Die weise Schlange. Petra Wagner
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Название: Die weise Schlange

Автор: Petra Wagner

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783959665964

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СКАЧАТЬ die Unterlippe vor, klemmte den Griffel zwischen kleinen Finger und Ringfinger und sein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger. Unschlüssig zuckten seine Augen zwischen den Tonfässchen hin und her.

      „Wenn du nur schreiben willst, ist es natürlich egal, welche Farbe du nimmst“, versicherte der Wirt und machte eine einladende Handbewegung. „Ich habe von beiden genug. Suche dir einfach aus, was du brauchst, ich mache dir einen guten Preis und setze es mit auf die Rechnung.“

      „Hast du noch mehr von diesem Honigfarbenen ohne Punkte?“ Loranthus hielt das dünnste Pergament hoch und strich fast liebevoll darüber.

      „Ja, aber das ist fünfmal teurer als die anderen beiden zusammen.“

      „Mir egal, diese Zeche bezahle ich gerne.“ Loranthus streichelte seinen Bauch. „Ich nehme alles, was du entbehren kannst und dieses Kunstwerk noch dazu.“ Strahlend wirbelte er den silbernen Griffel um die Finger, warf ihn von einer Hand in die andere und freute sich, wie hoch er fliegen konnte. „Und die Tinte nicht vergessen! Bitte auch so viel, wie du entbehren kannst, beide Farben, wenn möglich.“

      Der Wirt eilte davon, alle anderen starrten auf Loranthus, der so zufrieden wirkte wie ein Kater, der eine besonders fette Maus gefressen hatte; vielleicht hätte der sich auch so den Bauch getätschelt. Rasch stopfte er sich seinen restlichen Brei in den Mund, kippte zwei Becher heißen Eichelsud hinterher und konnte sich nun voll und ganz um seine Belange kümmern.

      Als der Wirt mit einem kleinen Stapel Pergamentblätter und vier Tintenfässchen zurückkam, war Loranthus schon eifrig mit dem Bericht für seinen Vater beschäftigt. Die Stirn gerunzelt und die Zunge zwischen den Zähnen, verschönerte er das honigfarbene Pergament mit griechischen Zeichen in roter Farbe.

      Keiner konnte sein Geschreibsel lesen, was nicht unbedingt an der Entfernung, in der sie zu ihm saßen, sondern eher an der Geheimschrift lag, die er verwendete. Dennoch beobachteten ihn alle neugierig und überlegten, was er wohl schrieb, bis er laut mit der Zunge schnalzte und den Griffel resolut weglegte. Gerade hatte er sich selbst die Frage, ob er seinen Vater um neue Dokumente bitten sollte, mit ‚Nein‘ beantwortet und war nun früher fertig als gedacht. Sanft blies er über sein Geschriebenes und nickte zufrieden. Wozu sich eine Blöße geben? Bei seinen Beziehungen konnte er sich auf dem Heimweg in jeder römischen Schreibstube neue Dokumente ausstellen lassen.

      Geschäftig griff er nach Kerze, Siegelwachs und seinem rechten Mittelfinger, doch an dem war kein Siegelring mehr.

      „Nun, es wird auch anders gehen.“ Er gluckste, blies noch einmal über das Pergament und faltete gut gelaunt die Ecken übereinander.

      Er war gerade dabei, einen dicken Klecks Wachs mit einer großen Goldmünze breit zu drücken, als die Tür aufging und ein Junge von vielleicht zwölf Jahren hereinkam. Seine hellbraunen Haare waren zu einem langen Zopf geflochten und sein schmächtiger Körper steckte in hellbrauner Arbeitskleidung, die, etwas zu groß, an ihm herumschlackerte.

      Nachdem er die Wirtsleute liebevoll umarmt hatte, trat er an den Gästetisch und grüßte fröhlich in die Runde.

      „Guten Morgen, ihr lieben Leute! Die Fähre ist sogleich bereit. Ich helfe euch gerne mit dem Gepäck.“

      Automatisch grüßten alle strahlend zurück und Viviane verstand, warum die Wirtin derart von ihrem Neffen geschwärmt hatte. Sein freundliches Lächeln wirkte wahrhaftig wie eine Sonne am wolkenlosen Himmel und seine graublauen Augen verrieten eine Intelligenz, die ihresgleichen suchte. Obwohl seine Arme recht dünn waren, zeichneten sich unter dem Hemd starke Sehnen ab.

