Название: PLATON - Gesammelte Werke
Автор: Platon
Издательство: Bookwire
Жанр: Философия
isbn: 4066338120939
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Hermogenes: Das ist freilich wohl so, Sokrates.
Sokrates: Wenn man aber wieder Jeden läßt nach Belieben Buchstaben hineinsetzen in die Worte und herausnehmen, so muß es wohl sehr leicht sein, jeden Namen jeder Sache anzupassen.
Hermogenes: Da hast du Recht.
Sokrates: Recht freilich; aber ich denke, du weiser Aufseher mußt eben Acht haben, daß Maß und Billigkeit beobachtet werde.
Hermogenes: Das wollte ich wohl gern.
(415) Sokrates: Und ich will es auch mit dir, Hermogenes. Aber nimm es nur nicht gar zu genau, du Wunderlicher, daß du mir nicht entnervest den Mut. Denn ich komme jetzt zum Gipfel alles bisherigen, wenn wir nach der Kunst erst noch das Geschick betrachtet haben. Geschick nämlich scheint mir dasjenige anzudeuten, wodurch man es weit bringt. Daher muß, wenn doch alles in Bewegung ist, aus diesen beiden dem Gehen und dem sich schicken in das Gehen der Namen Geschick zusammengesetzt sein. Doch wie gesagt, wir müssen nun zu dem Gipfel alles dessen, was wir jetzt vorhaben, kommen, indem wir untersuchen, was wohl die Namen der Tugend und der Bosheit sagen wollen. Das eine nun sehe ich noch nicht, das andere scheint mir aber deutlich zu sein; es stimmt wenigstens mit allem bisherigen überein. Wenn nämlich alle Dinge gehen, so muß alles bös hingehende Bosheit sein; am meisten aber muß was in der Seele ein solches bös hingehn zu den Dingen ist den Namen des Ganzen führen und Bosheit sein. Was aber böse gehen heißt, das glaube ich zeigt sich auch an der Feigheit, welche wir nicht mitgenommen, sondern übergangen haben, da wir sie sollten nach der Tapferkeit betrachtet haben; so haben wir wohl auch vieles andere übergangen. Die Feigherzigkeit also deutet darauf, daß sie ein festes Band für die Seele ist; denn das Ziehen ist etwas bindendes, und die Feigherzigkeit ist ein fest sich herziehn der Seele; wie auch die Verlegenheit etwas schlechtes ist, und alles, wie es scheint, was die Bewegung und das Gehen hindert. Jenes böse gehn deutet also auf eine aufgehaltene und gehinderte Bewegung, wodurch die Seele, wenn sie eine solche hat, voll Bosheit wird. Heißt nun aus dieser Ursache die Bosheit so, so muß ja die Tugend das Gegenteil bedeuten, nämlich eine Unbefangenheit zuerst, und dann das der Fluß einer guten Seele immer frei ist, so daß also ein unaufgehaltener und ungehinderter Gang, wie es scheint, durch dieses Wort bezeichnet wird. Richtig also hieße sie Tugehend, als immer zu gehend, denn t und z werden häufig verwechselt. Vielleicht aber meint er auch das tunliche Gehen als die vorzüglichste Beschaffenheit der Seele, es wird aber zusammengeklappt und heißt Tugend. Vielleicht sagst du nun wieder ich künstle; ich behaupte aber, daß wenn die Bosheit wie ich sie vorher erklärte richtig ist, dann auch dieses Wort die Tugend richtig sein muß.
Hermogenes: Aber das Böse selbst, woraus du mehreres vorher erklärtest, was meint wohl das Wort?
(416) Sokrates: Das scheint mir, beim Zeus, gar wunderlich und schwer zu erklären. Daher muß ich auch hiebei jenen Kunstgriff anwenden.
Hermogenes: Welchen doch?
Sokrates: Daß ich sage, auch das sei ein barbarisches Wort.
