Название: Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen
Автор: Christoph Hillebrand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811488540
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4. Risikotragung
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Die Abgrenzung der Vertrags- und Lieferkette des Eigenhändlers vom Kommissionsverhältnis ist, wenngleich nicht bei insges. störungsfreiem Ablauf, so doch für die Tragung des Veräußerungsrisikos, des Insolvenzrisikos und der Gütegefahr (Sachgefahr) für den Geschäftsgegenstand maßgeblich, welche der Kommittent trägt (das ist gemeint mit dem Handeln auf seine Rechnung).
Der Kommissionär kann im Falle ausbleibenden oder in Folge zufälligen Untergangs scheiternden (vgl. im Verhältnis zum Erwerber § 326 Abs. 1 BGB) Ausführungsgeschäfts das Kommissionsgut (oder was davon übrig ist) an den Kommittenten zurückgeben (Kündigung gem. §§ 675 Abs. 1 a.E., 671 Abs. 2 BGB). Soweit den Kommissionär kein Verschuldensvorwurf hinsichtlich der Erfolglosigkeit oder der ungenügenden Sicherung vor Verlust und Beschädigung (vgl. § 390 HGB) trifft und deshalb keine Schadensersatzpflicht besteht, verliert der Kommissionär nur den Provisionsanspruch.[188]
Der Eigenhändler hingegen hätte das Umsatzrisiko zu tragen und schuldete Erfüllung seines mit dem „Auftraggeber“ geschlossenen Umsatzgeschäfts.
Die Problematik ist bei der Verkaufs- und Einkaufskommission eine nämliche. Der Zwischenhändler (Eigenhändler) könnte dieses wirtschaftliche Risiko nur durch die zusätzliche Abrede eines sog. Konditionsgeschäfts auf seinen „Auftraggeber“ abwälzen, in dem er den Umsatzvertrag unter die Bedingung der Weiterveräußerung bzw. den Vorbehalt der Selbstbelieferung stellt und so den Bestand der einzelnen Glieder der Vertragskette in wechselseitige Abhängigkeit bringt.[189]
Weiterhin wird der Kommittent als Geschäftsherr durch § 392 Abs. 2 HGB in der Einzel- oder Gesamtvollstreckung (Insolvenz) in das Vermögen des Kommissionärs geschützt.[190] Die kommissionsweise erlangte Kaufpreisforderung (bei der Verkaufskommission) bzw. den Übereignungsanspruch (bei der Einkaufskommission) muss der Kommissionär dem Kommittenten zwar jeweils erst gesondert rechtsgeschäftlich übertragen (vgl. § 384 Abs. 2 a.E. HGB), sie gelten jedoch gegenüber Gläubigern des Kommissionärs schon zuvor als auf den Kommittenten übergegangen und sind damit vor solchen Pfändungen geschützt.
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Nach dem Wortlaut von § 392 Abs. 2 HGB ist dieser Vollstreckungsschutz auf „Forderungen“ aus dem Ausführungsgeschäft bezogen, was nicht den Erlös aus der Einziehung solcher Forderungen durch den Kommissionär, also etwa den vereinnahmten Kaufpreis bei der Verkaufskommission bzw. das erworbene Eigentum bei der Einkaufskommission umfasst. Dies ist insofern sinnwidrig, als dieser gleich wie zuvor die Forderung Treuhandvermögen und damit gleichermaßen schutzbedürftig ist.[191] Unproblematisch ist, wenn der Erlös auf ein Treuhandkonto des Kommissionärs geflossen ist und es sich deshalb wiederum um eine Forderung handelt, die kommissionsähnlichen Charakter hat (§ 406 Abs. 1 HGB). In allen anderen Fällen stellt sich neben der prinzipiellen Erstreckung des Vollstreckungsschutzes auf den Erlös (z.B. im Rahmen der Ersatzaussonderung nach § 48 InsO) die weitere Frage, ob dieser überhaupt noch – unterscheidbar – im Vermögen des Kommissionärs vorhanden ist, um geschützt werden zu können. Dies wird nur bei der Einkaufskommission für die Waren angenommen werden können (das Kommissionsgut bei der Verkaufskommission steht von vornherein noch im Eigentum des Kommittenten und ist umfassend geschützt), während vereinnahmtes Geld in der Kasse oder auf einem eigenen Konto des Verkaufs-Kommissionärs nicht mehr gegenständlich, allenfalls wertmäßig unterscheidbar ist (jedenfalls nach Quote); jede Feststellung und Verteilung von Quoten zur Gläubigerbefriedigung wird dann aber einem Insolvenzverfahren überlassen bleiben müssen.
