Zwei Städte. Charles Dickens
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Название: Zwei Städte

Автор: Charles Dickens

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750299481

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СКАЧАТЬ Anfang ist sehr schwer.“

      Er fing nicht an, sondern begegnete in seiner Unentschiedenheit ihrem Blick. Die jugendliche Stirn nahm wieder jenen eigenthümlichen Ausdruck an — aber er war nicht blos eigenthümlich, sondern auch hübsch und charakteristisch — und die Dame erhob die Hand, als ob sie mit einer unwillkürlichen Bewegung einen vorübereilenden Schatten aufhielte.

      „Habe ich Sie früher nie gekannt, Sir?“

      „O nein,“ sagte Mr. Lorry, indem er die Hände mit einem ablehnenden Lächeln ausbreitete.

      Zwischen den Augenbrauen und gerade über dem Mädchennäschen, dessen Umrisse so zart und fein waren, als man sich nur denken konnte, vertiefte sich der Ausdruck, wie sie gedankenvoll auf dem Stuhle Platz nahm, neben dem sie bisher gestanden hatte. Er beobachtete sie, wie sie nachdachte, und fuhr in dem Augenblicke, wo sie wieder den Blick erhob, fort:

      „In Ihrem Adoptivvaterlande, glaube ich, kann ich nichts Besseres thun, als Sie als eine junge englische Dame, Miß Manette anzureden?“

      „Haben Sie die Güte, Sir!“

      „Miß Manette, ich bin ein Geschäftsmann. Ich habe einen Geschäftsauftrag auszuführen. Während Sie denselben anhören, bitte ich, mich nur als eine Sprechmaschine zu betrachten, — ich bin wahrhaftig nicht viel mehr. Ich will Ihnen, mit Ihrer Erlaubniß, die Geschichte eines unserer Kunden erzählen.“

      „Geschichte!“

      Er schien absichtlich das von ihr wiederholte Wort nicht zu verstehen, als er eilig hinzusetzte: „Ja, von einem unserer Kunden; im Banquiergeschäft nennen wir die Leute so, mit denen wir zu thun haben. Er war ein französischer Herr; ein Gelehrter; ein Herr von vielen Kenntnissen — ein Arzt.“

      „Nicht aus Beauvais?“

      „Doch ja, aus Beauvais. Wie Monsieur Manette, Ihr Vater, war der Herr aus Beauvais. Wie Monsieur Manette, Ihr Vater, hatte der Herr in Paris großen Ruf und großes Ansehen. Ich hatte die Ehre, ihn dort zu kennen. Wir standen in Geschäftsbeziehungen zu einander, aber in vertraulichen. Ich war damals in unserm französischen Hause und zwar wohl — ach, schon seit zwanzig Jahren.“

      „Damals — darf ich fragen, wann das war, Sir?“

      „Vor zwanzig Jahren, Miß. Er verheirathete sich mit einer englischen Dame, für die ich mit als Vormund eintrat. Seine Angelegenheiten, wie die Angelegenheiten vieler anderer französischer Herren und französischer Familien, befanden sich ganz in Tellson’s Händen. In einer ähnlichen Weise bin ich Vormund oder Curator in der einen oder der andern Art für eine Menge, ach, eine Menge unserer Kunden gewesen. Das sind reine Geschäftsverhältnisse, Miß; es ist keine Freundschaft dabei, kein persönliches Interesse, kein Herz. Ich bin im Verlaufe meines Geschäftslebens von Einem zum Andern gegangen, gerade wie ich im Verlaufe meines Geschäftstages von einem unserer Kunden zum andern gehe; mit Einem Worte, ich habe keine Gefühle; ich bin eine bloße Maschine. Um fortzufahren —“

      „Aber das ist meines Vaters Geschichte, Sir, und ich fange an zu glauben,“ — die merkwürdig nachdenkliche Stirne wendete sich ihm noch nachdenklicher zu — „daß, als ich als Waise zurückblieb, obgleich meine Mutter meinen Vater nur zwei Jahre überlebte, Sie mich nach England gebracht haben. Ich bin fast überzeugt, daß Sie es waren.“

      Mr. Lorry nahm das zögernde Händchen, das sich ihm vertrauend entgegenstreckte und drückte es mit einiger Förmlichkeit an seine Lippen. Er führte die junge Dame dann wieder nach ihrem Stuhle, blieb hinter demselben stehen, die Stuhllehne mit der linken Hand fassend und die Rechte abwechselnd gebrauchend, um sich das Kinn zu streichen, die Perrücke an den Ohren zurechtzurücken, oder seinen Worten Nachdruck zu geben, und sah hernieder in ihr Gesicht, während sie zu dem seinigen hinaufschaute.

