Название: Kopfsprung ins Leben
Автор: Marc Lindner
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749178
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Ich öffnete die Augen. Plötzlich war alles hell. Nein, grell und blendend. Das Licht brannte in meinen Augen. Es brannte sich in mein Hirn und mein Kopf drohte zu platzen.
Wieder hörte ich Schritte. Doch diesmal halten sie in meinem Kopf wider. Als würde ein Hammer auf einen Amboss schlagen, dröhnte es in meinem Schädel.
Die Sonne brannte mir ins Gesicht. Ich verfluchte sie. Mein Kopf rutschte von meinem Arm und schlug auf Fliesen. Ein Schlag, und mein Kopf fühlte sich an, als wäre er selbst ein Amboss.
Ich versuchte mich aufzurichten, um wieder die Kontrolle zu erlangen.
Aber vergebens. Meine Hand rutschte kraftlos über die Fliesen hinweg.
Ich schloss die Augen und versuchte mich zu beruhigen. Erinnerungsfetzen flogen vor meinen Augen vorbei. Mir wurde trunken und übel. Mein Mund war ganz verklebt und ich hatte Durst. Das brachte mich auf einen Gedanken und mir wurde schlagartig noch schlechter. Ich hörte Gelächter, dann wurde es still. Mein Magen verkrampfte und ich riss die Augen auf. Wieder durchflog ein Blitzgewitter mein Gehirn.
Willenlos gab ich mich dem Schmerz hin. Als er nachließ drehte ich meinen Kopf und erkannte, dass ich nicht weit entfernt vom Pool lag.
Jedes Bild schmerzte. Ich drehte mich auf den Rücken und starrte in die Sonne. Schmerz explodierte in meinem Kopf und schüttelte meinen ganzen Körper. Ich verfluchte die Schritte, die mich verfolgt hatten. Ich verfluchte so vieles und doch starrte ich nur in die Sonne und genoss den Schmerz. Obwohl ich ihn spürte, merkte ich, wie er einen Teil von mir betäubte.
Erneut hörte ich Schritte. Der Boden vibrierte. Ich wollte, dass diese Illusion aufhörte, und richtete meinen Oberkörper auf. Ein Schatten bewegte sich. Abermals explodierte mein Kopf. Es war ein Fehler gewesen und ich wusste es. Ich zuckte zusammen und mein Oberkörper kippte zur Seite. Ich musste würgen, doch ich leistete dem Drang, mich zu übergeben Widerstand. Erneutes Schütteln ergriff mich, als ich es hinunter schluckte. Es brannte im Hals. Erschöpft ließ ich meinen Kopf hängen. Ich versuchte mich zu beruhigen, und mich zu sammeln. Ich schüttelte den Kopf. Doch dieser erinnerte sich sogleich daran, dass das in meinem Zustand keine gute Idee war. Ich schloss die Augen und blieb auf einen Arm gestützt auf der Seite liegen.
Eine Weile geschah nichts und ich sah keinen Anlass, mich zu bewegen. Dann endlich bekam ich den Schatten zu Gesicht. Es war Jane. Sie schien von mir keine Notiz zu nehmen oder nehmen zu wollen. Ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen. Und doch sah ich ihre ausdruckslose, starre Miene. Pflichtbewusst und stumm. Sie hatte mich schon oft so angesehen. Als würde sie durch mich hindurchschauen.
Bevor ich den Gedanken gefasst bekam sie anzusprechen, war der Schatten wieder verschwunden. Zurück blieb ein Haufen Verwirrung und das Gefühl eines sich drehenden Bodens. Ich kannte es zur Genüge, und hasste es. Ich starrte gegen die Hauswand und versuchte den Eindruck zu ignorieren.
Die Augen schließen konnte ich auch nicht, es machte es nur noch schlimmer. Ich musste etwas tun, meine Gedanken wegschicken, sie zum Schweigen bringen. Mein Magen verkrampfte, als sich Erinnerungen hervorkämpften.
Jane eilte an mir vorbei und suchte das Chaos zu beseitigen. Meine Augen folgten ihren raschen Schritten. Die grelle Sonne leuchtete in jeden Winkel und ließ erahnen, welch ein Unwetter hier gewütet haben musste. Aber viele Spuren waren bereits beseitigt und Janes entschlossener Gang sprach Bände.
Als sie an mir vorbei ins Haus eilte, war sie voll beladen mit großen Kisten überfüllt mit leeren Flaschen. Unter ihrem Arm waren verloren gegangene Badetücher geklemmt und über ihren Rücken hing eine pralle Mülltüte. Mir öffnete sich der Mund. Und weg war sie. Sie irritierte mich mit ihrer Geschwindigkeit. Wieder war da etwas, das ich nicht fassen konnte.
