Lebendige Seelsorge 4/2018. Verlag Echter
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Название: Lebendige Seelsorge 4/2018

Автор: Verlag Echter

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

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isbn: 9783429063801

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СКАЧАТЬ in den reformierten Gemeinden. Fundiert in der Lehre vom vierfachen Amt – Pfarrer, Diakon, Presbyter und Lehrer – bekamen und behielten Synoden, etwa in den Niederlanden, die nicht nur aus Klerikern bestanden, von Anfang an ein besonderes Gewicht.

      IMPULSE ZUR EINFÜHRUNG SYNODALER ORDNUNGEN

      Drei wichtige Impulse führten in historischer Perspektive dazu, dass heute synodale Ordnungen in den deutschen Evangelischen Landeskirchen selbstverständlich sind.

      Den wohl entscheidenden Anstoß gaben tief greifende Veränderungen am Beginn des 19. Jahrhunderts: „Das aufwühlende Erlebnis der Befreiungskriege gegen die napoleonische Herrschaft, der geistesgeschichtlich bedeutsame Umschwung vom Rationalismus der Spätaufklärung in eine romantisch-idealistische Weltsicht, aber auch die Wiederbelebung eines aus dem Pietismus stammenden persönlichen Frömmigkeitsideals – alles das mündete in einen neuen religiösen Aufbruch“ (Link, 138). Er stand in Widerspruch zum überkommenen landesherrlichen Kirchenregiment und verlangte nach einer allgemeineren Beteiligung der Gemeindemitglieder. Unterstützt durch konkrete Anlässe wie die Unionsbestrebungen des preußischen Königs kam es zuerst 1835 mit der Rheinisch-Westfälischen Kirchenordnung zu einer sog. presbyterial-synodalen Kirchenverfassung. Genauer muss zu „presbyterial-synodal“ noch „konsistorial“ hinzutreten, insofern auf Provinzialebene Konsistorien wichtige Funktionen – im Dienst des Landesherrn – vollzogen.

      Die sich in den einzelnen Landeskirchen über Jahrzehnte hinziehende Einrichtung von Synoden, in denen mit der Zeit die Nichtordinierten an Zahl und Bedeutung gewannen, verliefen parallel zu den staatlichen Demokratisierungsbewegungen. Wie ein Blick in entsprechende Begründungen bei Friedrich Schleiermacher zeigt, der federführend für die preußischen Reformbestrebungen war, handelte es sich dabei aber nicht um eine einseitige kirchliche Übernahme und damit erneute Abhängigkeit vom Staat, sondern um wechselwirksame Prozesse zwischen Staats- und Kirchenreform (vgl. Huber, 326–330). Dazu trat von Beginn an eine wichtige Differenz zwischen den Synoden und den Parlamenten. Die Synodalen vertraten nicht repräsentativ die Kirchenmitglieder, sondern die jeweiligen Gemeinden bzw. Interessengruppen – in Form von berufenen Synodalen. Zu letzteren gehören bis heute regelmäßig Vertreter der theologischen Fakultäten, die auf dem Gebiet der entsprechenden Landeskirche liegen. Ihre in den jeweiligen Kirchenordnungen vorgesehene Beteiligung weist auf den hohen Rang hin, der traditionell in den Evangelischen Kirchen der wissenschaftlichen Theologie zugemessen wird.

      Den zweiten Impuls, jetzt vor allem für die Gemeindeebene und damit den Ausbau des presbyterialen Systems, gab die sog. Gemeindeaufbau-Bewegung am Ende des 19. Jahrhunderts, wie sie etwa Emil Sulze propagierte (vgl. Lorenz). Orientiert an der damals modernen Sozialform des Vereins wurden Kirchengemeinden entsprechend umstrukturiert. Das Presbyterium bzw. der Kirchenvorstand wurde dabei „zu einer Art Vereinsvorstand, der das Engagement der Ehren- und Hauptamtlichen koordiniert, befördert und beaufsichtigt“ (Hermelink, 245). Dabei ging es wesentlich auch um repräsentative Funktionen, etwa der Kirchengemeinde gegenüber der Kommune. Dementsprechend entstammten die von den Gemeindegliedern gewählten Presbyter häufig dem Kreis der lokalen Honoratioren.

      Schließlich ist unter dem Stichwort des „Konziliarismus“ ein wichtiger Impuls aus der – internationalen – Ökumene zu nennen. 1971 hatte die ÖRK-Kommission „Faith and Order“ entsprechende Diskurse folgendermaßen zusammengefasst: „Unter Konziliarität verstehen wir das Zusammenkommen von Christen – örtlich, regional und weltweit – zu gemeinsamem Gebet, zu Beratung und Entscheidung in dem Glauben, dass der Heilige Geist solche Zusammenkünfte für seine eigenen Zwecke der Versöhnung, Erneuerung und Umgestaltung der Kirche benützen kann, indem er sie zur Fülle der Wahrheit und Liebe hinführt“ (Hermelink, 248). Durchaus unter Bezug auf biblische und altkirchliche Traditionen werden Synoden hier pneumatologisch gedeutet und damit in ihrem gottesdienstlichen Charakter erfasst.

