Die weise Schlange. Petra Wagner
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die weise Schlange - Petra Wagner страница 29

Название: Die weise Schlange

Автор: Petra Wagner

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783959665964

isbn:

СКАЧАТЬ statt zu summen auch reden, egal was ihr einfiel, Hauptsache laut.

      „Wisst ihr, meine Guten“, sagte sie daher zu ihren Pferden, „wenn die Segel nicht so lasch hängen würden, hätte ich gar nichts bemerkt. Bei Hall und allen Göttern, was bin ich froh, hier oben bei euch zu sein und mir sinnlos Gedanken über ein fremdes Schiff zu machen. Merdin hat es wesentlich schlechter getroffen. Wer weiß, was die Maiden da unten mit ihren Peinigern treiben. Mir, an ihrer statt, würden tausend Arten von Rache einfallen.“

      Nachdenklich schaute sie hinüber zum Zelt, wo zum Glück alles ruhig blieb. Die drei Frauen schienen sich strikt an ihre Anweisung zu halten, aber sicherlich lauschten auch sie dem Kreischen unter Deck. Jetzt schwoll es zu einem hohen, frenetischen Johlen an, vermischt mit dem Winseln eines Mannes, als wäre ein ganzes Heer von Rachegöttinnen am Werk.

      Arion und Dina war das egal, sie blieben wie stets gleichmütig stehen.

      „Die Rache eines geschundenen Weibes kann grausam sein, doch wahrlich, die Rache vieler hat infernalische Ausmaße“, sagte Viviane laut in einen gellenden Schrei unter Deck hinein und kraulte Arions Rücken kräftig mit den Zehen. „Ob der Erwartete wohl schon im Anmarsch ist?“

      Sie schaute einmal rundum in die immer noch menschenleere Umgebung und konzentrierte sich wieder auf das Nachbarschiff. Als ein besonders wilder, lang anhaltender Schrei von unten heraufdrang, hätte sie sich am liebsten die Ohren zugehalten, doch es war ihr wichtiger, die Hände als Blendschutz über den Augen zu lassen. Nur die Daumen konnte sie entbehren und drückte damit fest auf ihre Gehörgänge.

      Viviane gab sich alle Mühe, die Brutalität auszublenden, die unter ihr ständig von Neuem aufbrauste wie ein Meer im Sturm; jetzt schien eine Frau alleine zu wüten.

      „Bei Hall und allen Göttern“, grummelte Viviane laut vor sich hin, „ist das gruselig. Bei diesem hohen Gekreische stehen mir alle Haare zu Berge. Das Weib da unten tobt ja wie ein ganzes Dutzend Furien. Wer weiß, was der Mann mit ihr gemacht hat, um derart massakriert zu werden. Oh! Was passiert dort drüben bei dem Mann auf dem anderen Schiff?!“ Rasch balancierte sie wieder auf den Zehen.

      „Ich glaube, den Lärm hat er jetzt gehört. Oder? Sieht aus, als würde er sich das Astrolabium unter den Arm klemmen und … oh weh, er kommt!“

      „Bei Hera und allen Harpyien, was war das für ein grässliches Quietschen?! Albische Streitwagen kurz vor dem Krepieren, weil sie das Fett an den Radnaben vergessen haben?!“

      Loranthus gluckste über seinen eigenen, manchmal recht skurrilen Humor und rückte sich das Astrolabium unter der Achsel zurecht. Kurz überlegte er, ob er es lieber als Waffe in der Hand behalten sollte – wo Streitwagen quietschten, waren die berühmtberüchtigten albischen Krieger nicht weit. Jetzt musste er richtig lachen. Ein Astrolabium als Waffe – wahrscheinlich würde er sich damit nur selbst erschlagen. Im Diskuswerfen war er schon immer eine Katastrophe gewesen. Er hatte ihn nie weit schleudern können, aber dafür in alle möglichen Richtungen.

      In Erinnerung an seine Trefferquote duckte er sich hastig unter dem gerafften Segel des Schiffes durch und verspürte den heftigen Wunsch, lieber auf dem Bauch weiterzurobben.

      „Hierzulande können einem die schrecklichsten Dinge passieren“, flüsterte er seinem Astrolabium zu, während er sich so klein es ging zusammenfaltete und über das Deck huschte wie ein Blitz in Menschengestalt. „Wenn ein Räuber denkt, du wärst aus purem Gold, ist mein Leben nichts mehr wert“, erklärte er und streichelte sein Astrolabium liebevoll. „Dabei bist du bloß vergoldet und ich werde umsonst massakriert. Und aus dir machen diese albischen Barbaren eine neue Flöte, natürlich äußerst kunstfertig; du wärest sehr hübsch anzusehen. Bei Pan, allen Nymphen und Satyrn!“ Er fasste sich an den Kopf und zog seine kurzen schwarzen Locken in die Länge. „Bin ich wirr im Kopf?! Ich rede mit einem Astrolabium! Egal, es ist sowieso niemand hier. Also, bei Pan und seinen Ziegen, keine Panik, Loranthus! Unauffällig anschleichen ist die Devise.“

      Betont langsam bückte er sich tief unter das größte durchhängende Segel und trippelte in dieser Position weiter, bis er fast gegen das Heck prallte. Rasch kauerte er sich hin, atmete tief durch und lauschte.

