Englisch ab Klasse 1 - Grundlage für kontinuierliches Fremdsprachenlernen. Группа авторов
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СКАЧАТЬ „Frühstarter“ am Anfang von Klasse 5 noch signifikant bessere Leistungen zeigten, hatten die „Spätstarter“ sie in Klasse 7 eingeholt und übertrafen sie sogar sowohl im Lese- als auch im Hörverstehen. Die Studie bestätigt andere vor ihr, die sich gegen die naive Annahme aussprechen, dass je früher mit einer Fremdsprache begonnen werde, desto bessere Ergebnisse zu erwarten seien. Hier ist den Autor*innen unbedingt zuzustimmen. Ob sich jedoch die folgende Aussage über den Englischunterricht der Grundschule zwingend aus der Studie ergibt, scheint uns aus mindestens vier Gründen fraglich:

      In Germany, the current practice of beginning EFL in Year 1 with 90 minutes or less of instructional time does not yield the expected results that policymakers may have hoped for, at least not in the long run. Extending EFL into elementary school did not seem to produce the anticipated linguistic outcomes (Jaekel et al. 2017: 654).

      (1) Die Studie untersucht nur zwei Teilkompetenzen und blendet den Bereich Sprechen, dem in der Grundschule große Aufmerksamkeit gewidmet wird, völlig aus. Dieser Fertigkeitsbereich ist unter schulischen Bedingungen und in großer Breite zweifellos schwer zu erfassen. Erreichte Leistungen der Kinder sind jedoch unbedingt einzubeziehen, will man Erträge von Programmen bewerten. Kapitel 3 dieses Bandes gibt hier einen Einblick in Leistungen der PROJEKT-Schüler*innen. (2) Ob aus den besseren Ergebnissen der Spätstarter in Klasse 7 wirklich auf die Leistungsfähigkeit des Grundschulenglisch geschlossen werden kann, ist mehr als problematisch, wenn man berücksichtigt, dass die Kinder in Klasse 5 und 6 im Durchschnitt 304 Stunden Englischunterricht haben. Aus der Perspektive des PROJEKTS sind gerade die ersten Monate in Klasse 5 entscheidend für die Weiterentwicklung der mitgebrachten Kompetenzen, den Erhalt von Motivation und den Umstieg auf eine veränderte Lernkultur. Die Studie von Jaekel et al. wirft deshalb die spannende und bisher nicht untersuchte Frage auf, wie Lehrkräfte tatsächlich mitgebrachtes Können wahrnehmen, einordnen und unter den Bedingungen von Regelunterricht ausbauen. Sie verweist zwar auf die unterschiedlichen Zielsetzungen und Lernkulturen der beiden Schulstufen, ohne jedoch diesen Aspekt weiter auszuführen und ohne den Unterricht von zwei Schuljahren in Rechnung zu stellen. (3) Ferner bemerken die Autoren einschränkend, dass die Studie zu einem Zeitpunkt erfolgte, zu dem mit Sicherheit davon auszugehen war, dass ein beachtlicher Anteil von Grundschullehrkräften nicht entsprechend qualifiziert war. Das PROJEKT hat mehr als deutlich gemacht, dass vor allem eine fachdidaktisch fokussierte Sprachkompetenz der Lehrkräfte unerlässlich für einen kommunikativen Englischunterricht ist (s. unten). (4) Auf dem Kongress der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung im Herbst 2017 hat die Forschergruppe einen weiteren Teil der Studie vorgestellt, der interessanterweise zeigt, dass sich der Trend, den sie zunächst für Klasse 7 festgestellt hatte, nun in Klasse 9 wieder ins Gegenteil zu kehren scheint. Mit anderen Worten, frühbeginnende Lerner*innen ab Klasse 1 zeigen in Klasse 9 einen kleinen Vorsprung vor Fremdsprachenlernenden ab Klasse 3. Sind damit die oben zitierten Schlussfolgerungen hinfällig?

      Beachtung in diesem Zusammenhang verdient auch die Studie von Pfenninger / Singleton (2016). Untersucht wurde eine Kohorte Schweizer Schüler*innen am Beginn und Ende der Sekundarstufe. 100 von ihnen hatten Englisch in der Grundschule gelernt, während 100 erst in der Sekundarstufe mit dem Fach begannen. Neben der Frage, ob die Frühstarter die Spätstarter am Ende der Sekundarstufe im sprachlichen Leistungsbereich übertreffen, wurden auch motivationale und einstellungsbezogene Aspekte untersucht. Die differenziert angelegte Studie in einem mixed-method design zeigt stimmig und nachvollziehbar, dass die Spätstarter innerhalb eines halben Jahres zu den Leistungen der Frühstarter aufgeschlossen haben und dass beide Gruppen mit vergleichbaren, fast identischen Leistungen die Sekundarstufe verlassen, die Frühstarter demnach keinen Leistungsvorteil gegenüber den Spätstartern aufweisen:

      While there were clear differences with respect to rate of acquisition in favor of the late starters, we found no main effect for age at the end of mandatory school time, which was also reflected in the qualitative data, e.g. in the reported comparisons that late learners did with their younger siblings who had experienced early English – and who failed, according to the reports, to perform better than the late starters (Pfenninger / Singleton 2016: 336).

