Название: Meteorologie
Автор: Hans Häckel
Издательство: Bookwire
Жанр: Математика
isbn: 9783846355046
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Die bekannteste und weltweit als beste anerkannte Näherungsformel stammt von Penman (1948). Sie lautet:
W* = ζ · Q + (1 – ζ) · ν · (EL – eL)
Darin bedeutet W* die Verdunstungsrate in Millimetern pro Tag (mm/d; mit „Millimeter“ ist die Einheit „Millimeter Niederschlagshöhe“ gemeint, die auf → Kap. 8.2, S. 313 näher erläutert ist; man verwendet diese Einheit gerne, um die Verdunstung bequem mit dem Niederschlag vergleichen zu können). ζ ist eine komplexe physikalische Größe, die unter anderem von der Temperatur abhängt. Q steht für die Strahlungsbilanz, einer Größe, die den Gewinn an Strahlungsenergie (→ Kap. 3.2.3, S. 162) beschreibt. ν enthält den Einfluss der Windgeschwindigkeit und (EL – eL) ist das Sättigungsdefizit der Luft.
Wir finden also in dieser Formel die gleichen Einflussfaktoren wieder, die wir vorhin schon als verdunstungsrelevant erkannt haben: Temperatur und Strahlungsbilanz, die die Energie liefern, Windgeschwindigkeit und Sättigungsdefizit, die den Wasserdampfabtransport besorgen.
Aufmerksamen Lesern dürfte jedoch nicht entgangen sein, dass die Penman-Formel keine Größe enthält, die danach fragt, ob denn auch genügend Wasser zum Verdunsten zur Verfügung steht. In der Tat gilt diese Formel auch nur für die Verdunstung offener Wasserflächen oder eines gut mit Wasser versorgten, kurz gehaltenen Rasens. Man spricht in solchen Fällen von potenzieller Verdunstung. Die tatsächliche oder aktuelle Verdunstung ist demnach kleiner oder bestenfalls gleich der potenziellen. Machen wir uns den Unterschied zwischen der potenziellen und der aktuellen Verdunstung durch einen Vergleich klar: In der Wüste ist die aktuelle Verdunstung wegen des fehlenden Wassers trivialerweise außerordentlich klein, die 78 potenzielle Verdunstung dagegen ist wegen der großen Hitze, der ungehemmten Sonneneinstrahlung, der trockenen Luft und der hohen Windgeschwindigkeiten außerordentlich hoch, was man auch mit einem einschlägigen Experiment jederzeit beweisen könnte.
Ganz anders in unseren Breiten: Hier ist die potenzielle Verdunstung nur mäßig hoch. Wegen der häufig guten Wasserversorgung der Böden steht ihr aber die aktuelle Verdunstung oft nur wenig nach.
Die Penman-Formel liefert, wie wir gesehen haben, die potenzielle Verdunstung. Uns interessiert jedoch in erster Linie die tatsächliche, die sogenannte aktuelle Verdunstung. Es stellt sich also die Frage: Wie kommen wir zu einem Umrechnungsverfahren, das uns die gesuchten Werte liefert? Dazu müssen wir uns erst einmal Gedanken machen, unter welchen Bedingungen die aktuelle Verdunstung überhaupt hinter der potenziellen zurückbleibt.
Abb. 2.14 Zur Reduktion der aktuellen Verdunstung nach Slabbers (1980), Einzelheiten im Text.
Dabei ist zunächst an den Boden zu denken (→ Kap. 2.4.4, S. 129). In diesem Zusammenhang ist wichtig, sich klarzumachen, dass die Bodenteilchen das Wasser mit unterschiedlich starken Molekularkräften festhalten. Wird aus dem Boden verdunstet, dann werden zuerst die schwächeren Kräfte überwunden, die die Wassermoleküle noch relativ leicht abgeben. Geht der Bodenwassergehalt aber immer weiter zurück, dann bleiben nur noch die starken und stärksten Bindekräfte übrig, die sich der Verdunstung zunehmend vehement widersetzen.
Ergebnis: Je geringer der Bodenwassergehalt, desto weiter bleibt die aktuelle Verdunstung hinter der potenziellen zurück.