      Das seltsame Quietschen war eindeutig vom Schiff nebenan gekommen. Jetzt war es nicht mehr zu hören, aber das konnte sich ja wieder ändern.

      Er würde es sich hier auf der Stelle gemütlich machen und warten. Zaghaft streckte er ein Bein aus, dann das zweite …

      „Nein.“ Loranthus zog die Beine schnell wieder an. Hinsetzen kam nicht infrage, Ausstrecken schon gar nicht. Erstens wollte er wissen, was dieses verdächtige Geräusch verursacht hatte, zweitens konnte er aus der Hocke schneller über Bord springen. Schwimmend kam kein Barbar hinter ihm her.

      Mit der Hand über den Augen musterte Loranthus den Sonnenstand und seufzte schwer. Er hätte mit seinem Vater, seinem Leibsklaven und der Besatzung an Land gehen sollen, aber nein, er musste ja Bauchschmerzen bekommen. Mittlerweile ging es ihm wieder gut, dafür hatte er jetzt andere Sorgen. Oder bildete er sich das bloß ein?

      Zaghaft lugte er nun doch über die Reling … und zuckte zurück.

      Auf dem Nachbarschiff stand diese extravagante Römerin zwischen den Pferden, die Stola wie ein Tuch über dem Kopf und … und sie winkte ihm zu.

      Hektisch überlegte Loranthus, was er jetzt tun sollte. Wegen der Stola und der Entfernung konnte er ihr Gesicht zwar nicht richtig erkennen, aber ganz offensichtlich hatte ihn diese Römerziege gesehen. Viele Möglichkeiten blieben also nicht, wenn er sich nicht blamieren wollte.

      Betont langsam stemmte er sich in die Höhe, winkte freundlich zurück und bedeutete mit knappen Gesten, dass er etwas verloren habe und gerade auf der Suche sei.

      Aha, die braunhaarige Ziege winkte zurück, als hätte sie ihn verstanden – das war schon mal gut. Übertrieben aufmerksam blickte er zu Boden und tat sehr beschäftigt. Nebenbei überlegte er, was er denn verloren haben könnte. Möglichst etwas Wichtiges. Na, vielleicht löste sich das Problem auch von selbst.

      Mit einem äußerst sorgenvollen Mienenspiel beugte sich Loranthus über die Reling und schaute ins Wasser. Sehr, sehr bedauernd sah er dann zum Nachbarschiff hinüber und hob die Achseln samt Hände … Beinahe hätte er sein Astrolabium fallenlassen.

      Da flanierte diese Ziege tatsächlich übers Deck, wackelte mit dem Hinterteil und trocknete sich die Haare ab, mit ihrer Stola! Ihre aufwendige Hochsteckfrisur war nicht mehr vorhanden. Hatte sie etwa gebadet? Und wieso hatte er das übersehen? Wo war die Badewanne für verwöhnte Römerziegen? Doch nicht in dem mickrigen Zelt?!

      Entsetzt starrte Loranthus noch einmal ins Wasser. Als er wieder hochschaute, warf ihm die Ziege eine lange Kusshand zu. Er konnte blinzeln, so viel er wollte, ein Irrtum war ausgeschlossen. Schon holte sie zur nächsten Kusshand aus.

      Loranthus riss das Kinn hoch und den Kopf herum. Er schaute lieber zur Sonne. Mit heiratswilligen Römerinnen wollte er nichts zu tun haben; sie waren anstrengend und raubten einem die Ruhe, beziehungsweise den Reichtum – er musste es wissen, er kannte etliche persönlich. Natürlich gab es Ausnahmen, seine Mutter zum Beispiel. Doch diese dort drüben, die war ihm schon negativ aufgefallen, als sie an Deck stolzierte. Sie hatte sich dermaßen herrisch aufgeführt, als wollte sie das Schiff samt Mannschaft in Beschlag nehmen. Und ihr Bruder, dieser Riese von einem Zenturio, war ihr nicht von der Seite gewichen, als wäre er ihr persönlicher Leibwächter.

      Wie gut, dass er sein Astrolabium dabeihatte. Betont auffällig richtete Loranthus sein Messgerät auf die Sonne aus, was völliger Blödsinn war, denn die Sonne stand СКАЧАТЬ