Название: Das Gesetz der Vier
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742759429
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Er öffnete die Tür seines schmalen Hauses selbst und schloß sie wieder, indem er den Schlüssel zweimal umdrehte. Dann stieg er die mit einem abgetretenen Läufer bedeckte Treppe hinauf und ging in sein Arbeitszimmer. Die Geister der armen Menschen, deren Leben er vernichtet hatte, hätten ihm den Aufenthalt in diesem Raum unerträglich machen müssen, aber Mr. Stedland glaubte nicht an Geister. Er fuhr mit dem Finger über die staubige Platte eines Mahagonitisches und schimpfte über die gutbezahlte Aufwartefrau, die für diese Nachlässigkeit verantwortlich war.
Er hielt eine große Zigarre zwischen seinen goldplombierten Zähnen, lehnte sich in seinen Sessel zurück und versuchte wieder, sich über dieses merkwürdige Gefühl klarzuwerden, das ihn in dem Gerichtssaal gequält hatte. Weder die Haltung des Richters noch die heftigen Angriffe des Verteidigers beschwerten ihn, ebensowenig die Möglichkeit, daß die Mitwelt ihn verurteilen könnte. Auch das Los des Verurteilten oder der bleichen, abgehärmten Frau bedrückte ihn nicht. Und doch war er ängstlich geworden und hatte sich unruhig umgesehen.
Als er eine halbe Stunde lang in Gedanken versunken geraucht hatte, läutete die Glocke an der Haustür, und er ging hinunter, um zu öffnen. Der Mann, der vor der Tür stand, lächelte verlegen. Er war der Angestellte Mr. Stedlands und versah zu gleicher Zeit alle Pflichten vom Hausmeister bis zum Laufburschen für seinen Herrn.
»Komm herein, Jope«, sagte Mr. Stedland und schloß die Tür hinter ihm. »Geh in den Keller und bringe mir eine Flasche herauf.«
»Wie waren Sie mit meiner Aussage zufrieden?« Der Diener grinste erwartungsvoll.
»Verrückter Kerl!« brummte Stedland. »Was sollte denn das, daß du sagst, du hättest mich um Hilfe rufen hören?«
»Nichts für ungut, Herr, ich wollte nur die Sache für den Angeklagten ein wenig schlimmer machen«, erklärte Jope unterwürfig.
»Ich – um Hilfe rufen!« Mr. Stedland lachte höhnisch. »Denkst du denn, ich würde so einen Lumpenkerl wie dich zu Hilfe rufen? Bei einer wirklichen Prügelei würdest du ja viel nützen! Hol den Whisky!«
Als Jope kurz darauf mit einer Flasche und einem Siphon Sodawasser nach oben kam, schaute Stedland mürrisch zum Fenster hinaus. Man konnte von dort aus auf einen kleinen ungepflegten Garten sehen, der von einer hohen Mauer umgeben war. Dahinter lag ein Gelände, auf dem ein halbvollendetes Gebäude stand. Während des Baues war der Unternehmer pleite gegangen, und Mr. Stedland ärgerte sich jedesmal, wenn er die Ruine sah, denn der Grund und Boden, auf dem sie stand, gehörte ihm.
Plötzlich wandte er sich um.
»Jope, war irgend jemand im Gerichtssaal, den wir kannten?«
»Nein, Mr. Stedland«, erwiderte der Mann erstaunt. »Niemand mit Ausnahme des Polizeiinspektors –«
»Ach, den meine ich nicht«, rief Mr. Stedland ungeduldig. »Ich kannte alle Detektive, die dort waren. Hast du nicht sonst jemand gesehen, der etwas gegen uns hat?«
»Nein, Mr. Stedland. Hat es denn überhaupt etwas zu sagen, ob einer dort war?« fragte Jope kühn. »Denen sind wir doch stets gewachsen, von denen kann uns doch keiner.«
»Wie lange sind wir schon beisammen?« brummte Stedland unfreundlich, als er sich ein Glas Whisky einschenkte.
Jope lächelte schmeichlerisch.
