Tiefraumphasen. Группа авторов
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Название: Tiefraumphasen

Автор: Группа авторов

Издательство: Автор

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783957770103

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       Tiefraumphasen

      SF-Erzählungen

      fantastic episodes XI

       Tiefraumphasen

      © 2014 Begedia Verlag für diese Ausgabe

       © der Geschichten bei den Autoren

      Umschlagbild – Alexander Preuss

       Covergestaltung – Casandra Krammer

      Korrektur und Lektorat – Armin Rößler

      ebook-Bearbeitung – Michael Quay

      ISBN – 978-3-95777-010-3

       Besuchen Sie unsere Webseite:

       http://verlag.begedia.de

      André Skora | Frank Hebben | Armin Rößler [Hrsg]

      Tiefraumphasen

      Nichts trägt in gleichem Maß wie der Traum dazu bei,

       die Zukunft zu gestalten.

       Heute Utopia, morgen Fleisch und Blut.

      Victor Hugo

      

      Vorwort

      Ein deutscher Kritiker charakterisierte den Cyberpunk als die »Poesie des Verfalls«. Einer von William Gibsons meist zitierten Sätzen, »the street finds its own uses for things«, hat den Grundton angeschlagen für eine postmoderne Science Fiction, in der die Ideale des Golden Age, der Traum von einer utopischen Transformation der Menschheit durch Wissenschaft und Technik, in der Gosse gelandet sind. Von sterilen Laboren, in denen weißbekittelte mad scientists die neuzeitlichen Büchsen der Pandora öffnen, hat der Cyberpunk die Schauplätze der SF in die Hightech-Slums der nahen Zukunft verlagert. Er schildert das Leben in den Substraten einer Welt, die in Auflösung begriffen ist – zerrieben zwischen anonymen kommerziellen Mächten und politischer Willkür; zersplittert in Subkulturen, für die der Unterschied zwischen legal und illegal unbedeutend ist, irreal geworden durch die Übersättigung des Alltags mit Medien, Netzwerken, Drogen, virtueller Realität.

      Dennoch hat der Cyberpunk die Berührung mit einem der klassischen Topoi der SF, dem Weltraum als Flucht- und Zielpunkt aller Zukunftsträume, nicht ganz verloren und ihn auf seine Art interpretiert. Schon in William Gibsons Epitom Neuromancer finden sich gegenüber den klassischen Vorbildern zweckentfremdete Weltraumhabitate, darunter eine Kolonie von Rastafaris, die den Traum von der Eroberung des Alls zu einer manifestierten Hippie-Phantasie umfunktioniert hat. In Ridley Scotts Filmklassiker Blade Runner, ebenfalls eine der bahnbrechenden stilistischen Leistungen des Cyberpunks, ist die Werbung für das Leben in offworld-Kolonien eine ständige Verlockung im Hintergrund, die durch die tragische, hoffnungslose Auflehnung der Replikanten, künstlichen Arbeitssklaven für die Expansion des Menschen ins All, konterkariert wird. Schon vorher, in seinem ersten SF-Film Alien, hat Scott einen Grundzug des Cyberpunks in den Weltraum getragen und damit stilprägend gewirkt: Es ist die Aura einer schmutzigen Zukunft, die zwar gegenüber unserer Welt technisch weit fortgeschritten ist, aber zugleich etwas zutiefst Verschlissenes und Verbrauchtes ausstrahlt. Die Mannschaft des Frachters Nostromo in Alien hat die Mentalität von Truckern, agiert nur in etwas größerem Maßstab. Die Weltraumfahrer haben hier nichts mehr Zukunftsweisendes, Heroisches außer dem nackten Überlebensinstinkt an sich. Man mag darüber streiten, ob sich so etwas wie Space-Cyberpunk als eigenes Subgenre in der SF identifizieren lässt, sicher aber gibt es Storys, die durch Versetzung typischer Cyberpunk-Elemente an außerirdische Schauplätze eine existenzielle Zuspitzung des Cyberpunk erreicht haben: zur Bedrohung durch anonyme Mächte, zu Grenzüberschreitungen zwischen Mensch und Maschine, zum rohen Überlebenskampf zwischen Dreck und Trümmern kommt nun auch noch die Isolation im All, die Entfremdung von der kosmischen Heimat und der eigenen Spezies, das Erlebnis der Macht- und Perspektivlosigkeit angesichts des Unendlichen.