      Klares Ziel dieses synodalen Konzepts sind „Erneuerung und Umgestaltung der Kirche“. Dazu tritt der Hinweis auf die Bedeutung der Rezeption synodaler Entscheidungen durch die entsprechenden Einzelnen bzw. Einzelgemeinden (vgl. Hermelink, 249). Der Zusammenhang der synodalen Entscheidungen mit der sog. Basis bleibt also gewahrt.

      THEOLOGISCHE INHALTE SYNODALER KIRCHENORDNUNGEN

      Unter Ausblendung der beträchtlichen Differenzen in der konkreten Ausgestaltung der synodalen Elemente von Kirchenordnungen in den einzelnen Landeskirchen können zumindest drei wichtige theologische Inhalte benannt werden, die mit der Einrichtung von Synoden – und auf der Gemeindeebene von Presbyterien bzw. Kirchenvorständen – gegeben sind. Dabei ist inhaltlich durchweg vorausgesetzt, dass die Synoden das wesentliche legislative Organ der Evangelischen Kirchen sind.

      Grundsätzlich impliziert das in den Evangelischen Kirchen gepflegte Prinzip der Synodalität eine „herrschaftskritische Tendenz“, die diese von der römisch-katholischen und auch den orthodoxen Kirchen unterscheidet. Denn – so resümiert Jan Hermelink zu Recht: „Eine religiös begründete Hierarchie, ein wesentlicher Vorrang des Klerus in der Gemeinde oder ein Primat des Bischofs in der Regionalkirche sind durch das synodale Prinzip ausgeschlossen“ (Hermelink, 241). Die Synode ist in den Evangelischen Kirchen also nicht nur ein Beratungsgremium, sondern ein zentraler Bestandteil der Kirchenleitung mit entsprechenden Befugnissen, die vom Haushaltsrecht bis zur Festsetzung der liturgischen Bücher reichen. Theologisch ist dies in dem – jedenfalls mittlerweile allgemein bei der Begründung der Synodalität in Anspruch genommenen – allgemeinen Priestertum aller Getauften begründet.

      Ebenso fügen sich die deutschen Landeskirchen durch ihre Synoden bewusst in die ökumenische Bewegung der Konziliarität ein. Eine besondere, theologisch zentrale Akzentuierung erhalten die Synoden hier dadurch, dass ihnen wesentlich die Verantwortung für das Bekenntnis der Kirche übertragen ist. Darin spiegelt sich die für die deutschen Evangelischen Kirchen grundlegende Erfahrung aus dem Kirchenkampf wider, in dem die sog. Bekenntnissynoden einen Abfall zum Nationalsozialismus und seiner Führer-Ideologie verhinderten. Vor allem die auf der Barmer Bekenntnis-Synode formulierte „Theologische Erklärung zur gegenwärtigen Lage der Deutschen Evangelischen Kirche“ von 1934 (sog. Barmer Theologische Erklärung) spielt hier eine herausragende Rolle, insofern sie in Artikel 3 die Frage der Ordnung als grundlegend – und nicht beliebig – für Kirche erklärte (vgl. Burgsmüller/Weth, 36). Zugleich verstärkten diese Erfahrungen aus der Zeit der Bedrängnis das Anliegen, die „Synoden als gottesdienstliche Versammlungen zu verstehen […], die dem Vollzug des Bekennens dienen“ (Huber, 335).

      Das führt dazu, dass – wie es Hermelink zugespitzt formuliert – „Kirchenvorstand und Synode als Inszenierung des evangelischen Glaubens“ (Hermelink, 249) verstanden werden können. In dieser Sozialform tritt zum einen der Pluralismus zu Tage, der für die evangelischen Kirchen charakteristisch ist. Dazu gehören auch inhaltliche Konflikte – eine Durchsicht durch Synodalprotokolle zeigt dies eindrücklich. Zum anderen wird aber auch das Bemühen deutlich, sich zu einigen. Kurz formuliert stehen die Synoden als Organisationsform für die jedenfalls in den Evangelischen Kirchen unhintergehbare Einsicht: „Kirchlichorganisatorische Einheit gibt es […] nicht anders als in der permanenten Auseinandersetzung“ (Hermelink, 250).

      Jan Hermelink spitzt dies für die Gegenwart noch kirchentheoretisch zu: „Die Bekenntnisbestimmtheit der evangelischen Kirchen […] manifestiert sich derzeit weniger in bestimmten religiösen Inhalten; die evangelischen Großkirchen sind keine Überzeugungsgemeinschaften. Das evangelische Bekenntnis wird vielmehr primär in bestimmten Formen der Selbst-Leitung inszeniert: Die Verfahrensregeln der Presbyterien und Synoden sind nicht nur Ausdruck organisatorischer Vernunft, sondern sie stellen zugleich das religiöse Profil der Kirche, die plurale und dynamische Eigenart des in ihr gelebten evangelischen Glaubens dar“ (Hermelink, 250).

      Synodalität ist also zwar kein historisch durchgängiges Merkmal Evangelischer Kirchen. Gegenwärtig kommen in ihr aber wichtige Grundprinzipien des evangelischen Selbstverständnisses СКАЧАТЬ