten, ich verweigerte es standhaft und verschloß die Flasche, wohl zugepfropft, wieder in ihr Behältnis.
–
Die Fremden verließen das Kloster, aber als ich einsam in meiner Zelle saß, konnte ich mir selbst ein gewisses innres
Wohlbehagen, eine rege Heiterkeit des Geistes nicht ableugnen. Es war offenbar, daß der geistige Duft des Weins mich gestärkt
hatte. Keine Spur der üblen Wirkung, von der Cyrillus gesprochen, empfand ich, und nur der entgegengesetzte wohltätige Einfluß
zeigte sich auf auffallende Weise: je mehr ich über die Legende des heiligen Antonius nachdachte, je lebhafter die Worte des
Hofmeisters in meinem Innern widerklangen, desto gewisser wurde es mir, daß die Erklärung des Hofmeisters die richtige sei,
und nun erst durchfuhr mich wie ein leuchtender Blitz der Gedanke, daß an jenem unglücklichen Tage, als eine feindselige Vision
mich in der Predigt auf so zerstörende Weise unterbrach, ich ja selbst im Begriff gewesen, die Legende auf dieselbe Weise als
eine geistreiche belehrende Allegorie des heiligen Mannes vorzutragen. Diesem Gedanken knüpfte sich ein anderer an, welcher
bald mich so ganz und gar erfüllte, daß alles übrige in ihm unterging. – »Wie,« dachte ich, »wenn das wunderbare Getränk mit
geistiger Kraft dein Inneres stärkte, ja die erloschene Flamme entzünden könnte, daß sie in neuem Leben emporstrahlte? – Wenn