      In der vorliegenden Anthologie unternehmen Newcomer und gestandene Autoren der deutschen SF neue und überraschende Vorstöße in diese schmutzige Zukunft. In bester dystopischer Tradition der Science Fiction, die als Medium düsterer Prophezeiungen fast immer mehr überzeugt hat denn als Überbringerin froher Botschaften, präsentieren die Autoren ein Universum, das menschliche Allmachtsphantasien zerschmettert hat. Der Aufbruch ins All hat zu keinem Fortschritt unserer Art geführt: Wir sind immer noch dieselbe zerrissene, aggressive, unreife, korrupte Spezies wie bisher, und das All hat uns nur unsere Kleinheit und Bedeutungslosigkeit bewiesen. Der Cyberpunk ist, wofür diese Geschichten einen weiteren Beleg liefern mögen, zwar als dedizierte literarische Bewegung längst Geschichte, als anhaltender Inspirationsfaktor aber, der in immer neuen Varianten aufgegriffen wird, weiterhin eine der vitalsten Unterströmungen der zeitgenössischen Science Fiction.

      Michael K. Iwoleit, August 2014

      

      Karla Schmidt

       Dämmerzone

      1.

      Ich liege, Hände hinter dem Kopf verschränkt, in meinem Sessel und betrachte die wenigstens sechs oder sieben Monate alten Proteinspritzer an der Decke über mir. Die Sonification ist wegen der harten Strahlung auf den jammernden Gesang des Unterriesen rechts von uns, wegen des Profits auf das gleichmäßig wummernde Gold unter uns und wegen potenzieller Landestellen auf die Darstellung von Fließbewegungen und Oberflächenstrukturen eingestellt. Ich mag es, wenn die Brücke vom Knacken, Knurren und Wispern des Weltraums aus allen Nähten platzt. Ohne Ton kommt emotional einfach nichts rüber. Die Spritzer an der Decke wische ich nicht weg, weil sie mich an die Zeit erinnern, als ich allein geflogen bin, Vorschriften mir egal waren und ich noch zugleich essen und manövrieren konnte, ohne mir sinnlose Nörgeleien anhören zu müssen. Die Flecken sehen aus wie zwei schlaksige Aliens in Raumanzügen. Reines Wunschdenken. Es gibt keine Aliens da draußen. Nur uns.

      »Leiser!«

      Die KI reagiert sofort und regelt die zuckenden, wobbelnden Klänge auf kaum sechzig Dezibel runter. Jorge steht hinter mir, unter jedem Arm einen Helm. Er legt sie vorsichtig auf die Konsole.

      »Dynamische Prozesse werden für menschliche Wahrnehmung durch Klang weitaus besser repräsentiert als durch visuelle Reize«, sage ich betont sachlich.

      »Es ist aber gefährlich, wenn die Lautstärke ...«

      »Jajajaja! Mann, entspann dich doch mal!« Ich seufze. Jorge ist einfach noch sehr jung und sehr pflichtbewusst. Das ändert sich mit der Zeit von ganz allein. »Was meinst du, sollen wir runtergehen?«, frage ich versöhnlicher. »Nur so zum Spaß?« Natürlich könnten wir alle erforderlichen Daten auch von hier aus sammeln.

      Die Smoot hängt weniger als sechstausend Meter über einem annähernd runden Brocken, der irgendwo zwischen verdammt großer Asteroid und fast schon Zwergplanet rangieren dürfte. Wir haben ihn, gemäß dem Unterriesen, um den er kreist, und dem Hauptelement, aus dem er besteht, Acrux 79 getauft. Das Ding ist so schwer, dass es sogar eine Atmosphäre hat. Wir folgen seiner Dämmerzone in die Richtung, die wir entsprechend der Drehachse Süden nennen. Wir brauchen eine möglichst massive Stelle, wo die Arme des Kriechers im porösen Kalkschaum nicht einsacken und stecken bleiben.

      Jorge grinst. »Na schön, wenn du unbedingt willst. Gehen wir runter.« Er stülpt sich einen Helm über, ich höre das Zischen, mit dem der Halsring schließt. »Aber erst, wenn du ordentlich angezogen bist«, klingt es aus dem Helmlautsprecher. Sein Sichtschirm ist auf Verspiegelung gestellt. Wenn ich ihn anschaue, sehe ich mich selbst.

      Jorge СКАЧАТЬ