      „Miß Manette, ich weiß. Und Sie werden anerkennen, wie wahr ich vorhin gesprochen habe, als ich sagte, ich hätte keine Gefühle und alle Beziehungen, in denen ich zu meinen Mitmenschen stehe, seien reine Geschäftsbeziehungen, wenn Sie bedenken, daß ich Sie seitdem nie gesehen habe. Nein; Sie sind seitdem das Mündel von Tellsons Haus gewesen und ich war seitdem in andern Geschäften von Tellsons Haus beschäftigt. Gefühle! Ich habe keine Zeit und keine Gelegenheit dazu. Ich verbringe mein ganzes Leben, Miß, mit dem Drehen einer ungeheuren geldmachenden Drehrolle.“

      Nachdem Mr. Lorry diese seltsame Beschreibung der täglichen Routine seines Geschäftslebens gegeben, drückte er seine flachsblonde Perrücke mit beiden Händen auf dem Kopfe fest, — was ganz unnöthig war, denn Nichts konnte fester und glatter sitzen, als die Perrücke — und nahm seine frühere Stellung wieder ein.

      „Soweit also, Miß, wie Sie richtig bemerkt haben, wäre dies die Geschichte Ihres vielbeklagten Vaters. Aber jetzt kommt der Unterschied. Wenn Ihr Vater nicht gestorben wäre, als er starb — erschrecken Sie nicht! wie Sie auffahren!“

      Sie fuhr in der That auf. Und sie faßte seine Hand mit ihren beiden Händen krampfhaft.

      „Bitte,“ sagte Mr. Lorry in besänftigendem Tone, indem seine linke Hand die Stuhllehne losließ und sich auf die bittenden Finger legte, welche sich so heftig zitternd an ihn anklammerten. „Bitte, beruhigen Sie sich — eine reine Geschäftssache — wie ich eben sagte.“

      Der Ausdruck ihres Blickes brachte ihn so außer Fassung, daß er inne hielt und erst nach einer verlegenen Pause wieder anfing:

      „Wie ich eben sagte — wenn Monsieur Manette nicht gestorben wäre; wenn er plötzlich und spurlos verschwunden wäre; wenn man ihn entführt hätte; wenn es schwer gewesen wäre, zu errathen, nach welchem schrecklichen Ort, obgleich der größte Scharfsinn keine Spur von ihm entdecken konnte; wenn er unter seinen Landsleuten irgend einen Feind hatte, welcher ein Vorrecht ausüben konnte, von dem zu meiner Zeit die kühnsten Leute drüben kaum in einem Flüstern zu sprechen wagten — z. B. das Vorrecht, unterzeichnete Verhaftsbefehle mit jedem Namen nach Belieben auszufüllen und den so Verhafteten auf jede beliebige Zeit der Vergessenheit eines Kerkers anheimzugeben; wenn seine Frau den König, die Königin, den Hof, die Geistlichkeit um Nachrichten von ihm angefleht hätte und Alles vergeblich; — dann wäre die Geschichte Ihres Vaters die Geschichte dieses unglücklichen Herrn, des Arztes von Beauvais.“

      „Ich bitte Sie angelegentlichst, mir mehr zu sagen, Sir.“

      „Ich werde gleich fortfahren. Können Sie es ertragen?“

      „Ich kann Alles eher ertragen, als die Ungewißheit, in der Sie mich jetzt lassen.“

      „Sie sprechen gefaßt und Sie sind wirklich gefaßt. Das ist gut!“ Obgleich sich in seinen Worten viel mehr Beruhigung aussprach, als in seinen Mienen. „Eine reine Geschäftssache. Betrachten Sie es als eine reine Geschäftssache — als eine Sache, die abgewickelt werden muß. Wenn die Gattin dieses Arztes, obgleich eine Dame von großem Muthe und starkem Charakter, unter diesem Unglück so schwer gelitten hätte, ehe ihr Kind geboren ward —“

      „Das Kind war eine Tochter, Sir.“

      „Eine Tochter. Eine — eine reine Geschäftssache. Beunruhigen Sie sich nicht, Miß, wenn die arme Dame vor der Geburt ihres Kindes so schwer gelitten hätte, daß sie zu dem Entschlusse kam, das arme Kind mit der Erbschaft nur des kleinsten Theils der Folter zu verschonen, deren Qual sie gekannt hatte, indem sie die Tochter in dem Glauben erzog, ihr Vater sei gestorben — nein, knien Sie nicht! In des Himmels Namen, knien Sie nicht vor mir.“

      „Die Wahrheit. O guter, lieber Herr, wenn Sie ein Herz haben, die Wahrheit!“

      „— СКАЧАТЬ