Corona. Rüdiger Rauls
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Название: Corona

Автор: Rüdiger Rauls

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783753182667

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СКАЧАТЬ gibt, die das Handeln der führenden Kräfte der Gesellschaft bestimmen. Dem Menschenverstand, dessen Walten die Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder in solchen Krisenzeiten erwartet, stehen politische Überlegungen gegenüber.

      Dazu zählt in den Augen der Herrschenden die politische Bedrohung, die von dem Virus ausgeht. Sie befürchten, dass es in dem seit einiger Zeit tobenden Systemkonflikt mit China „zur Gefahr für die Legitimität eines jeden politischen und wirtschaftlichen Systems werden kann. … Deshalb ist es keine Nebensache, der Propaganda Pekings und Moskaus entgegenzutreten“23.

      Nun spricht aber vieles in diesem Systemkonflikt gegen einen Sieg des Westens: die Zahlen der Infizierten und Toten, der Zustand von Wirtschaft und Gesellschaft. Vor allem aber fehlt es an Überzeugungskraft. Die Ansichten und Argumente von westlicher Seite sind hohl und schwach. Sie verfangen immer weniger bei den eigenen Bürgern und schon gar nicht in den Ländern, mit denen man im Konflikt liegt und auf deren Bürger man versucht, Einfluss zu nehmen. Das gilt besonders für China.

      In diesem Zusammenhang spricht die FAZ vom 1.4.2020 von einer „Schlacht der Narrative“. Es geht um die Deutungshoheit der Ereignisse. Es tobt der Kampf im Stalingrad der Propaganda. Der chinesische Botschafter in Paris griff die antichinesische Propaganda des Westens an und brachte seine Front durch den Beschuss mit Fakten ins Wanken. Die westliche Sichtweise, vertreten durch die FAZ, hatte dem argumentativ wenig entgegenzusetzen.

      Da man sich von nun an in der Defensive befindet, hat sich als Reaktion darauf anscheinend übergreifend ein Konsens in Medien und Politik durchgesetzt: Man lässt Chinas Erfolge unter den Tisch fallen. Stattdessen bestimmen zunehmend Verunglimpfung und Stimmungsmache die Auseinandersetzung, wo man nicht mehr überzeugend und kraftvoll im intellektuellen Wettstreit auftreten kann.

      Als Sieger im Kampf gegen Corona werden die Demokratien Südkorea und Taiwan in die Schlacht geführt. Welchen Umfang die Politisierung der Pandemie mittlerweile erreicht hat, demonstriert Taiwan als zweitgrößter Hersteller von Schutzmasken, das sich nun im Aufwind westlicher Unterstützung fühlt. Es bezeichnet seine Maskenspenden als „demokratische Alternative zur Pekinger Masken-Diplomatie“24.

      Das ist aber genau die Einflussnahme, die der Westen in den Hilfsaktionen Chinas, Russlands und Kubas gesehen haben will. In den Vorwürfen an die drei Nationen offenbarte sich in erster Linie das eigene Denken des Westens, der sich offensichtlich Hilfe ohne Hintergedanken nicht vorstellen kann. Das ist eine seiner Schwächen. Sie führt zu den Fehleinschätzungen, die ihn immer weiter in die Defensive drängen von Syrien bis Venezuela.

      Gesundheitsminister Spahn macht einen krank

      23.4.2020 Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam, auf Publikumskonferenz

      ARD und ZDF überbieten sich in Verlautbarungsjournalismus

      Spahns Erzählungen

      Ach du liebe Corona: „Der Ausbruch ist – Stand heute – wieder beherrschbar und beherrschbarer geworden„, tönte Gesundheitsminister Jens Spahn am 17. April auf der Bundespressekonferenz.25 Bis zu diesem Tag waren in Deutschland bereits 3 808 COVID-Tote registrier26; inzwischen sind es mehr als 5. 000. Tendenz: weiter steigend. In Südkorea und im benachbarten Taiwan leben zusammengenommen fast ebenso viele Menschen wie hierzulande, dort sind aber nur 260 Pandemie-Tote zu beklagen, und der Trend ist gestoppt.27,28

      Doch Minister Spahn behauptet unverdrossen, „im internationalen Vergleich schneidet Deutschland bei der Bewältigung der Krise gut ab“. Unser Gesundheitssystem sei „zu keiner Zeit überfordert“ gewesen.29Und was macht die Tagesschau daraus? Sie referiert Spahns Angeberei als Fakt, statt ihn zu fragen, ob er selbst noch ganz gesund sei.

