Tatort Nordsee. Sandra Dünschede
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Название: Tatort Nordsee

Автор: Sandra Dünschede

Издательство: Автор

Жанр: Триллеры

Серия:

isbn: 9783734994906

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СКАЧАТЬ Holger«, mischte sich der Doktor ein. »Hier wurde ein Mensch angeschossen, und zwar nicht irgendjemand, einer von uns aus dem Polder! Was interessiert es da noch, dass die drei ein kleines Verbot missachtet haben – hier ist ein Verrückter unterwegs, der auf Unschuldige schießt!« Nachdem er sich ein wenig beruhigt hatte, fügte er hinzu: »Übrigens, was soll das eigentlich mit diesem Deichbegehungsverbot? Warum verwehrt man plötzlich den hiesigen Leuten etwas, das sie jahrhundertelang durften? Und mit welcher Begründung?«

      »Ich halte davon auch nichts«, räumte der Polizist ein, jetzt mit wesentlich sanftmütigerer Stimme, »aber ich bin hier das Gesetz und muss dafür sorgen, dass es eingehalten wird, ob ich persönlich das nun richtig finde oder nicht, steht dabei nicht zur Debatte.«

      »Ja, ja. Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Wie nun weiter? Das kann doch nicht einfach so im Sande verlaufen, Herr Gendarm.« Wiard versuchte, Holger Janssen anzulächeln.

      »Gendarm ist gut«, erwiderte der, »aber recht hast du – ich muss ja schon eine Aktennotiz machen, allein weil ihr mich gerufen habt. Und da kann ich auch nicht so lapidar reinschreiben, dass ich angefordert wurde, weil ein Bürger des Polders beinahe erschossen wurde, und dann wieder zum normalen Dienst übergehen. Nee, das ist natürlich was Größeres, und ich komme nicht umhin, Schritte zur weiteren Untersuchung des Tat­hergangs einzuleiten.«

      »Mann, Holger, an der Theke sagst du nie so schöne Sätze«, warf Lübbert Sieken ein und versuchte zu lächeln, was ihm angesichts der Schmerzen in der Schulter aber nicht recht gelingen wollte.

      »Hier bin ich auch nicht an der Theke. Nun mal ernst, Jungs. Ich habe die Mordkommission in der Kreisstadt schon alarmiert. Die wird in spätestens einer halben Stunde hier sein.«

      »Mordkommission?« August schaute Janssen ungläubig an.

      »Ja klar, Mordkommission. Erstens bin ich allein nicht in der Lage, die Untersuchung zu führen, zweitens fehlen mir, ganz ehrlich gesagt, dazu Wissen und Kenntnisse, und drittens handelt es sich hier zweifelsohne um einen Mordversuch – schließlich hätte Lübbert jetzt auch tot sein können. Und viertens, aber das tut hier nichts zur Sache, habe ich überhaupt keine Lust auf so etwas. Aber danach fragt keiner. Schöne Freunde, die mich in so einen Mist hineinziehen. Ich freue mich ja, dass Lübbert lebt und ihr hier so fröhlich sitzt und Tee trinkt. Aber mit Mord will ich nichts zu tun haben, nee, absolut keinen Bock drauf. Das sollen man schön die Kollegen machen … Wie sagst du immer, August? Holl mi up …«

      »Mann, die Schulter tut bannig weh«, raunte Lübbert aus dem Hintergrund. Er sah blass und elend aus.

      »Das sind ganz neue Dimensionen, so auf einmal. Wir wollten doch nur mal den neuen Deich anschauen«, sagte Wiard.

      »Wieso denn eigentlich – zumal bei dem beschissenen Wetter?«, Janssens Stimme klang wieder gereizter. Ihm gefiel die ganze Situation sichtlich nicht, denn sie bedeutete einen Haufen Arbeit für ihn, und einen solchen Fall, hatte er gedacht, gäbe es eben nur in der Stadt – wozu war er aufs Land und in den Polder gegangen? Doch nicht, um sich um Mord zu kümmern! Auch wenn’s letztlich nur ein versuchter war oder – was er eigentlich annahm – ein ganz, ganz blöder Zufall.

      »Irgend so ein Idiot hat wahrscheinlich nur ein bisschen rumballern wollen. Waffen sind heute überall leicht zu bekommen, und die Schüsse sitzen locker – sogar schon bei Jugendlichen, liest man doch fast jeden Tag in der Zeitung. Das kommt dann dabei heraus. Es gibt Typen, die geilen sich am Schießen auf. Dass ihr dann im Sturm und in der Abenddämmerung am Deich herumlauft, ist eben euer Pech«, stellte der Polizist lapidar fest.