5. Treupflichten
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Der Kommissionär hat aufgrund dieser Risikolage und seiner Treuhandstellung die Pflicht, vereinnahmte Gelder aus kommissionsweisen Veräußerungsgeschäften bis zur Auskehr an den Kommittenten auf Treuhandkonten zu verwahren[192] (vgl. zur ähnlichen Problematik ausdrücklich die Verpflichtung zur Führung von Anderkonten durch Rechtsanwälte nach § 43a V BRAO).
Das Eigentum an für den Kommittenten erworbenen Waren ist diesem gleichfalls bereits im Erwerbszeitpunkt durch sog. Insichkonstitut nach §§ 181, 930 BGB zu übertragen (Kenntlichmachung mit dem Namen des Kommittenten erforderlich; vgl. auch § 18 Abs. 1, 3 DepotG); allerdings erfolgt die Eigentumsübertragung mit Durchgangseigentum des Kommissionärs für eine „juristische Sekunde“ (was zwar wegen § 97 Abs. 2 S. 1 BGB nicht dazu führt, dass die Waren in der Beschlagnahme aufgrund Grundschuld oder Hypothek auf dem Grundstück des Kommissionshauses verhaftet wären, vgl. §§ 1120 f. BGB, wohl aber von einem zuvor erfolgten Insolvenzbeschlag, vgl. §§ 21 Abs. 2 Nr. 2 bzw. 80 f. InsO oder mit einem Vermieterpfandrecht belastet sein können, vgl. §§ 562 ff. BGB). Alternativ kann bereits im Kommissionsauftrag ein antezipiertes Besitzkonstitut nach §§ 929, 930 BGB vereinbart werden, was jedoch am Durchgangseigentum des Kommissionärs nichts ändert.
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Von dem Besitzkonstitut der Verwahrung des gekauften oder zu verkaufenden Kommissionsguts gehen auch die §§ 389 und 390 HGB aus. Nach § 390 HGB haftet der Kommissionär für das Verwahrgut, soweit er sich nicht entlasten kann, was nur bei bestehender Verwahrpflicht Sinn hat und nach § 389 HGB kann er die Verwahrung bei Säumnis des Kommittenten mit der Verfügung über die Sache durch Hinterlegung ggf. beenden. Bei der Einkaufskommission ist deshalb vom sofortigen (aber dennoch vom Kommissionär derivativen) Eigentumserwerb des Kommittenten durch Insichkonstitut jedenfalls dann auszugehen, wenn die Verwahrung am konkreten Stück auch kenntlich ist.[193]
6. Drittschadensliquidation (Fallgruppe)
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Schließlich führt das Kommissionsverhältnis zur sog. Drittschadensliquidation (in der Fallgruppe der mittelbaren Stellvertretung; vgl. im Übrigen die Fallgruppen der obligatorischen Gefahrentlastung nach § 447 BGB und der Obhutsfälle).
Wird bei der Einkaufskommission das Ausführungsgeschäft durch den Dritten als Verkäufer derart gestört, dass er Schadensersatz – z.B. für Mangelfolgeschäden (vgl. etwa § 437 Nr. 3) – leisten muss oder zerstört etwa ein beliebiger anderer den für den Kommittenten erworbenen Gegenstand beim Kommissionär vor dessen Übereignung an den Kommittenten, so ist Anspruchsinhaber des Schadensersatzes der Kommissionär als Vertragspartner des Verkäufers bzw. als Verletzter (zuerst erwirbt der Kommissionär Eigentum). Er hätte jedoch zumeist wirtschaftlich gar keinen Schaden, weil es sich bei ihm um Treugut handelt und soweit dessen Sachgefahr der Kommittent trägt (beachte aber § 390 HGB). Dieser wiederum hätte zwar den Schaden, jedoch ist er nicht Anspruchsinhaber des Schadensersatzanspruchs (weil nicht Vertragspartner des Ausführungsgeschäfts bzw. noch nicht Eigentümer im Schadenszeitpunkt).
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