Название: Spanische Literaturwissenschaft
Автор: Maximilian Gröne
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: bachelor-wissen
isbn: 9783823300113
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Das 18. Jh. stand im Gegenzug dazu im Zeichen eines klassizistischenKlassizismus Geschmacksideals, das sich in der Bevorzugung von Klarheit, Einfachheit und Gleichmäßigkeit wieder an den antiken Vorbildern orientierte. Großen Einfluss übte zumal die verstärkte Rezeption der Dichtungen und PoetikenPoetik der französischen Hochklassik (letztes Drittel des 17. Jh.) aus. Damit einher ging die Besinnung auf die Bildung eines ‚guten Geschmacks‘ beim Publikum, der ebenso ästhetische wie moralische Bezüge umfasste. So wandten sich viele Autoren erneut der Aristotelischen PoetikPoetik und ihrer Forderung nach Wahrscheinlichkeit und stilistischer Angemessenheit zu, wie z.B. Ignacio de Luzán in der an den Leser gerichteten Vorrede zu seiner Poética (1737) nachdrücklich vermerkt.
Text 2.3
Ignacio de Luzán: Poética (1737) […] primeramente, te advierto que no desestimes como novedades las reglas y opiniones que en este tratado propongo; porque, aunque quizás te lo parecerán, por lo que tienen de diversas y contrarias a lo que el vulgo comúnmente ha juzgado y practidado hasta ahora, te aseguro que nada tienen menos que eso; pues ha dos mil años que estas mismas reglas (a lo menos en todo lo substancial y fundamental) ya estaban escritas por Aristóteles, y luego, sucesivamente, epilogadas1 por Horacio, comentadas por muchos sabios y eruditos varones2, divulgadas entre todas las naciones cultas y, generalmente, aprobadas y seguidas. (Ignacio de Luzán: 1974, 59)
1 epilogar hier: in der Nachfolge bearbeiten – 2 varón Mann
Aufgabe 2.4 ? Vergleichen Sie den Textauszug mit dem arte nuevo von Lope de Vega (Text 2.2) und begründen Sie die abweichende Stoßrichtung der Argumentation: Weshalb betont Luzán gerade die antike Herkunft der in seiner PoetikPoetik erläuterten Regeln?
Aufgabe 2.5 ? Inwiefern kann man grundsätzlich von einem besonders engen Bezug zwischen der Textsorte ‚RegelpoetikPoetik‘ und den klassizistischenKlassizismus und damit neo-aristotelischen Literaturvorstellungen ausgehen?
Die Romantik als Ende der RegelpoetikPoetik Während sich die klassizistischeKlassizismus Ausrichtung diverser PoetikenPoetik noch bis weit in das 19. Jh. erstreckte, kam es schon zu dessen Beginn zu einer Rezeption (v.a. deutschen) romantischen Gedankenguts in Spanien, die etwa Friedrich Schlegels Begeisterung für das Siglo de OroSiglo de Oro aufgriff, aus politischen Gründen aber unterbrochen wurde. In den 1830er Jahren zeichnete sich sodann eine programmatische Romantik ab, beispielsweise im Vorwort zu El moro expósito (1834) des Duque de Rivas. Wirkungsvolle theoretische Positionen finden sich im Weiteren etwa in Manuel Milá y Fontanals’ Schriften Arte poética (1844), Principios de estética (1856) und Principios de literatura general y española (1873), die den allmählichen Bedeutungsverlust poetologischerpoetologisch Bestimmungen für die Literatur dokumentieren. So wurde neben der Forderung nach einer Kombination von sublimen (erhabenen) und grotesken Elementen [bad img format] Bonus track: Ángel de Saavedra, Duque de Rivas: „Prólogo“ zu El moro expósito unter www.bachelor-wissen.de die Auffassung von der schöpferischen Inspiration des Dichter-GeniesGenie vertreten, die sich als Konzept von vornherein jeglicher handwerklich-erlernbarer Kunstfertigkeit widersetzte. Normierende Vorschriften oder eine auf Regelmäßigkeit und Gleichmäßigkeit stützende Ästhetik galten nunmehr als überholt.