»Nun ja, wir sind schon eine ganze Weile beieinander, Mr. Stedland.«
Der große Mann wischte sich die Lippen ab und schaute wieder zum Fenster hinaus.
»Ja, das stimmt«, sagte er nach einiger Zeit. »Es ist schon lange her. Du hättest tatsächlich deine Strafe jetzt beinahe abgesessen, wenn ich der Polizei vor sieben Jahren erzählt hätte, was ich von dir wußte –«
Jope fühlte sich unbehaglich und wechselte sofort das Gesprächsthema. Er hätte sich sagen können, daß die siebenjährige Gefängnisstrafe von Mr. Stedland in eine lebenslängliche Sklaverei umgewandelt worden war, aber so weit reichten die Gedanken Mr. Jopes nicht.
»Ist noch etwas auf der Bank zu erledigen?« fragte er diensteifrig.
»Sei doch kein Dummkopf! Die Bank schließt um drei Uhr.« Stedland wandte sich plötzlich zu ihm um. »In Zukunft mußt du in der Küche schlafen.«
»In der Küche?«
Stedland nickte bestätigend.
»Ich möchte nicht wieder von einem nächtlichen Besucher überrascht werden. Dieser Kerl war in meinem Zimmer, bevor ich wußte, was los war. Und hätte ich nicht ein Schießeisen zur Hand gehabt, so hätte er mich überwältigt. Der einzige Weg, auf dem jemand in dieses Haus einbrechen kann, führt durch die Küche, und ich habe eine Ahnung, daß in der nächsten Zeit etwas passiert.«
»Der sitzt doch jetzt im Zuchthaus.«
»Von dem rede ich doch gar nicht«, fuhr ihn Stedland an. »Ich denke, du hast jetzt begriffen, daß du dein Bett in der Küche aufschlagen sollst.«
»Es ist aber so zugig dort –« begann Jope.
»Du stellst dein Bett in der Küche auf!« schrie Stedland und schaute den Mann böse an.
»Jawohl, gewiß«, sagte Jope schnell.
Als der Diener gegangen war, zog Stedland seinen Rock aus und schlüpfte in eine fleckige Hausjacke aus Alpaka. Dann schloß er den Geldschrank auf und nahm sein Bankbuch heraus. Er setzte sich in seinen Stuhl, blätterte zufrieden die Seiten um und träumte von einer großen Plantage in Südamerika und von einem angenehmen und ruhigen Leben. Durch zwölfjährige harte Arbeit in London hatte er ein großes Vermögen zusammengebracht. Er war stets vorsichtig zu Werk gegangen und immer auf seiner Hut gewesen. Alle seine Erpressungen hatte er in geschäftsmäßiger Weise durchgeführt, so daß man ihm nichts nachweisen konnte. Sein Konto bei der Privatbank von Sir William Molbury & Co. war eins der größten. Diese Bank war in der City bekannt wegen ihrer verschwiegenen und geheimnisvollen Geschäftsführung, und aus diesem Grund hatte auch Mr. Stedland sein Konto dort eingerichtet. Außerdem gehörte Molburys Firma zu den altmodischen Banken, die stets große Reserven an barem Geld in ihren Schränken verwahren. Auch dieser Umstand kam Mr. Stedland sehr gelegen, denn er konnte immerhin einmal in die Lage kommen, seine Mittel in kürzester Zeit zusammenraffen zu müssen.
Der Abend und die Nacht gingen vorüber, ohne daß sich unangenehme Zwischenfälle ereigneten. Nur Mr. Jope hatte eine etwas heisere Stimme bekommen und meldete seinem Herrn, als er ihm am Morgen den Tee brachte, daß es über Nacht sehr kalt in der Küche gewesen sei und daß er kaum habe schlafen können.
»Nimm dir mehr Decken«, erwiderte Stedland kurz.
Nach dem Frühstück verließ er das Haus und machte sich auf den Weg nach seinem Büro in der City. Mr. Jope blieb im Haus zurück, um die Aufwartefrau bei ihren Arbeiten zu beaufsichtigen. Er teilte ihr auch im Auftrag seines Herrn mit, daß ihr Gehalt СКАЧАТЬ