      Die Männer schwiegen einen Moment, der durch Janssen erneut unterbrochen wurde: »Wieso wird dem Vertreter der Obrigkeit und dem Gesetzeshüter des Polders eigentlich kein Tee angeboten?«

      »Ich hole noch eine Tasse«, sagte August, dem der Begriff ›Mordkommission‹ nicht aus dem Kopf ging. Er wollte jetzt eigentlich mit Henrike und den Kindern am Abendbrottisch sitzen. Hoffentlich hatte sein Vater das Melken allein bewältigen können. Er hatte auf jeden Fall geflucht, weil August nicht gekommen war. Und das konnte dieser gut verstehen, denn August lies weder seine Familie noch seine Kühe gerne allzu lang allein. Und wegbleiben, ohne vorher Bescheid zu geben – das hatte er noch nie gemacht, solange er sich erinnern konnte. Mit der Absicht, sein Versäumnis nachzuholen, griff er zum Telefon.

      »Mist, ist ja tot …«, sagte er mehr zu sich selbst, legte den Hörer wieder auf und bat: »Holger, gib mir eben dein Handy, ich muss dringend Henrike anrufen, die denkt bestimmt schon, ich sei den Deich runtergerollt und an der Seeseite im Jiier versunken …«

      »… oder sitzt mit Wiard und Lübbert vor Pils und Korn und bist so duhn, dass du nicht mehr allein nach Hause gehen kannst«, ergänzte Janssen, der ihm sein Handy reichte.

      »Na, dass du gerade fast erschossen worden wärest, wird sie jedenfalls mit Sicherheit nicht denken«, fügte Wiard noch hinzu, doch irgendwie war es noch zu früh für Witze.

      Es klingelte erneut an der Tür. August öffnete sie, das Handy auf den Schrank legend und leise fluchend, dass es ihm nicht gelingen wollte, seine Frau zu informieren. Vor ihm standen ein Mann und eine Frau. Der Mann war groß, stämmig gebaut, zwar nicht dick, aber ein paar Kilo weniger hätten ihm nicht geschadet. Er trug eine Uniform. Vier Sterne waren auf den Schulterklappen zu sehen. Für einen Moment überlegte August, welcher Dienstgrad das wohl sein mochte.

      Die Frau war etwas kleiner als ihr Kollege, trug eine Lederjacke, offensichtlich gefüttert, schließlich war es (sau-)kalt draußen, und eine Jeans. Ihr blondes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden.

      »Kriminalpolizei, Ulferts mein Name«, stellte sich der Mann vor, »und das hier ist meine Chefin, Hauptkommissarin Tanja Itzenga, Mordkommission. Sie haben uns gerufen? Hier im Polder geht es ja plötzlich hoch her.«

      »Guten Abend.« Frau Itzenga sah August aus großen, freundlichen, ihn vollends verwirrenden Augen an.

      »Mein Bekannter hat angerufen, nicht ich … ja, hoch her … das kann man wohl sagen.« Erst jetzt richtete August seinen Blick auf Ulferts, obwohl der ihn angesprochen hatte. »Wir sind alle noch etwas durcheinander. Vielleicht war es ja auch nur ein dummer Zufall«, fuhr er fort, fügte ein ›Moin‹, das er vergessen hatte, an dieser unpassenden Stelle hinzu, sah mal Ulferts, mal Itzenga an. Endlich bat er die beiden herein; es seien alle, die etwas zu dem Fall sagen könnten, im Wohnzimmer versammelt.

      Ulferts und Itzenga sahen sich an, nickten, als wollten sie August mitteilen: »Na, das wurde auch mal Zeit.«

      Die beiden Polizisten gingen Richtung guter Stube. August fühlte sich wie im falschen Film. Erst der Deichspaziergang in Sturm und Regen, dann der Schuss, die Alarmierung von Dr. Meissner, jetzt die Polizei und Hauptkommissarin Tanja Itzenga. Die fand er an sich schon verwirrend genug, was er aber nur im Unterbewusstsein verspürte. Er schaute hinter ihr und ihrem Kollegen her. »Was für ein Tag …«

      Er wurde noch etwas länger, der Tag. Zunächst hatten Ulferts, Vorname Ulfert, und seine Chefin Tanja Itzenga den verletzten Lübbert Sieken angehört und ihm allerhand Fragen gestellt. Anschließend war der Doktor mit Lübbert in die Kreisstadt zum Krankenhaus gefahren, damit die Wunde untersucht und Lübbert entsprechend versorgt werden konnte. Währenddessen saßen Wiard, August sowie die drei Polizisten beieinander und erörterten den Fall. Die Atmosphäre hatte sich zunehmend entspannt, doch die Fragen, vor allem von Frau Itzenga, waren zum Teil scharf gewesen, sie duldete keine ausweichenden Antworten.

      »Wir werden uns das vor Ort noch einmal ansehen müssen. Herr Sieken muss natürlich dabei sein, damit er uns zeigen kann, wie und wo das genau passiert ist. Wir werden den Bereich noch СКАЧАТЬ