      Dabei wirkte der mit seiner Ergebnisbewertung „…das macht uns demütig, aber nicht übermütig“ (ebd.) so, als bettle er geradezu um Ohrfeigen. Die bekam er von den Qualitätsjournalisten natürlich nicht. Es bleibt ein Wunschtraum, dass sich ein echter Reporter den Mann vorknöpft:

      „Ich rieche Propaganda zehn Kilometer gegen den Wind. Um das mal klarzustellen, Genosse: Wenn Du mich einmal verarschst, ist es deine Schuld, dann bist du der Böse. Wenn Du mich das zweite Mal verarschst, bin ich selbst ein Depp.“30

      Kein Traum, sondern traurige Wirklichkeit: Für die Tagesschau-Leute war es leider nicht erst das zweite Mal. Sie lassen sich seit jeher mit Spahns Propagandakisten unterm Arm losschicken.

      Bevor wir uns dieser Lichtgestalt, ihrem ebenso begnadeten Parteifreund und Wirtschaftsminister Peter Altmaier sowie dem total sozialdemokratischen Finanzminister Olaf Scholz etwas spezieller widmen, sei hier positiv vermerkt, dass die „Tagesthemen“ ganz ausnahmsweise doch einmal, nämlich am 8. April, richtigen Journalismus vorführten. WDR-Kommentator Detlef Flintz balbierte den Gesundheitsminister mit der rostigen Sense: „Pfleger und Ärztinnen werden die Situation ausbaden und zum Teil mit ihrem Leben bezahlen müssen“.31

      Doch solche Kritik prallt am „demütigen, aber nicht übermütigen“ Spahn ab. Der Mann weiß, dass er sich grundsätzlich auf die sorgfältig durchformatierten Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verlassen kann. Die garantieren regierungsgläubigen Staatsfunk. Neuerdings blenden ihre Sender sogar Durchhalteparolen im Bildschirmeck ein.

      Fürs ARD-Gemeinschaftsprogramm: Zusammenhalten. Wir sind deins. NDR: Der Norden hält zusammen. BR: Daheim bleiben. WDR: #zuhause. SWR: Für euch da. mdr: Zuhause #miteinander stark. SR, HR: #zusammenhalten. Ihr guten Leute, euer föderalistisches Kunterbunt nervt! Gegenvorschlag: „Ein Volk, ein Reich, ein Kronkorken!“ Auf Flaschen passt das…

      Alptraum Realität

      Einen Tag vor Spahns „demütigem“ Auftritt in der Bundespressekonferenz hatte der MDR gemeldet, dass sich bereits mehr als 6.400 Ärzte und Pflegekräfte in den Krankenhäusern mit dem Virus infiziert hätten.32 Die Zahl ist inzwischen (Stand: 22. April) auf 7.862 Covid-Erkrankte gestiegen, 18 Ärzte bzw. Schwestern sind schon daran gestorben.33 Tendenz auch hier: weiter steigend. Man muss lange suchen, bis man diese Angaben im Bulletin des Robert-Koch-Instituts findet, weit hinten im Text versteckt, ohne eigene grafische Darstellung. Gut sichtbar ist hingegen die Ursache für das Leid dieser „Helden des Alltags“: Fehlende bzw. unzureichende Schutzkleidung. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt:

      „Die Ausstattung von Ärzten, Praxismitarbeitern und Pflegepersonal mit Schutzausrüstung … ist unzureichend. Wie dramatisch sich die Lage vor Ort darstellt, haben wir dem Bundesminister für Gesundheit detailliert dargelegt.“ 34

      Das medizinische Personal ist überall ausgepowert, Infektionen und Todesfälle lassen sich bei solchen Arbeitsbedingungen nicht ausschließen.35 Die Zustände in den rund 12.000 Pflegeeinrichtungen seien ein Skandal, moniert Eugen Brysch, der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz. Die Maßnahmen zum Schutz des Pflegepersonals seien „vollkommen unzureichend“.36

      Deutschland erweist sich inmitten der Pandemie unfähig, Ärzte, Schwestern und Pfleger mit perfekter Schutzausrüstung auszustatten, von einer ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit dem Minimum erst recht nicht zu reden.

      Die wünscht sich seit Wochen mit großer Mehrheit eine bundeseinheitliche Pflicht, in öffentlichen Gebäuden und Transportmitteln Mundschutz zu tragen.37 In den asiatischen Ländern hat sich schließlich erwiesen, dass die generelle Mundschutzpflicht ein entscheidender Faktor gegen die Tröpfchen-Infektion durch Atemluft war.

      Der deutsche Durchschnittsbürger erwies sich also als lernfähig, das politische Funktionspersonal СКАЧАТЬ