      Leider war Viviane noch etwas aufgefallen: An seinem Hals befanden sich rot-violette Streifen, eindeutig Würgemale, noch dazu nahe am Kehlkopf; sie konnte sogar die Fingerabdrücke erkennen, die den Bluterguss verursacht hatten. Wie beiläufig zog er sein Hemd ein Stück höher und im Hinausgehen wollte er wohl auch verbergen, dass sein linkes Bein beim Auftreten schmerzte, doch ihrem geübten Blick entging nicht, wie er humpelte.

      Die Wirtin brachte Loranthus noch seine und Hanibus frisch gewaschene Kleider und er streckte eine goldene Drachme in die Höhe, die Münze, die er statt seines Siegelrings benutzt hatte.

      „Das ist eine Sonderprägung. Pures Gold wohlgemerkt. Ein alter ‚Ptolemaios der Dritte‘. Über zweihundert Jahre in Familienbesitz. Total wertvoll. Ein echtes Sammlerstück. Seht mal, wie schön sie funkelt!“

      Loranthus fuchtelte mit der Goldmünze, die blitzte und blinkte, sodass jeder im Raum sofort wissen wollte, wie dieser ‚Ptolemaios der Dritte‘ wohl ausgesehen hatte. Mit großer Geste winkte Loranthus sämtliche Bewunderer heran und hielt tatsächlich die Münze still.

      „Das ist doch viel zu viel“, jammerte der Wirt und raufte sich die langen Haare zur roten Löwenmähne. „Wie soll ich das bloß wechseln?!“

      „Ach.“ Loranthus winkte gönnerhaft ab. „Gib mir einfach hiesige Stater. Hauptsache, es sind schöne Prägungen, ich sammle nämlich Währungen.“ Zur Demonstration schüttelte er seine rechte neu erworbene Gürteltasche, in der es fröhlich klingelte. Offenkundig hatte er bereits bei seinen anderen Geschäften mit Angus und Markus viel Wechselgeld erhalten. Die beiden nickten jedenfalls wie zur Bestätigung, und Markus wuchs regelrecht in die Höhe, als er Loranthus’ Brief entgegennahm.

      „Der Handel gilt“, jauchzte der Wirt und kramte eifrig in seiner eigenen Gürteltasche nach einem Vollstater, bis ihm bewusst wurde, dass er gerade schüsselförmiges Gold gegen plattes Gold tauschen wollte – Loranthus hatte ihn mit seinem Gerede von der Sonderprägung ein wenig zu freigiebig gemacht. Schnell steckte er die große Goldmünze wieder weg und kramte nach Silber und Bronzemünzen, wobei sein Blick den seiner Frau traf.

      „Ach, weil du so ein guter Gast bist und ich deine hübschen Begleiterinnen vielleicht sonst nie getroffen hätte …“ Der Wirt lächelte Hanibu an und verneigte sich tief vor Viviane. „… hast du hier noch einen Viertelstater und einen Vierundzwanzigstelstater extra dazu, lauter hübsche Prägungen, die dürften dir gefallen.“

      Da es nun wieder etwas Neues zu sehen gab, scharten sich alle Neugierigen erneut um Loranthus.

      Viviane wusste natürlich, wie die kleineren Stater aussahen, denn sie hatte insgeheim schon für sich selbst die Zeche bezahlt, und zwar mit denselben Statern, die nun in die griechischen Hände weiterwanderten. Schmunzelnd nahm sie die Hände der Wirtin in ihre und flüsterte: „Alles Gute wünsche ich euch und ein fröhliches, weiches Beltane.“

      „Deinen Namen werde ich mir merken, Viviane, vielleicht brauche ich ihn eines Tages“, flüsterte die Wirtin verschwörerisch zurück.

      Viviane grinste verschmitzt und hob die Hand zum Abschiedsgruß.

      In Windeseile waren ihre Pferde reisefertig und standen nun als Erste auf den dicken Eichenbohlen der Fähre. Viviane freute sich über den staunenden Blick von Loranthus, als darauf auch die großen Fuhrwerke der Händler noch genug Platz fanden. Mit sicherer Hand machte der Junge die Taue los und stieß die Fähre ab. Viviane winkte ein letztes Mal in Richtung der Wirtsleute, dann schlenderte sie zu ihm hinüber.

      „Deine Tante hat gesagt, dein Stiefvater würde die Fähre führen. Ich sehe ihn jedoch nirgendwo.“

      Der Junge schnaubte verächtlich und schaute zu ihr hoch. „Der schläft da drüben unter der großen Weide seinen Rausch aus.“ Er hob den rechten Arm, zuckte zusammen und zeigte leicht verzögert auf einen Baum, der am gegenüberliegenden Ufer nahe der Anlegestelle stand.

      Viviane überlegte, wie viele СКАЧАТЬ