      Bevor von diesen Schweizer Ergebnissen generalisierend auf die Leistungsfähigkeit des frühen Englischunterrichts geschlossen werden kann, müssen zwei Fragen beantwortet werden, die nicht im Fokus der Studie lagen. Die erste betrifft die Qualität der 440 Stunden Englischunterricht in der Grundschule, mit denen die Untersuchung rechnet. Leistet er das, was er wirklich leisten könnte? In diesem Zusammenhang wäre u.a. der Ausbildungsstand der Grundschullehrkräfte von Interesse, sowohl ihre methodisch-didaktischen wie die fremdsprachlichen Kompetenzen als auch das Niveau ihrer Lehrersprache (s.u.). Die zweite Frage betrifft die Fortführung des Englischunterrichts in der Sekundarstufe, den Komplex Übergang. Eine Reihe qualitativer Lernerdaten, nämlich Äußerungen der Frühstarter zur Erfahrung mit dem Englischunterricht in der Grundschule und zur Weiterführung, unterstreichen die Notwendigkeit, diese Fragen in den Blick zu nehmen:

      72% of the responses in question concerned the perceived inefficiency of the way that English was taught. … 56 % of comments expressed criticism of the teachers’ choice of language of instruction … 41 % of students’ answers to the question complained about the experience of starting everything again from scratch in secondary school (ebd.: 332-333).

      Zum Zeitpunkt der ersten Testung, also nach ca. sechs Monaten Englischunterricht in der Sekundarstufe, diagnostiziert die Studie bei den Frühstartern eine auffällig negative Haltung gegenüber dem Fremdsprachenunterricht. Die Schüler*innen zeigen mangelnden Enthusiasmus, gepaart mit Vorstellungen der Ineffektivität der schulischen Lernumgebungen. Sie sind erkennbar unzufrieden mit ihrem Englischunterricht aus der Grundschule und mit der Lehr- und Lernpraxis der Sekundarstufe. Während die Spätstarter in der kontinuierlich strukturierten Lernkultur der Sekundarstufe von fachdidaktisch qualifizierten Lehrkräften unterrichtet werden, mussten sich die Frühstarter mit einer veränderten Lehr- und Lernkultur arrangieren, was deutlich mit negativen Erfahrungen konnotiert ist. Aus der Sicht des PROJEKTS stimmen wir Pfenninger / Singleton zu, wenn sie formulieren: „The ECLs‘[early classroom learners] responses also raise the question as to whether the skills that are acquired in primary school are adequately measured and accredited in secondary school“ (ebd.: 334).

      Neben den sprachlichen Kompetenzen, die die Kinder im Fremdsprachenunterricht der Grundschule erwerben, sollen auch interkulturelle Kompetenzen gefördert werden. Als um die Jahrtausendwende in vielen Ländern Europas Fremdsprachenprogramme für die Primarstufe entwickelt wurden, wurde vielerorts die Einigung Europas, die Bedeutung des Sprachenlernens für die interkulturelle Verständigung und die Erziehung zu Offenheit, Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt betont. In einer Zeit, in der europaweit nationalistische Tendenzen zunehmen, scheint dieser Begründungszusammenhang umso mehr von Bedeutung. Ein Beginn des Fremdsprachenlernens in Klasse 1 setzt hier ein Signal und gibt interkulturellem Lernen Raum und Zeit (vgl. u.a. Elsner 2017).

      Für Kinder mit anderen Erstsprachen als Deutsch bietet gerade der Englischunterricht oft Möglichkeiten, ihr Können zu zeigen; ein Unterricht, der die kindliche Mehrsprachigkeit produktiv einbezieht, ist dabei besonders hilfreich. In einzelnen Bundesländern ist die Berücksichtigung von Mehrsprachigkeit bereits curricular verankert, beispielsweise wird angeregt, die Herkunftssprachen zu Sprachvergleichen heranzuziehen und Kindern die sprachliche Vielfalt ihrer Lebenswelt bewusst zu machen (Hempel / Kötter / Rymarczyk 2017: 31f.). Gleichzeitig besteht die Herausforderung darin, in der Grundschule genügend Gelegenheiten zum Erlernen der Schulsprache Deutsch bereit zu stellen, die für den Schulerfolg unabdingbar ist. Ein „Gegeneinander-Ausspielen“ der Sprachen Englisch und Deutsch scheint dabei allerdings wenig sinnvoll, da sprachliche Kompetenzen integriert entwickelt werden.

      3 Voraussetzungen

      Die Untersuchungen zur Effektivität des Fremdsprachenlernens in der Grundschule belegen aber auch, dass der Beginn in Klasse 1 kein Selbstläufer ist. Der Erfolg ist vielmehr an gewisse Voraussetzungen geknüpft. Daniela Elsner ist deshalb zuzustimmen, wenn sie befindet, dass die Frage nicht nur sein dürfe, СКАЧАТЬ