Darüber hinaus reagieren die Pflanzen physiologisch sehr sensibel auf die meteorologischen Bedingungen und können so die Verdunstung erheblich beeinflussen: Bei warmem, windigem und trockenem Wetter – das sind aber genau die Bedingungen hoher potenzieller Verdunstung – schließen sie ihre Atemöffnungen (Stomata) und schränken dadurch die Transpiration stark ein. Natürlich verhält sich dabei jede Pflanzenart anders, ja selbst während verschiedener Wachstumsphasen treten bei ein und derselben Pflanzenart Unterschiede auf.
Fazit: Je größer die potenzielle Verdunstung ist, desto eher sinkt die aktuelle Verdunstung unter diesen Maximalwert – ein Verhalten, das leider leicht zu Verständnisproblemen führen kann.
Formal lässt sich die Drosselung der Verdunstung durch die Einführung von Widerstandstermen in 79 die Verdunstungsgleichungen berücksichtigen. Sie beschreiben, welche Ursachen an welchen Stellen zu einer Behinderung des Wasserstromes durch die Pflanze führen: So greift z. B. der Bodenwassermangel an der Übertrittsstelle vom Boden zur Wurzel und der Stomataschluss an der Übergangsstelle vom Pflanzengewebe zur Luft ein.
Für die Penman-Formel hat Monteith entsprechende Anpassungen geschaffen. (Einzelheiten dazu findet man z. B. bei Schrödter 1985, Kraus 2008 oder Foken 2003).
Für praktische Anwendungen hat sich der sehr anschauliche Umrechnungsansatz von Slabbers (1980) gut bewährt (Breuch-Moritz, 1989). Abbildung 2.14 zeigt die Zusammenhänge am Beispiel eines Maisbestandes. Bei einem sehr nassen Boden (Saugspannung um 0,1 · 105 Pa) bleibt die aktuelle Verdunstung gleich der potenziellen, egal wie hoch die potenzielle Verdunstung auch immer ist. Im mittleren Bereich (1,0 · 105 Pa) erreicht die aktuelle Verdunstung die potenzielle nur noch bei geringen Verdunstungsansprüchen der Atmosphäre, also bei einer geringen potenziellen Verdunstung. Bei potenziellen Verdunstungsraten über 6 mm/d geht die aktuelle Verdunstung auf unter 30 % (der potenziellen) zurück. Ist der Boden sehr stark ausgetrocknet (10 · 105 Pa) und bleibt die potenzielle Verdunstung unter 2 mm/d, dann bleibt die aktuelle Verdunstung über der 40 %-
Marke. Bei wachsender potenzieller Verdunstung kommt sie aber schließlich völlig zum Erliegen.
Weitere Informationen über Näherungsformeln zur Verdunstungsrechnung findet man in der Spezialliteratur, vor allem bei Schrödter (1985) und Foken (2003).
Abb. 2.15 Die Abbildung zeigt das Verhältnis der aktuellen zur potenziellen Verdunstung in Abhängigkeit von Bodenwassergehalt und potenzieller Verdunstung in einer einprägsamen 3D-Darstellung.
Beispiele für Verdunstungsrechnungen
Tabelle 2.5 soll an einigen Beispielen den Einfluss des Wetters auf die Verdunstung zeigen. Sie enthält Werte der potenziellen Verdunstung, berechnet nach der Formel von Penman. In Zeile 1 ist ein warmer, heiterer, trockener, windschwacher Julitag beschrieben. An ihm verdunsten 4,4 Liter Wasser/m2 (= mm). Liegt unter sonst gleichen Bedingungen die Temperatur 3 °C höher, sodass der Tag als sehr warm einzustufen ist (Zeile 2), wächst auch die Verdunstungsrate auf 4,8 mm.
Ändern wir jetzt die Wetterelemente aus Zeile 2: Scheint am Tag die Sonne statt 10 Stunden 15 Stunden (Zeile 3), nimmt die Verdunstung aufgrund des höheren Energieangebots auf 5,7 mm zu. Eine Senkung der relativen Feuchte von 65 % auf 50 % und die damit verbundene Vergrößerung des Sättigungsdefizits, wie etwa bei der Zufuhr trockener Festlandsluft (Zeile 4), bewirkt eine Steigerung um 0,4 mm gegenüber der Situation in Zeile 2. Erheblich verdunstungsfördernd wirkt offensichtlich der Wind. Bei mäßigem Wind erreicht die Verdunstung 6,3 mm (Zeile 5), bei sonst gleichen Bedingungen wie in Zeile 2.
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