Friedrich Schlegel (Gemälde von Franz Gareis, 1901)
2.2 GattungenGattungen
! Die Einteilung der literarischen Formen entspricht der wissenschaftlichen Notwendigkeit von Analyse und Klassifikation Unter den behandelten Kernanliegen von PoetikenPoetik ist noch einmal auf einen Aspekt zurückzukommen, der eine eingehende Problematisierung verdient. Der seit dem Altertum zu beobachtende Versuch, die Vielzahl der zeitgenössischen literarischen Formen nach gemeinsamen Merkmalen zu einzelnen Gruppen zu bündeln, stellte lange Zeit eines der grundlegenden Anliegen in literaturtheoretischer und literaturgeschichtlicherLiteraturgeschichte Hinsicht dar, das sich seinerseits als aufschlussreich für das Literaturverständnis zu einem bestimmten Zeitpunkt erweist. Vorrangige Aufgabe einer Einteilung in GattungenGattungen ist dabei das Bedürfnis, Texte genau nach generalisierbaren Merkmalen zu beschreiben, sie somit zu klassifizieren und in epochale und literaturgeschichtlicheLiteraturgeschichte Zusammenhänge einzuordnen.
Kriterien für eine Zuordnung können dabei sein:
Form (Vers- und StrophenformStrophe bzw. Aufbau und StrukturStruktur eines Textes [z.B. Fünfaktschema]; Länge; verwendete Stilmittel; Verwendung sog. ParatexteParatext [vgl. 12.2.1]);
StoffStoff- und MotivkreisMotiv (z.B. in Heiligenlegenden oder im Kriminalroman);
FigurenFigur (bspw. StändeklauselStändeklausel);
Redekriterium (wer spricht? der Dichter/Erzähler – die handelnden Personen – beide Parteien im Wechsel);
mediale Aspekte (gedruckter Text, mündlicher Vortrag/Inszenierung, Vertonung, Film, etc.).
GattungenGattungen als Konvention Die Definition von GattungenGattungen bleibt bei alldem eine sozio-kulturelle Konvention, die auf besondere historischen Umstände zurückgeführt werden kann, auch wenn für GattungenGattungen ein normativernormativ und überzeitlicher Anspruch erhoben wird.
Vorbildcharakter ‚klassischer‘ Werke Die normativenormativ Gattungslehre ist zumeist darauf angewiesen, sich auf eine gezielte Auswahl von Referenztexten zu stützen, die auf beispielhafte Weise als Vorbild für alle anderen, ähnlich kategorisierbaren Produktionen gelten können. Neben für besonders wichtig gehaltene Werke früherer Epochen, die zumeist für ‚klassisch‘ erachtet werden (etwa im Falle von Vergil, der im Mittelalter als alles überragender Dichter der Antike rezipiert wurde), können durchaus auch die Werke von Zeitgenossen treten, z.B. bei Aristoteles. Die von Aristoteles überlieferte GattungseinteilungGattungen gibt zugleich ein eindrückliches Beispiel dafür, wie sehr die Bemühungen um eine Systematisierung dem historischen Wandel ausgesetzt sind.
Text 2.4
Aristoteles: PoetikPoetik Die EpikEpik und die tragische Dichtung, ferner die KomödieKomödie und die Dithyrambendichtung1 sowie – größtenteils – das Flöten- und Zitherspiel: sie alle sind, als Ganzes betrachtet, Nachahmungen. Sie unterscheiden sich jedoch in dreifacher Hinsicht voneinander: entweder dadurch, daß sie durch je verschiedene Mittel, oder dadurch, daß sie je verschiedene Gegenstände, oder dadurch, daß sie auf je verschiedene und nicht dieselbe Weise nachahmen. (Aristoteles: 1994, 5)
1 Dithyrambendichtung antike lyrische Gattung mit musikalischer Begleitung
Nicht nur der Wegfall der letztgenannten GattungenGattungen ist zu bemerken, auch die GattungsbegriffeGattungen selbst, z.B. derjenige der EpikEpik, haben sich grundlegend verändert oder wurden nachträglich ersetzt. Das moderne Lyrikverständnis umfasst z.B. nicht mehr notwendigerweise die musikalische Darbietung wie in der Antike (siehe Einheit 4).
Aufgabe 2.6 ? Inwiefern entspricht das von Aristoteles betrachtete antike EposEpos (z.B. Homers Ilias) nicht mehr dem heute geläufigen Gattungsbegriff ‚EpikEpik‘?
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