Hermogenes: Und wohl mit Recht magst du das sagen, Sokrates. Also, wenn du meinst, wollen wir dies lassen, und dagegen das redliche und das schändliche versuchen auszufinden, worin das wohl gegründet ist.
Sokrates: Das schändliche scheint mir gar sehr deutlich, was es meint, denn auch dieses stimmt mit dem vorigen überein. Nämlich alles was die Dinge am Fließen hindert und darin aufhält scheint mir der Erfinder der Worte überall zu schmähen; daher hat er auch hier dem, was den Fluß stets hemmt diesen Namen gegeben das stethemmtliche, nun aber ziehn sie es zusammen und nennen es schändlich.
Hermogenes: Wie aber das redliche?
Sokrates: Das ist schwerer zu entdecken. Wiewohl doch in der Aussprache nur der Wohlklang und die Länge des Tons abweicht.
Hermogenes: Wie so?
Sokrates: Es scheint mir nämlich dieses Wort eigentlich eine Bezeichnung der Vernunft zu sein.
Hermogenes: Wie meinst du das?
Sokrates: Sprich doch, was glaubst du denn ist Ursach daran, daß von jedem Ding geredet wird? Nicht jenes, welches die Namen bestimmt?
Hermogenes: Allerdings.
Sokrates: Und dies ist doch gewiß die Vernunft der Götter oder der Menschen oder beider?
Hermogenes: Ja.
Sokrates: Also das redende von den Dingen, und das redliche, ist dieses selbige, die Vernunft.
Hermogenes: So scheint es.
Sokrates: Und nicht wahr, was Vernunft und Verstand verrichten, das ist das löbliche, was aber nicht, das tadelnswerte?
Hermogenes: Freilich.
Sokrates: Das heilende Vermögen nun verrichtet heilsames, und das bildende bildnerisches? Oder wie meinst du?
Hermogenes: Eben so allerdings.
Sokrates: Und das redende also redliches?
Hermogenes: So muß es wohl.
Sokrates: Und das ist, wie wir sagen, der Verstand?
Hermogenes: Freilich.
Sokrates: Also ist ganz richtig das redliche eine Benennung der Vernunft, welche ja dergleichen verrichtet, was wir als redlich loben.
Hermogenes: So scheint es.
Sokrates: Was ist uns nun wohl noch übrig von dergleichen?
Hermogenes: Dieses, was sich gleichfalls auf das gute und redliche bezieht, das vorteilhafte, zweckmäßige, nützliche, gewinnvolle und das Gegenteil hievon.
Sokrates: Das Vorteilhafte könntest du wohl schon selbst finden aus dem vorigen, wenn du es überlegtest. Denn es (417) scheint mir sehr verwandt mit der Erkenntnis. Es deutet nämlich auf nichts anderes als auf das Fortgehn der Seele mit den Dingen. Was hiedurch ausgerichtet wird scheint vorteilhaft und Vorteil von dem zum Heil mit fortgehn zu heißen. Das gewinnvolle aber kommt von Gewinn, und das Wort Gewinn wird dir, wenn du nur das n in l verwandeln willst, schon zeigen was es bedeutet. Es bezeichnet nämlich auch das Gute, nur auf andere Weise, daß es nämlich in alles gehen will. Um diese Eigenschaft desselben zu bezeichnen, ist das Wort gebildet, und wird nun durch Vertauschung des l mit n Gewinn ausgesprochen.
Hermogenes: Was ist aber das zweckmäßige?
Sokrates: Das scheint mir gar nicht so, wie etwa die Künstler und Handwerker sich dessen bedienen, für dasjenige, was zu ihrem Zweck das rechte Maß hat und ihn also erreicht, wirklich zu verstehen zu sein; sondern weil es als das schnellste überall die Dinge nicht stehen oder die Bewegung sich mäßigen und zu Ruhe und Stillstand kommen läßt, sondern wenn etwas ihr Maß verringern will, sie immer wieder weckt und sie dadurch СКАЧАТЬ