Es war als hätte sich die gesamte Welt verschworen, eine nicht aufzuhaltende Eigendynamik zu entwickeln. Das trunkene Gefühl meiner Sinne griff auf meine Gedanken über und zeichnete eine verworrene fremde Welt. Obwohl ich auf dem Boden lag, fand ich keinen Halt.
Schlürfende Schritte rissen mich in diese Welt zurück. Verwundert drehte ich mich um und sah zwei Gestalten aus einer Hecke herausstolpern. Leises Kichern ertönte, während sich das Pärchen gegenseitig stützte und wenig gradlinig am Garten entlang zum Vorhof taumelte. Sie waren so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie von mir keine Notiz nahmen. Dass ich mich reflexartig geduckt hatte, war völlig unnötig gewesen.
Der Abend hatte also nicht nur bei mir Spuren hinterlassen. Ich grinste zufrieden, und musste es augenblicklich mit einem Schub Kopfschmerzen sühnen.
Als der Schmerz nachließ war Jane wieder zugegen, und räumte unbeirrbar das Schlachtfeld auf. Wo nahm sie nur die Kraft her? Mir war es gar zu viel mich zu erheben und sie war gegen jede Erschöpfung immun.
„Wo kommst du her?“, fragte ich, als sie erneut an mir vorbeischritt.
Sie setzte an stehen zu bleiben, entschied sich dann doch anders. Es sah aus als würde das Bild kurz rucken. Aus der Ferne wäre ihre Reaktion unsichtbar geblieben.
Ich war überfordert. Auflodernde Wut lähmte meine Gedanken. Was bildete sie sich nur ein? Doch noch bevor die Wut mich vollends ergreifen konnte, schämte ich mich dafür. Ich hatte ungewollt einen wunden Punkt getroffen. Meine Frage sollte meine Bewunderung vermitteln, doch gesendet hatte sie nur Hass. Ich wollte dieses Missverständnis aus der Welt schaffen, doch ich war zu erschöpft. Jane blieb im Haus und ließ ihre Arbeit draußen unvollendet.
Lange stierte ich auf die Tür und hoffte sie würde rauskommen. Doch um ehrlich zu sein, ich wusste, dass sie nicht kommen würde. Und ich wusste warum.
Es war mein Vater. Es kam nicht oft vor, dass er wütend war, aber manchmal fanden die gleichen Worte den Weg aus seinem Mund. Die gleichen Worte, aber nicht die gleiche Frage. Bei weitem nicht. Es war nicht einmal eine Frage.
Ich stierte die offene Tür an und hörte meines Vaters Stimme heraus hallen. Wo kommst du her? Was hast du hier zu suchen? Geh doch zurück in dein Land, wenn es dir nicht gefällt. Du hast hier nichts zu suchen.
Ich kämpfte gegen die Übelkeit an, die mich zum Würgen brachte. Ich wollte nicht. Es ging gegen meine Würde. Ich wollte nicht auch noch die letzte Kontrolle verlieren.
Ich rang um Atem. Mein Hals war ganz trocken und kratzte.
„Jane?“ Jane kam nicht. Sie wäre auch nicht gekommen, wenn sie das Flüstern gehört hätte.
Erschöpft legte ich meinen Kopf auf die Fliesen. Es wurde dunkel vor meinen Augen und ich schlief ein.
Ein Schatten huschte an mir vorbei. Vollkommene Stille umgab mich und verwirrte meine Gedanken. Es wirkte so irreal in der roten Welt in der ich gefangen war. Dabei war ich mir absolut sicher, dass die Welt einen Augenblick zuvor noch schwarz gewesen war. Meine Gedanken vermochten das Rätsel nicht zu lösen.
Bedächtig öffnete ich die Augen und musste blinzeln. Gleißendes Licht blendete mich, bevor ich erkannte, dass ich immer noch am Pool lag. Von einem Schatten war nichts zu sehen. Vorsichtig ließ ich meinen Blick wandern, ohne dabei aber meinen Kopf zu bewegen. Dort wo ich es erkennen konnte, waren die Spuren der vergangenen Nacht beseitigt. Nur noch unliebsame Erinnerungen kündeten von dem Partygetöse.
Unvermittelt trat Jane an mir vorbei. Ich hatte ihre Schritte nicht gehört und so sanft, wie sie ihre Schritte setzte, war das auch so von ihr gewollt.
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